Dass Justin Njinmah ein überdurchschnittlich schneller Fußballspieler ist, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Mit bis zu 35,53 km/h war der 23-Jährige in der vergangenen Saison in der Bundesliga unterwegs – zur Veranschaulichung: Die Geschwindigkeitsmesser, die hier und da in Tempo-30-Zonen stehen und die Autofahrer je nach Fahrstil mit freundlichem oder weniger freundlichem Smiley bedenken, bringt der Mann locker zum Auslösen. Echte Njinmah-Fans wissen zudem, dass er in noch einem Punkt ziemlich schnell ist – nämlich beim Bedienen seines Instagram-Accounts.
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Nach den Spielen des SV Werder Bremen postet der Stürmer dort Fotos und kurze Kommentare, meist zeitnah nach dem Abpfiff. So auch im Anschluss an das 2:2 zum Liga-Auftakt beim FC Augsburg, als Njinmah schrieb: „We take that point! +1“ Das brachte einerseits zwar eine gewisse Zufriedenheit zum Ausdruck, wirkte andererseits aber ziemlich nüchtern. Schließlich hatte sich Njinmah während des Spiels schlagartig zurückgemeldet – und zwar schneller, als es selbst ihm als Tempo-Fußballer zugetraut worden war.
Kurze Rückblende: Gegen Ende der vergangenen Saison bremsten den Bremer Shootingstar ab Mitte März zunächst eine Hüft-, dann eine Sprunggelenksverletzung sowie schließlich ein hartnäckiger Infekt aus. An den letzten acht Spieltagen stand er deshalb nicht mehr zur Verfügung, zu seinen sechs Saisontoren und zwei Vorlagen kamen in Njinmahs gutem ersten Bundesligajahr demnach keine weiteren Scorerpunkte mehr hinzu. Und schlimmer noch: Während der Vorbereitung auf die nun gestartete Saison machten sich die Nachwehen des Infekts noch bemerkbar.
„Das hat ihn am Ende der vergangenen Saison schon sehr zurückgeworfen“, sagte Werders Leiter Profifußball Peter Niemeyer Anfang August gegenüber der DeichStube – und erklärte: „Die frische Art, die sein Spiel auszeichnet, ist noch nicht wieder voll da. Daran arbeiten wir mit ihm gemeinsam, Schritt für Schritt.“ Während der Testspiele des Sommers und auch in der ersten Runde des DFB-Pokals in Cottbus hatte sich gezeigt, dass diese Schritte zunächst womöglich eher klein ausfallen. Anders formuliert: Argumente für sich sammeln konnte der Angreifer mit seinen Auftritten nicht. Das holte er dann umso mehr am ersten Spieltag in Augsburg nach.
Wie schon im Pokal wurde Njinmah eingewechselt, dieses Mal nicht erst nach 60 Minuten, sondern bereits nach der ersten Halbzeit, beim Spielstand von 1:2 aus Bremer Sicht. Und anders als in Cottbus war er sofort da – und lieferte ab, worauf Cheftrainer Ole Werner gehofft hatte. In der 55. Minute besorgte der Stürmer per Kopf den Ausgleich, der gleichzeitig auch der Endstand war. Beim Jubeln legte Njinmah den Zeigefinger auf die Lippen, was ein Gruß an die möglichen Zweifler gewesen sein könnte: Seht her, da bin ich wieder! Danach deutete er demonstrativ auf die Werder-Raute auf seiner Brust. So sieht fraglos kein Spieler aus, dem die lange Ausfallzeit zugesetzt hat, was Cheftrainer Ole Werner nach der Partie am Samstagnachmittag bestätigte.
Rückstand der Vorbereitung nahezu aufgeholt
„Ich habe ihn in den letzten Wochen nicht niedergeschlagen erlebt, weil er selbst immer gut einordnen konnte, auf welchem Stand er ist“, sagte der 36-Jährige. Er betonte allerdings auch: „Justin wird jetzt nicht in 45 Minuten eine ganze Woche aufgeholt haben, das geht nicht.“ Muss es auch gar nicht. Denn grundsätzlich ist der Rückstand gegenüber den Kollegen, mit dem Njinmah in die Saisonvorbereitung gestartet ist, nahezu aufgeholt. „Natürlich ist es so, dass ihm die Spielzeit – erst die halbe Stunde im Pokal und jetzt die Halbzeit in Augsburg – hilft, insbesondere durch das Erfolgserlebnis“, hielt Werner fest. Und weiter: „Ich gehe davon aus, dass er in der nächsten Trainingswoche aufgeholt haben wird.“ Was fraglos gute Nachrichten für Werder Bremen sind. Einen vergleichbaren Spieler gibt der Kader schließlich nicht her, in Sachen Explosivität und eben Tempo kann am Osterdeich niemand Justin Njinmah das Wasser reichen. Umso spannender wird es sein, zu verfolgen, wie sich der Stürmer in seinem zweiten Bundesligajahr schlägt, wenn sich die Verteidiger auf seine Spielweise eingestellt haben.
Eine erste kleine Antwort hat er darauf in Augsburg bereits gegeben, indem er ein für seine Verhältnisse ungewöhnliches Tor erzielte. Mit Schnelligkeit hatte es nämlich gar nichts zu tun, dafür mit gutem Stellungs- und Kopfballspiel. Was neu ist. Von seinen nunmehr sieben Treffern in der Bundesliga war das 2:2 der erste, den Njinmah mit dem Kopf erzielte. Ganz sicher nicht die schlechteste Art, um sich nach einer schwierigen Phase zurückzumelden.