Bloß weg – So schnell wie selten zuvor verließen die Profis des SV Werder Bremen am Samstagnachmittag den Rasen des Weserstadions – ohne den obligatorischen Dank an die Fans, die das Team bis zur letzten Sekunde beim 2:2 (1:1) gegen Borussia Mönchengladbach angefeuert hatten. Zu groß war offenbar der Frust nach dem späten Ausgleich der Gäste durch einen umstrittenen Strafstoß. Mit einem Sieg im 1000. Bundesliga-Heimspiel der Vereinsgeschichte hätte Werder noch mehr von Europa träumen dürfen. Da war der nun festgezurrte Klassenerhalt nur ein schwacher Trost, was Ole Werner allerdings so nicht stehen lassen wollte. Der Trainer setzte an seinem 36. Geburtstag zum großen Dankeschön an – inklusive einer Einordnung der aus seiner Sicht besonderen Situation bei Werder.
„Mit der Leistung bin ich zufrieden, mit dem Ergebnis aufgrund des Spielverlaufs nicht“, meinte Werner nach der Partie. Natürlich ärgerte auch er sich über das späte Gegentor und noch mehr über den Einsatz des Video-Assistenten. Doch er betonte zugleich: „Man sollte nicht vergessen, dass wir mit dem Punkt den Klassenerhalt und damit unser Saisonziel zwei Spieltage vor Saisonende auch rechnerisch erreicht haben. Das ist eine gute Leistung aller Mitarbeiter, der Spieler und des ganzen Staffs. Viele Mannschaften würden gerne mit uns tauschen, viele Vereine haben es nicht geschafft, sich zwei Saisons in Folge aus dem ganz dicken Abstiegskampf herauszuhalten.“
Der Coach ließ offen, ob ihm das in Bremen von der Öffentlichkeit zu wenig wertgeschätzt wird. Es sei eben nachvollziehbar, dass Erfolge nicht so ausgiebig gefeiert würden, wenn sie nicht so spektakulär daherkommen. Eine spätere Rettung wäre wahrscheinlich ausgiebiger bejubelt worden.
Doch statt Erleichterung gab es diesmal Enttäuschung. Schließlich hatte Nick Woltemade die Weichen mit seinem Doppelpack (45. und 65.) nach dem frühen Rückstand durch Robin Hack (8.) auf Sieg und damit auch auf Europa gestellt. Mit Blick auf die Ergebnisse in den anderen Partien hätte Werder der große Gewinner im Kampf um die internationalen Plätze werden können, da tat der späte Ausgleich gegen wahrlich nicht gute und vom Abstiegskampf verängstigte Gladbacher richtig weh.
„Heute hätten wir einen Riesenschritt machen können. Klar haben wir das Saisonziel erreicht, aber da brauchen wir uns nicht in die Tasche zu lügen: Wir wollten unbedingt dieses Spiel gewinnen“, gestand Kapitän Marco Friedl. Seine Kollegen hatten diesen unbedingten Euro-Willen erst noch vermissen lassen, zeigten dann aber eine gute Leistung. Deshalb blickt Woltemade optimistisch auf die beiden letzten Partien in Leipzig und daheim gegen Bochum. „Wir haben gezeigt, dass wir jeden schlagen können. Wenn wir weiter als Mannschaft auftreten, weiter zusammenbleiben, weiter die positive Art auf den Platz bringen, kann da auf jeden Fall noch viel gehen.“
Europa ist weiterhin nur drei, vielleicht auch nur zwei Punkte entfernt. Doch Werner will partout nicht rechnen. „Ich glaube, in den letzten 13 Jahren wurde wahrscheinlich an wenig Standorten so viel über Europa geredet, an denen nicht in Europa angepfiffen wurde. Deshalb konzentrieren wir uns auf unsere Arbeit und werden in den letzten beiden Spielen alles raushauen“, versprach der Coach und meinte zur Diskussion, Europa würde möglicherweise zu früh für Werder kommen, nur ganz nüchtern: „Ich glaube, das gab es noch nie, dass eine gute Platzierung schlecht für einen Verein ist.“
So sieht es auch Clemens Fritz. Werders Leiter Profifußball hätte nichts dagegen, wenn dieser Schritt schon im Sommer erfolgt. Und er konnte gut verstehen, dass die Spieler nach der Partie mal nicht zu den Fans gegangen sind. „Alle waren extrem enttäuscht und sind wahrscheinlich deshalb schnell in die Kabine. Dort konnte man die Enttäuschung deutlich spüren“, berichtete der Ex-Profi und lobte: „Ole und die Mannschaft haben einen Riesenjob gemacht – gerade in den letzten Wochen. Das war sehr stabil. Großes Kompliment an alle. Wir haben unser Hauptziel frühzeitig erreicht, jetzt wollen wir noch so viele Punkte wie möglich holen.“