Die ersten zaghaften Ansätze waren unter der Woche bereits zu sehen. Und sie zeugen davon, dass sich beim SV Werder Bremen in den kommenden Wochen einiges tun wird. Trainer Ole Werner hat angekündigt, am bewährten 3-5-2-System zu schrauben und seine Mannschaft für einen Dreiersturm zu präparieren. Ganz unabhängig davon, dass Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch in den beiden vergangenen Saisons bestens im bisherigen taktischen Format harmoniert und die Konkurrenz vor etliche Probleme gestellt haben.
Doch der Wunsch nach mehr Variabilität ist nicht nur nachvollziehbar, sondern kommt intern auch gut an. „Wir haben es in der vergangenen Saison hintenraus schon manchmal gespielt, wenn wir noch ein Tor gebraucht haben. Deshalb glaube ich, dass wir das auch jetzt spielen können“, sagt Ducksch. „Wir haben Spieler dazubekommen, die auf den anderen Positionen spielen können und so haben wir mehr Flexibilität im Kader, wodurch noch einmal andere Systeme spielbar sind, die wir im letzten Jahr vielleicht nicht hatten.“
Dinkci, Burke und Philipp konnten bei Werder nicht überzeugen
Namentlich sind es Dawid Kownacki, Justin Njinmah und auch Nick Woltemade, die Werners Fantasie beflügeln, dass offensiv noch mehr möglich ist als in der Vergangenheit. Da probierten sich Eren Dinkci, Oliver Burke oder Maximilian Philipp aus, waren unter dem Strich aber allenfalls in Ansätzen wirkungsvoll.
Deshalb wurde Dinkci verliehen, Philipp ging zurück nach Wolfsburg – und Oliver Burke kam zwar wieder nach Bremen, ein baldiger Abschied ist dennoch wahrscheinlich. Er lässt sich im Training zwar keinesfalls hängen und sein Talent immer wieder aufblitzen, wirkt mitunter aber auch zu lässig in seinen Aktionen und muss sich verbal häufig von seinen Mitspielern zum Anlaufen antreiben lassen.
Vor exakt einem Jahr wurden dem Schotten derartige Nachlässigkeiten noch verziehen, schließlich war er „der Neue“ im Kader. Zwölf Monate später gehört dieser Status Akteuren wie Dawid Kownacki und Justin Njinmah, die nun zeigen können, dass sie ihre Sache besser machen. „Dawid ist ein sehr vielseitiger Stürmer, der gern mitspielt, aber trotzdem auch ein gutes Tempo hat – ohne dass er jetzt ein Sprinter ist“, charakterisiert Ole Werner den Polen. „Er hat letztes Jahr in Düsseldorf auf vielseitige Art und Weise Torgefahr erzeugt und das erhoffen wir uns von ihm natürlich auch.“ Kownacki genießt dabei den Ruf eines sogenannten Komplettpakets. „Er kann sowohl aus dem Abschluss per Fuß als auch per Kopfball gefährlich werden“, sagt Werner, der zudem am Angreifer das Gespür für die freien Räume schätzt. „Er hat jetzt die ganze Vorbereitung Zeit, auf sich aufmerksam zu machen.“
Ähnlich sieht es bei Justin Njinmah aus, der allerdings nach seiner Leihe klar die Rolle des herausfordernden Talentes innehat. In der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund hat er seine Qualitäten insbesondere in der vergangenen Rückrunde demonstriert, der Schritt von der 3. Liga in Deutschlands Beletage erfordert trotzdem noch einmal sehr viel Arbeit und Durchsetzungsvermögen.
Werner traut Njinmah Bundesliga-Durchbruch zu
Das große Plus des 22-Jährigen ist dessen Tempo, das gerade in der Schlussphase einer Partie sehr wertvoll gegen müde werdende Gegenspieler sein kann. „Der Wechsel zum BVB war eine gute Option für ihn – und unter dem Strich auch für uns als Verein. Er konnte sich und sein Spiel weiterentwickeln“, sagt Ole Werner über den gebürtigen Hamburger. „Seine offensichtlichen Stärken sind die Geschwindigkeit im Eins-gegen-eins und die unglaubliche Explosivität. Aber er hat jetzt auch eine größere Klarheit und Zielstrebigkeit in seinem Spiel, was sich durch eine höhere Effizienz gezeigt hat.“
Diese soll er nun auch bei Werder demonstrieren. „Er ist jetzt anderthalb Jahre weiter und deshalb gehen wir davon aus, dass seine Fähigkeiten – wenn man sie richtig einsetzt – grundsätzlich auch in der Bundesliga funktionieren können. Trotzdem ist er ein junger Spieler, der natürlich noch seine Entwicklungsschritte zu gehen hat.“
Bleibt noch Nick Woltemade, der bei seiner Leihe zur SV Elversberg mit 17 Toren und zehn Vorlagen überzeugte. Der 21-Jährige war dabei mitunter auch schon in einem 4-3-3-System unterwegs, zumeist als Mittelstürmer oder auch hängende Spitze. In Werders bisherigen Trainingseinheiten deutete er bereits an, dass er das Spiel aus dem Zentrum heraus einerseits schnell machen und andererseits durch ein zügiges Aufrücken in den Dunstkreis von Marvin Ducksch für einen flinken Wechsel vom Zweier- zum Dreiersturm sorgen kann.
„Jede Mannschaft braucht einen gesunden Konkurrenzkampf und den haben wir jetzt auf allen Positionen“, urteilt Ducksch. „Wir sind jetzt noch flexibler aufgestellt und können daher in der Vorbereitung gut mal ein anderes System ausprobieren. Die Jungs machen einen guten Eindruck.“
Auf einen nervenden Vorwurf haben sie an der Weser nämlich keine Lust mehr: den der Berechenbarkeit. Vor allem während der Rückrunde bekam Ole Werner allzu häufig zu hören, dass gegnerische Mannschaften kaum noch überrascht würden. Der Verweis, dass auch er selbst von der Konkurrenz kaum einmal überrascht werde, ging in der ganzen Diskussion gerne unter. Trotzdem kann der Variantenreichtum sicher nicht schaden. Oder wie es Marvin Ducksch ausdrückt: „Am Ende werden wir dann sehen, welches System für welchen Gegner am geeignetsten ist.“