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Werder-Kolumne Füllkrug macht Werder stolz - aber es droht ein Problem

Jeder Bremer Fan würde Niclas Füllkrug Tore bei der WM wünschen. Der Stürmer steht wie kaum ein anderer derzeit für Werders Jugendförderung. Aber andere Klubs schauen jetzt auch hin, meint Jean-Julien Beer...
21.11.2022, 17:05 Uhr
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Füllkrug macht Werder stolz - aber es droht ein Problem
Von Jean-Julien Beer

Einige beim SV Werder sitzen am Mittwoch mit dem Deutschland-Trikot von Niclas Füllkrug vor dem Fernseher, wenn es gegen Japan um die ersten Punkte geht – darunter auch der Aufsichtsrats-Chef Marco Fuchs, der das deutsche Trikot mit der Nummer 9 am Wochenende bei der Mitgliederversammlung von Geschäftsführer Klaus Filbry geschenkt bekam. Der Stolz auf Füllkrugs Nationalelf-Debüt ist bei Werder in jeder Ecke zu spüren, weil damit ein Junge aus dem eigenen Bremer Nachwuchs weit oben auf der Weltbühne angekommen ist.

Es gibt derzeit kaum eine Abstimmung in Deutschland, in der Füllkrug nicht von den Fans in die Startelf für den deutschen WM-Auftakt gegen Japan gewählt wird. Selbst wenn sich Bundestrainer Hansi Flick für eine andere Anfangsformation entscheidet: Nach seiner starken Leistung gegen den Oman, als ihm der erlösende Siegtreffer zum 1:0 glückte, darf Füllkrug fest mit Einsatzzeiten bei dieser Weltmeisterschaft rechnen.

Die WM-Bühne gleicht einem Basar

Genau das könnte für Werder noch ungeahnte Folgen haben, gute wie schlechte. Wenn Füllkrug seinen Lauf in Katar nämlich fortsetzt und ins Tor trifft, würde er für eine Vielzahl größerer und reicherer Vereine interessant. Das passiert gerade bei Weltmeisterschaften sehr schnell, weil die WM-Bühne wie ein Basar zu verstehen ist, auf dem sich vor allem spanische, englische und italienische Vereine gerne mit auffälligen Neuzugängen versorgen.

Ein legendäres Beispiel für diese Logik ist der Werdegang von David Odonkor: Dem pfeilschnellen Angreifer genügte bei der WM 2006 in Deutschland ein einziges gutes Spiel (ohne ein Tor), um nach dem Turnier einen millionenschweren Fünfjahresvertrag bei Betis Sevilla unterschreiben zu dürfen. Sein Klub Borussia Dortmund nahm die Ablöse von fast sieben Millionen Euro gerne an.

Ein kopfballstarker und technisch versierter Mittelstürmer wie Füllkrug ist eh schon eine Rarität, dazu noch ein Deutscher, der auch in der Bundesliga schon zehn Saisontore erzielt hat – wenn ein Verein nach der WM eine zweistellige Millionenablöse bieten würde, dann könnte der wirtschaftlich schwer unter Druck geratene SV Werder das gar nicht ablehnen. Trainer Ole Werner stünde dann plötzlich ohne seinen wichtigsten Spieler da und müsste sehr kreative Lösungen finden, um die Mannschaft ohne die vielen Füllkrug-Tore zum Klassenerhalt zu führen.

Das ist viel Konjunktiv und viel Theorie, könnte man jetzt einwenden – aber das sagte man vor wenigen Wochen auch, als es um die Frage ging, ob Füllkrug vielleicht mit zur WM fährt. Jetzt kann alles binnen weniger Wochen sehr schnell gehen.

Bei Werder gönnen sie ihrem Torjäger natürlich jeden WM-Treffer, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Füllkrugs Entwicklung bis zum Mittelstürmer im deutschen Nationalteam ist für Werder nämlich ein gutes Beispiel, wie sich junge Spieler im Verein entwickeln können. Füllkrug war schon als Jugendlicher im Klub, er kam mit 13 Jahren aus Hannover. Er lebte im Werder-Internat in der Ostkurve des Weserstadions, er wuchs also in Bremen auf. „Wenn so einer es dann bis zum deutschen Nationalspieler schafft, ist es umso schöner“, freut sich Sportchef Frank Baumann.

Niclas Füllkrug ist nach Durststrecke stärker zurückgekommen

Füllkrug ist auch ein starkes Beispiel dafür, wie man sich gegen immer neue Widerstände behaupten kann und stärker zurückkommt. Erst seine vielen schweren Knieverletzungen. Dann der Zoff zu Beginn der Zweitligasaison, als Füllkrug das Tor nicht traf, seinen Platz verlor, sogar mal suspendiert wurde und man im Winter eigentlich getrennte Wege gehen wollte. Er hat das alles durch Leistung vergessen gemacht.

Dabei half ihm auch die offensive Spielweise unter Trainer Ole Werner, der immer mit zwei Spitzen und voller Power nach vorne spielen lässt. Das macht es für einen Mittelstürmer leichter, im Spiel viele Torchancen zu bekommen. Es zeugt von Füllkrugs Charakter, dass er sich deshalb nach seiner WM-Nominierung zuerst bei der Mannschaft und beim Verein bedankte. Das kam intern bei Werder sehr gut an.

Füllkruges verdiente WM-Teilnahme und die Aussicht auf einige Spielanteile in Katar machen es vielen Werder-Fans deutlich schwerer, die Spiele nicht anzuschauen. Nach schwierigen Jahren schreibt da einer gerade ein schönes Stück grün-weiße Fußballgeschichte. Und eines ist sicher: Bei jeder guten Aktion und bei jedem Tor werden die Spanier, Engländer und Italiener auch hinschauen. Die Topklubs der Bundesliga sowieso. Wer hätte das vor einem Jahr gedacht?

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