Für die Bremer Feuerwehr ist der Brand auf dem Gelände der Lürssen-Werft der personell größte Einsatz der Nachkriegsgeschichte gewesen. Gut drei Tage brauchte es, bis das Feuer gelöscht war. Die Ermittlungen, wie es zum Ausbruch des Brandes auf der 150 Meter langen Luxusjacht und anschließend auf dem Schwimmdock kam, dauern bisher noch weiter an.
Die Ursache wird auch die Versicherung interessieren. In der Branche kursiert eine Schadenssumme in Höhe von 700 Millionen US-Dollar – was mehr als 610 Millionen Euro entspricht. Darüber hat das Branchenmagazin „Tradewinds“ berichtet. Demnach wird aus dem Umfeld der Versicherungsbörse Lloyd's in London das Feuer als bisher größter Versicherungsfall bei einer Luxusjacht gesehen. Bei Lloyd's in London wurde laut Magazin auch die Versicherung gezeichnet.
35 Firmen sollen Risiko tragen
Lloyd's ist die größte Versicherungsbörse der Welt. Hier kann man theoretisch alles versichern. Man muss nur jemanden finden, der das Risiko eingeht. Und so funktioniert auch das Geschäft von Lloyd's seit 1688: Makler sind auf der Suche nach Geldgebern für Risiken aller Art. Derzeit sind dort 113 Syndikate verzeichnet, darunter auch AIG als einer der größten Versicherer der Welt und größter Versicherer in den USA. Diese Unternehmen geben das Geld. Bei einer Versicherungshöhe von mehr als 600 Millionen Euros würde niemals ein einzelnes Syndikat die Versicherung übernehmen. Um im Schadensfalle die Kosten zu minimieren, zeichnen immer mehrere Syndikate in einem solchen Fall. Die Syndikate werden wiederum von den weltweit bekannten Rating-Agenturen wie Standard & Poor's entsprechend ihrer Bonität bewertet.
Laut „Tradewinds“ sind bei der Lürssen-Werft 30 Syndikate beteiligt sowie fünf beteiligte Unternehmen außerhalb von Lloyd's. Das Branchenmagazin nennt als größten weiteren Zeichner die Lancashire-Gruppe mit einem Anteil von neun Prozent. Die Holding des Unternehmens hat ihren Sitz auf den Bermudainseln. Die restlichen Unternehmen – darunter auch die Syndikate von Lloyd's – haben Anteile zwischen einem und sechs Prozent gezeichnet. Die Schweizer Rück hängt hier mit vier Prozent drin. Aber all diese Unternehmen werden sich wiederum über eine Rückversicherung abgesichert haben. Deshalb fürchten die Firmen bereits, dass für das kommende Jahr die Summen steigen werden, die sie an die Rückversicherungen zu zahlen haben.
Die Werft selbst wollte sich nicht zur Höhe des Schadens und zu Details der Versicherung äußern. Auch sonst hält sich das Unternehmen lieber aus der Öffentlichkeit heraus, statt sie offensiv zu suchen – hanseatisch eben: machen, aber nicht großartig darüber reden.
Der bisher größte Schaden für die Versicherungswirtschaft ereignete sich im Januar 2012: bei der Havarie der Costa Concordia vor der italienischen Insel Giglio. Damals starben mehr als 32 Menschen. Die Versicherungen mussten hier als Schadenssumme mehr als eine Milliarde Euro zahlen. Damit gilt sie für die Versicherungswirtschaft als der bisher größte Schaden überhaupt. Eine halbe Milliarde Euro mussten die Versicherer damals für das Schiff zahlen, das am Ende ein Totalschaden war. Dafür sprang die Kaskoversicherung ein.
Munich Re übernahm 100 Millionen Euro
Der Rest ging für die Bergung des Schiffes drauf sowie für Zahlungen an Betroffene und Hinterbliebene, wofür die Haftpflichtversicherung zuständig war. Damals mussten die Rückversicherungen mehr als 500 Millionen Euro an Zusatzgeldern aufbringen, weil die Bergungskosten für einen solchen Fall zu niedrig angesetzt wurden. Die Munich Re als größter Rückversicherer der Welt übernahm damals 100 Millionen Euro von den Gesamtkosten. Die Hannover Re als drittgrößter Rückversicherer der Welt schulterte damals mehr als 50 Millionen Euro.
Als bisher größter Schaden eines Frachtschiffes für die Versicherungswirtschaft gilt immer noch die Havarie des Öltankers Exxon Valdez im März 1989 vor Alaska. Nachdem das Schiff damals auf Grund lief, drangen 37 000 Tonnen Rohöl aus und schädigten die Umwelt. Damals betrug der Schaden 500 Millionen US-Dollar – umgerechnet also 436 Millionen Euro. Der Totalschaden wie bei der Costa Concordia lag damals allerdings nicht vor. Nach dem Unglück konnte das Schiff repariert werden und war noch bis 2012 im Einsatz – unter anderem für den Transport von Eisenerzen.
Das Branchenmagazin „Tradewinds“ bezeichnet Lürssen als eine moderne Werft mit gutem Renomee und hervorragenden Sicherheitsstandards. In der Nacht von Donnerstag, 13. September, auf Freitag brach um zwei Uhr an Bord der etwa 150 Meter langen Luxusjacht das Feuer aus und ging schnell auf mehrere Decks über. Dann griff das Feuer auf das Schwimmdock über. Das ist 200 Meter lang, 30 Meter breit und etwa 40 Meter hoch. Das Schwimmdock, das bisher größte der Bremer Werft, brannte auf einer Länge von etwa 130 Metern.
Zur Unterstützung der Berufsfeuerwehren und der freiwilligen Feuerwehren aus dem Umland rückte sogar die Werkfeuerwehr der Meyer-Werft aus dem 110 Kilometer entfernten Papenburg an. Insgesamt waren 900 Feuerwehrleute im Einsatz. Die Feuerwehr der Meyer-Werft verfügt über zusätzliche Spezialfahrzeuge, die notfalls für ein Feuer auf riesigen noch im Bau befindlichen Kreuzfahrtschiffen ausgelegt sind. Doch auch sie kamen am Ende nicht mehr gegen die Flammen an. Die Luxusjacht gilt nun als Totalschaden.
Nach Informationen des WESER-KURIER sollte das Schiff in zwei Jahren fertiggestellt sein. Es hätte zu den zehn größten Motorjachten der Welt gehört. Auf Projekte dieser Art ist die Werft spezialisiert. Bereits in der Vergangenheit hat sie die „Topaz“ gebaut, die mit einer Länge von 150 Metern ähnliche Dimensionen hat und dem Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan gehört. Er ist Teil der Herrscherfamilie des Emirats Abu Dhabi.