Die Wirtschaft kommt trotz vieler Probleme recht gut durch die Pandemie. „Die deutsche Wirtschaft ist weiter robust“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Im ersten von ihm vorgestellten Jahreswirtschaftsbericht nimmt die neue Bundesregierung die bisherige Prognose für das laufende Jahr dennoch zurück. Habeck geht von einem Wachstum von 3,6 Prozent in diesem Jahr aus. Sein Vorgänger hofft noch auf ein Plus von gut vier Prozent.
Gut sind die Aussichten auch für den Arbeitsmarkt. Laut Bericht wird die Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent auf 5,1 Prozent im Jahresdurchschnitt zurückgehen. Die Beschäftigten können auf steigende Löhne hoffen. Im Durchschnitt rechnet Habeck mit Bruttolohnsteigerungen um 3,7 Prozent. Ob die Arbeitnehmer davon auch tatsächlich profitieren, darf allerdings bezweifelt werden. Denn eine eher schlechte Nachricht für die Verbraucher ist die erwartete Entwicklung der Verbraucherpreise. Die Teuerungsrate wird weiter steigen, von 3,1 Prozent im vergangenen Jahr auf 3,3 Prozent in den kommenden Monaten. Erst im kommenden Jahr geht der Minister von einem deutlichen Rückgang der Teuerung auf die Ziellinie von zwei Prozent aus.
Die Inflation frisst Lohnzuwächse folglich zumindest weitgehend auf. Die Gründe dafür sind weitgehend bekannt. Probleme bei den Lieferketten verteuern Zulieferungen für die Industrie. Schlechte Ernten ziehen steigende Nahrungsmittelpreise nach sich und staatliche Abgaben auf den Energieverbrauch landen am Ende bei den Verbrauchern. Die Bundesregierung will in diesem Punkt mit einer Entlastung der Haushalte gegensteuern. Die Umlage für erneuerbare Energien soll spätestens Anfang nächsten Jahres abgeschafft werden. Die Entlastung könnte auf diesen Sommer vorgezogen werden. Doch versprechen will Habeck dies nicht.
Länger dauert auf jeden Fall die geplante Einführung eines Energiegeldes. Damit sollen die Einnahmen aus der CO2-Abgabe an alle Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden. Davon würden vor allem Haushalte mit geringen Einkommen profitieren und vermutlich mehr Geld zurückerhalten als sie für die CO2-Abgabe bezahlen müssen. Laut Habeck wird das Energiegeld erst zum Ende der Legislaturperiode eingeführt werden können. Es mangele bisher in Deutschland an einer Schnittstelle, über die das Geld an alle Einwohner ausgezahlt werden könne.
Bei diesem Jahreswirtschaftsbericht steht jedoch weniger die Bilanz in Zahlen im Mittelpunkt. Vielmehr stimmt Habeck die Bevölkerung auf einen anstehenden Wandel der wirtschaftspolitischen Schwerpunkte ein. „Wir werden die soziale Marktwirtschaft im Sinne einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft weiterentwickeln“, kündigt der Minister an. Dahinter steckt die alte Idee, dass die Marktwirtschaft ihr positives Potenzial nur entfalten kann, wenn der Staat Regeln für einen gesellschaftlichen Nutzen daraus schafft.
Diesen Fortschritt will Habeck fortan ergänzend zum üblichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus einer Vielzahl weiterer Daten ableiten. Dazu gehören beispielsweise die Beschäftigungsquote von Frauen, die Einkommensungleichheit im Land, der Ressourcenverbrauch oder die Bildungschancen. So findet es Habeck etwa inakzeptabel, dass immer noch zehn Prozent der Schüler ohne Abschluss bleiben. An Fortschritten bei diesen Faktoren soll die Wirtschaftspolitik künftig mit ausgerichtet werden.