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Interview „Keine Schritte zur Seite machen“: Schmid über seine Werder-Zukunft

Im Interview erklärt der Romano Schmid, wie sich seine Mannschaft aus der Krise befreit hat, welche Rolle ein Treffen am Waschbecken dabei spielte – und wie er auf den kommenden Transfersommer blickt.
12.03.2025, 19:43 Uhr
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Von Daniel Cottäus

Herr Schmid, vor dem 2:0-Auswärtssieg in Leverkusen sollen Sie am Samstag eine, sagen wir, beinahe prophetische Begegnung auf der Toilette gehabt haben. Was hat es damit auf sich?

Könnte man so sagen. Kurz bevor es auf den Platz ging, standen Justin (Njinmah, Anm. d. Red.) und ich gemeinsam am Waschbecken. Er meinte: „Heute schießt du mal wieder ein Tor, ich spüre das.“ Ich habe zu ihm gesagt: „Und du auch, wenn du reinkommst.“ Dann haben wir uns abgeklatscht, sind raus – und haben später tatsächlich beide getroffen. Schon kurios, wie so was manchmal kommt.

Angesichts des Erfolgs – muss aus dem Treffen am Waschbecken ein festes Ritual werden?

Geplant ist es jedenfalls nicht. Wenn so etwas mal aufgeht, ist es natürlich schön, aber entscheidend war, dass wir als gesamte Mannschaft eine gute Energie hatten und uns dafür belohnen konnten.

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Werder hatte zuvor fünf Pflichtspiele in Serie verloren. Wo kam der reife Auftritt bei einer Spitzenmannschaft wie Leverkusen so plötzlich her?

Das ist manchmal schwer zu erklären. Wir haben uns zuletzt bei Kleinigkeiten zu viele Vorwürfe gemacht. Fehler gehören im Fußball aber einfach dazu. Uns ist es in der schwierigen Phase nur leider abgegangen, uns gegenseitig diese Fehler zuzugestehen und sie als Mannschaft aufzufangen. Wir haben zu sehr gehadert. Vor dem Leverkusen-Spiel haben wir uns vorgenommen, wieder fehlertoleranter zu sein. Das habe ich im Kreis auf dem Platz nochmal angesprochen, denn es geht nur gemeinsam.

Nach dem Spiel in Leverkusen haben Sie das Pokal-Aus in Bielefeld einen „Knallpunkt“ genannt. Musste es erst knallen, damit die Wende gelingt?

Ja, das würde ich schon sagen. Ich war in Bielefeld nicht dabei, weil ich krank war. Aber klar ist doch, dass in einer ohnehin schon schwachen Phase das Aus gegen einen Drittligisten – bei allem Respekt vor dem Gegner – so richtig wehtut. Den Fans, aber auch uns Spielern. Wir haben doch irgendwann alle mit dem Fußball angefangen, weil wir von Titeln und Pokalfinals geträumt haben. Der Knallpunkt war dann, dass wir uns gesagt haben: So kann es nicht weitergehen! Wir haben uns als Gruppe hinterfragt, und jeder Einzelne hat sich damit beschäftigt, was er selbst besser machen muss. Gegen Wolfsburg war unser Fußball danach schon wieder deutlich besser, auch wenn es am Ende nicht gereicht hat. Im Rückblick wünsche ich mir, dass wir den Knallpunkt schon nach dem 0:5 in Freiburg gehabt hätten. Aber so ist es eben manchmal.

Sie stehen seit 2019 bei Werder unter Vertrag und sind ein Leistungsträger des Teams. Welche Rolle nehmen Sie intern bei Knallpunkten ein?

Ich versuche, es eher auf dem Platz zu regeln. Was die Wortführer-Rolle angeht, gibt es bei uns nach wie vor andere Spieler, die das in die Hand nehmen. Wenn es in dem Moment zu meinen Emotionen passt, sage ich auch mal was, so wie jetzt in Leverkusen. Im Endeffekt schaue ich aber, dass ich im Training und in den Spielen möglichst nahe an die 100 Prozent komme, weil ich der Mannschaft damit mehr helfen kann.

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Sie sind nach Michael Zetterer, Milos Veljkovic und Marco Friedl inzwischen der Spieler, der am längsten im Verein ist, fast schon ein Urgestein. Bedeutet Ihnen das etwas?

Ja, sehr viel. Bremen ist schon längst meine zweite Heimat geworden. Jetzt schon fast sechseinhalb Jahre lang bei so einem großen Club unter Vertrag zu stehen, ist etwas ganz Besonderes. Ich möchte den Verein dahin bringen, wo er in meinen Augen hingehört.

Wo ist das?

Ich verstehe schon, jetzt muss ich aufpassen, dass ich keine Überschrift liefere. Nein, im Ernst: Ich möchte, dass wir besser abschneiden als im Vorjahr (Werder beendete die Saison 2023/24 als Neunter, Anm. d. Red.), weil es zeigen würde, dass wir uns weiterentwickelt haben. Noch fehlen uns dafür ein paar Punkte, aber ich bin überzeugt davon, dass wir es hinbekommen können. Ich möchte vorankommen, damit ich dazu beitragen kann, dass wir das beste Werder sind, das wir sein können. Im letzten Jahr hatten wir in der Rückrunde zwischen Februar und April sieben sieglose Spiele in Serie, und am Ende haben uns trotzdem nur zwei Tore vom internationalen Geschäft getrennt. Die Saison ist also noch lange nicht vorbei.

Mit einem Marktwert von 15 Millionen Euro sind sie der wertvollste Spieler im Kader, was Sie mit Blick auf den Sommer automatisch zu einem Verkaufskandidaten macht. Zumal Sportchef Clemens Fritz gerade erst erklärt hat, dass Werder Transfererlöse erzielen muss. Steht Ihr Abschied bevor?

Damit möchte ich mich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht auseinandersetzen. Ich fühle mich wohl bei Werder und bin gerne in Bremen. Um sich mit dem zu beschäftigen, was vielleicht im Sommer passieren könnte, war zuletzt auch viel zu viel los. Da lag der Fokus auf der sportlichen Situation, und daran wird sich bis zum Saisonende auch nichts ändern. Ich verstehe natürlich, dass spekuliert wird, aber ich kann dazu nichts beitragen.

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Sie haben vor einigen Monaten Ihre Berateragentur verlassen und werden seitdem von Raphael Honigstein betreut, der vor allem als Journalist und Autor der Jürgen-Klopp-Biografie bekannt ist. Wie haben Sie zueinander gefunden?

Ich wollte eine Veränderung, keine große Agentur mehr. Auf der Suche nach einem neuen Modell, das zu mir passt, habe ich mich unter anderem bei unserem Teamchef (Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick, der ebenfalls von Honigstein betreut wird, Anm. d. Red.) schlau gemacht. So ist der Kontakt zu Raphael entstanden. Wir haben schnell super Ebene gefunden. Ich bin sehr zufrieden mit der Lösung.

Honigstein lebt in England und gilt als renommierter Premier-League-Experte – ist der Schluss zulässig, dass er für Sie den Markt auf der Insel sondiert?

Ja, klar. Mein Schreibtisch ist schon voll mit Angeboten. Nein, Spaß beiseite: Damit hat der Wechsel zu Raphael überhaupt nichts zu tun gehabt. Um solche Themen ging es gar nicht.

Unabhängig von der Vereinszugehörigkeit: Sie sind inzwischen etablierter Bundesligaprofi, auch etablierter Nationalspieler – was wollen Sie in Ihrer Karriere noch erreichen? Gibt es ein Fernziel?

Nein, in dem Sinne nicht. Für mich ist nur klar, dass ich keine Schritte zur Seite, sondern nach vorne machen möchte. Ich möchte der bestmögliche Romano sein, der ich sein kann, immer! Und wenn das weiterhin bei Werder möglich ist, dann bin ich auch happy.

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