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Werder-Kolumne Was Bremen besser hinbekommt als Bayern

In einer Saison voller Trainerwechsel hat Werder Konstanz bewiesen. Wie der unaufgeregte Ole Werner trotz des Verkaufs von Füllkrug den Klassenerhalt erreichte, war so nicht zu erwarten, meint Jean-Julien Beer.
06.05.2024, 18:00 Uhr
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Was Bremen besser hinbekommt als Bayern
Von Jean-Julien Beer

Mittlerweile kann es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis jemand Ole Werner als Trainerkandidat beim FC Bayern ins Gespräch bringt. Viele haben schon abgesagt oder sich vergeblich um den vermeintlichen Traumjob beworben, zuletzt sogar Felix Magath, auch ein Mann mit – wenn auch sehr kurzer – Werder-Erfahrung. Die BILD-Zeitung veröffentlichte eine Kandidatenliste mit 23 Namen für Bayerns Trainerstuhl. Auf dieser Liste fehlte Ole Werner noch, dafür stand Florian Kohfeldt drauf, einer seiner Vorgänger in Bremen.

Der Fußball ist ein wenig durcheinander geraten in diesen Tagen, deshalb muss man inzwischen mit allem rechnen. Das fing schon damit an, dass Leverkusen Meister wurde. Dann steht der langjährige Zweitligastürmer Niclas Füllkrug trotz seiner langjährigen Knieprobleme plötzlich im Halbfinale der Champions League und trifft dort gegen Weltstars wie Kylian Mbappé. Da staunte sogar der italienische Weltmeister Alessandro Del Piero. Über Füllkrug sagte der frühere Zauberfuß: „Dieser Typ spielt auf einem anderen Level. Er kann den Ball verteidigen, kämpfen und den Ball halten. Und er ist eine echte Gefahr im Strafraum.“

Einerseits freut es viele Werder-Fans, welche Karriere Füllkrug nun auf höchstem Niveau macht. Es fühlt sich an, als wäre es einer von ihnen. Schließlich ist er als Internatsschüler im Weserstadion aufgewachsen und wollte auch nicht weg, doch Werder wollte und musste ihn verkaufen. Und jetzt sieht man – oder hört es von internationalen Experten – welche außergewöhnliche Qualität und Mentalität der SV Werder durch Füllkrugs Verkauf verloren hat. Der Abstieg wäre nach seinem Weggang wohl wahrscheinlicher gewesen als der Klassenerhalt. Aber in diesen verrückten Zeiten hat Werder solche Wahrscheinlichkeiten ignoriert und sich für mindestens ein weiteres Jahr die Bundesliga gesichert.

Die Bayern zögerten bei Füllkrug

Wenn Dortmund das Finale der Champions League erreicht, könnte Füllkrug dort auf einen Verein treffen, der seit Monaten nicht mal einen Trainer für seine Mannschaft findet: Bayern München. Auch dort reibt man sich etwas verschämt die Augen. Die Bayern-Bosse hatten ebenfalls überlegt, Werder ein Angebot für Füllkrug zu unterbreiten. Doch dann fanden sie ihn nicht gut genug für ihre Ansprüche.

Auch diese Saison haben die Bremer etwas, was die Bayern reizt – weil sie es nur noch aus Erzählungen kennen: Konstanz auf dem Trainerposten. Nächste Saison wird Ole Werner in seinem Job als Werder-Trainer bereits dem dritten Bayern-Kollegen die Hand schütteln. Als er in Bremen begann, war in München noch Julian Nagelsmann im Amt. Dann folgte Thomas Tuchel. Und demnächst Mr. X.

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Die Mannschaften, die hinter Werder in der Tabelle stehen, wechselten in dieser Saison insgesamt sechsmal den Trainer. Manchmal mit Erfolg, manchmal nicht. Die Bremer hingegen beenden wieder eine Saison ohne Trainerwechsel. Diese Konstanz auf der Trainerposition machte Ole Werner schon während der Saison zu einem der dienstältesten Trainer der Liga. Kommende Saison steht nur noch ein Kollege vor ihm, Heidenheims Frank Schmidt. Dabei ist Werner erst 36 Jahre, er zählt weiterhin zu den jüngsten Trainern in Europa. Und ganz sicher auch zu den unaufgeregtesten: In Zeiten, wo eine ganze Generation junger Trainer mit Baseball-Mütze hektisch versucht, so emotional und wild wie Jürgen Klopp zu wirken, da setzt sich Werner zwar auch gerne so eine Mütze auf, macht aber den Schaaf.

Werder hat das gesucht, was Werner verkörpert

Als man ihm Füllkrug kurz vor Transferschluss aus der Kabine zog und nach Dortmund verkaufte, galt Werner als einer der Favoriten für einen frühen Rauswurf. Zu krass und viel zu spät schienen die personellen Wechsel nach dem knapp erreichten Klassenerhalt im Sommer 2023, als dass ein junger Trainer das wirklich hinbekommen könnte. Am Ende hat Werner das auf seine Art gelöst: Er machte nicht alles richtig, aber auch nicht alles mit – er hielt sich aber im Sattel und erreichte das wichtigste Ziel, den Klassenerhalt. Wie eng es für ihn beinahe geworden wäre, hätte er die Niederlagenserie in der Rückrunde nicht beendet, ist nun nicht mehr relevant.

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Den Druck konnte man Werner nicht ansehen, vielleicht fremdeln deshalb viele Fans mit ihm: Sein Gesicht verrät nie, ob Werder 3:0 führt oder 0:5 zurückliegt, und sicher wird mancher Wetterbericht im Fernsehen heutzutage emotionaler präsentiert, als wenn Werner über seine Mannschaft spricht. Aber man darf nicht vergessen: Genau das hat Werder gesucht, gewollt und gebraucht. Nach dem Dampfplauderer und Täuscher Markus Anfang hat Werner die Lage beruhigt. Nur wenige Vereine können behaupten, dass ihr Plan mit dem Trainer dermaßen aufgegangen ist.

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