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Werder-Kolumne Für einen Millionen-Transfer müssen Talente geformt werden

Bei der Talentförderung steckt Werder in der Klemme – und das könnte sich noch verschärfen. Wenn der Verein endlich Millionen durch Verkäufe einnehmen will, müsste sich etwas verändern, meint Jean-Julien Beer.
03.09.2024, 05:00 Uhr
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Für einen Millionen-Transfer müssen Talente geformt werden
Von Jean-Julien Beer

Wirklich zufrieden kann bei Werder keiner sein mit der Transferperiode in diesem Sommer. Aus guten Gründen. Viele Fans und auch der Trainer hatten sich eine echte Verstärkung des Kaders gewünscht, doch dafür fehlte Werder auch im dritten Sommer nach dem Wiederaufstieg das nötige Geld. Das Management um Clemens Fritz und Peter Niemeyer wäre hingegen froh gewesen, wenn man einen Spieler für viele Millionen hätte verkaufen können. Dieses Geld hätte Werder wieder ausgeben und das Gesicht der Mannschaft verändern können.

Doch für keinen Spieler gab es konkret ein solches Angebot, was der Werder-Führung übrigens zu denken geben sollte. Schon bei Niclas Füllkrugs Verkauf nach Dortmund wirkte es so, als würde man das letzte Tafelsilber zu Geld machen. Seither hat sich kein Feldspieler so entwickelt, dass andere Vereine gierig werden. Auch wenn das bei Werder keiner gerne hört: Entweder fehlt es bei den vorhandenen Spielern an der Entwicklung oder am individuellen Können, vielleicht am grundsätzlichen Potenzial – sonst würden andere Vereine ja zuschlagen und in einer Mannschaft räubern, die mit dem neunten Platz zuletzt überraschend gut abgeschnitten hatte.

Manche spielen keine Sekunde

Es waren deshalb schwierige und kontroverse Debatten, die bei Werder in den vergangenen Wochen intern geführt wurden. Einerseits ist man froh, weiterhin EM-Spieler wie Romano Schmid und Milos Veljkovic oder einen Allrounder wie Jens Stage im Kader zu haben. Marvin Ducksch sowieso. Andererseits „sind wir ein Verein, der auf Transfererlöse angewiesen ist“, so sagt es Clemens Fritz.

Solche Einnahmen, gerne in größerer Millionenhöhe, lassen sich nun frühestens auf dem Wintertransfermarkt, eher aber kommenden Sommer erzielen – wenn, ja wenn der Verkäufer Werder Bremen dann die passende Ware im Körbchen hat. Auch darüber wurde in der Vereinsführung gesprochen. Denn zu den Profis mit der größten Aussicht auf eine Wertsteigerung gehören die Talente, die in den vergangenen eineinhalb Jahren verpflichtet wurden – und für die Werder zum Teil bereits Millionen ausgab, in der Hoffnung auf ein gutes Geschäft. Dazu zählen Abwehrspieler Julian Malatini (23 Jahre) und Mittelfeldmann Skelly Alvero (22). Malatini spielte in dieser Saison bisher keine Sekunde, Alvero nur eine Minute. Ein Stammplatz ist für beide offenbar nicht vorgesehen. Auch Isak Hansen-Aaroen (20), einst bei Manchester United, spielte wieder nicht mit.

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Stürmer Keke Topp machte im DFB-Pokal mit drei Toren auf sich aufmerksam, in der Bundesliga wirkte er 53 Minuten mit und bestätigte dabei, dass er den Sprung in die schnellere und härtere Bundesliga erst bewältigen muss. Das wird, bei allem Potenzial, noch dauern.

Der größte Hoffnungsträger für eine sorgenfreie Saison und eine lukrative Millionen-Offerte scheint Justin Njinmah zu sein. Wobei es dann auch höchste Zeit wäre, denn der flinke Angreifer wird im Laufe der Hinrunde 24 Jahre alt, als Potenzialspieler geht er bald nicht mehr durch.

Jüngere Spieler zu fördern und zu entwickeln, ist Werders große – und eigentlich einzige – Chance, um sportlich und wirtschaftlich einen Sprung zu machen. Das Problem ist im harten Bundesliga-Alltag der enorme Druck. Angesichts der zwei Punkte aus zwei Spielen und des schwierigen Programms der kommenden Wochen könnte Werder früh in der unteren Tabellenregion stecken bleiben. Kein Trainer der Welt würde dann junge Spieler fördern. Mit erfahrenen Haudegen ist die Aussicht auf Punkte oft größer, was am Ende immer den Job eines Trainers retten kann. Und wichtig ist ja sowieso, dass der Verein nicht absteigt.

Stammplätze scheinen zementiert

Ein Selbstläufer wird die Talentförderung also nicht. Jeder Sieg würde es erleichtern, jungen Profis mehr Spielzeit zu geben. Bei Werder kommt verschärfend hinzu: Die Stammplätze sind scheinbar zementiert – und frühe Auswechslungen, die ein Spiel verändern oder jungen Spielern mehr Zeit geben könnten, die kommen wenig bis gar nicht vor. Auch das dürfte noch ein Thema werden, dem sich Trainer Ole Werner stellen muss. Schon gegen Dortmund hätten sich Spieler andere Einwechslungen gewünscht, viele Fans tun es sowieso. Und es ist nicht davon auszugehen, dass die Vereinsführung den Schampus öffnet, wenn ein hoch veranlagter Akteur wie Skelly Alvero mickrige 60 Sekunden auf dem Rasen mitwirken darf.

Misslingt die Talententwicklung, bleibt Plan B: Dann müssten sich etablierte Kräfte wie Jens Stage, Senne Lynen, Marco Friedl, Marvin Ducksch, Michael Zetterer oder Romano Schmid für andere Vereine interessant machen. Der Gewinn in der Kasse dürfte dann aber kleiner ausfallen als bei einem raketenhaften Durchstarten eines Njinmah, Topp, Malatini oder Alvero.

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