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Wegfall von Corona-Regeln ab 20. März "Es bleibt kaum noch etwas übrig"

Ab dem 20. März fallen die meisten Corona-Maßnahmen weg. Bremens Gesundheitssenatorin fordert vom Senat einen Plan für eine erneute Verschärfung, wenn die Zahl der Infektionen in Bremen weiter steigt.
11.03.2022, 18:27 Uhr
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Von Sabine Doll

Frau Bernhard, mit Frühlingsbeginn in etwas mehr als einer Woche soll nach dem Willen der Bundesregierung die große Lockerungswelle einsetzen. Welche Schutzmaßnahmen im Alltag fallen dann in Bremen weg?

Claudia Bernhard: Fast alle, es bleibt kaum noch etwas übrig. Nur noch die Testpflicht bei vulnerablen Gruppen wie etwa in Kliniken, Pflegeheimen und Schulen. Auch die Maskenpflicht entfällt weitestgehend: In dem Entwurf der Bundesregierung zum neuen Infektionsschutzgesetz werden nur noch explizit Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, der öffentliche Nahverkehr, Fernzüge und Flugzeuge genannt. Das war es.

Das heißt: Ab dem 20. März muss weder im Supermarkt, noch in Bekleidungsgeschäften, Drogerien, Restaurants oder bei Veranstaltungen  eine Maske getragen werden?

So ist es. Außerdem fallen 2G-, 2G-plus- oder 3G-Regeln überall weg, auch in Diskotheken oder Bars.

Davon betroffen ist auch 3G am Arbeitsplatz?

Ja, es sei denn, Unternehmen entscheiden sich, dies doch fortzuführen – und dafür von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen. Das könnten im Übrigen auch Restaurants oder Geschäfte; ob sie das tun, hat natürlich auch immer mit der Frage von Wettbewerb zu tun. Sie könnten aber zum Beispiel mit mehr Sicherheit durch eine solche Regelung werben, andererseits geht es da natürlich auch um Konkurrenzdruck.

Wenn sich die Corona-Lage vor Ort zuspitzt, sollen die Länder die Regeln wieder verschärfen dürfen – per Parlamentsbeschluss, indem eine pandemische Lage festgestellt wird. Ab welchen Werten ist eine Verschärfung künftig wieder in Bremen geplant?

Der Entwurf des Bundes nennt mehrere Kriterien: die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Neuinfektionen, deren Dynamik, die Hospitalisierungsrate sowie das Auftreten von Virusvarianten. Das sollen die Leitplanken sein, um wieder eine pandemische Lage feststellen zu können. Das ist allerdings alles sehr unbestimmt formuliert. Wir brauchen in Bremen dafür unbedingt Schwellenwerte, um bei einer Änderung der Lage einen fertigen Plan aus der Schublade ziehen zu können. Der letzte Gipfel in der Omikron-Welle lag bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1500. Die allgemeine Inzidenz ist zwar ein wichtiger Frühindikator – entscheidend ist aber auch die Hospitalisierungsinzidenz, also das Geschehen in den Kliniken.

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Das heißt: Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1500 würden wieder Maskenpflichten, G-Regelungen, Abstandsgebote oder Höchstgrenzen bei Veranstaltungen eingeführt?

Der Koffer an Instrumenten muss jetzt bestückt werden. Meine Erwartung ist, dass dies bei der Senatssitzung am nächsten Dienstag besprochen wird und das Gesundheitsressort den Auftrag bekommt, einen Plan auszuarbeiten. Wir brauchen eine Schwellenwert-Planung, um Instrumente wieder in Anwendung zu bringen, wenn die Inzidenzen weiter steigen, sich dies in den Kliniken bemerkbar macht und schnell reagiert werden muss. Das ist bitter, ich finde es auch nicht toll – aber wir brauchen die Grundlagen für entsprechende Maßnahmen, sonst gucken wir der Entwicklung hinterher. Für unerlässlich halte ich die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen.

Auch in Bremen steigen die Infektionszahlen leicht. Ist also schon bald nach dem 20. März mit einer erneuten Verschärfung der Regeln zu rechnen?

Auch wenn es die Omikron-Variante ist, in der Masse bedeutet es trotzdem, dass dies auf die Krankenhäuser zurückschlagen wird. Das dürfen wir nicht außer Acht lassen, sonst stehen wir auch vor dem Sommer schon in ganz schwierigen Entwicklungen – Osterferien, Reiserückkehrerinnen und -rückkehrer, das wird Effekte haben.

Das Impftempo lässt nach – gerade auch bei den Auffrischungen, dem Booster. Haben Sie Sorge, dass es sich angesichts der Lockerungen noch weiter verlangsamt?

Das Gute an dem neuen Entwurf ist, dass der Impfstatus neu festgelegt wird. Ab Oktober sind drei Impfungen für den Status "vollständig geimpft" erforderlich. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, bisher galten als Grundimmunisierung zwei Impfungen. Gerade die Booster-Impfungen haben sich als wichtige Voraussetzung erwiesen, damit sich die Krankheitsverläufe als einigermaßen milde ausprägen. Diese Veränderung war überfällig. Man kann schlecht argumentieren, man soll sich boostern lassen – während gleichzeitig gilt, dass zwei Impfungen für die Grundimmunisierung ausreichend sind.

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Wenn 2G- oder 3G-Regelungen wieder oder weiterhin künftig gelten sollten, ist damit der Dreifach-Schutz vorgeschrieben?

Der Bund hat eine Übergangsfrist in das Infektionsschutzgesetz geschrieben. Die dreifache Impfung wird erst ab Oktober greifen. Trotzdem sollte die dritte Impfung unbedingt auch schon vorher in Anspruch genommen werden.

Ende März sollen auch die kostenlosen Bürgertests wegfallen, das haben Sie kritisiert. Ist es eine Option, dass Bremen weiterhin kostenlose Tests anbietet – auf Landeskosten?

Wenn es tatsächlich dazu kommt, bin ich absolut dafür. Allerdings hoffe ich weiterhin auf eine Verlängerung der bundesweiten Regelung. Wir brauchen diese kostenlosen Testmöglichkeiten unbedingt, insbesondere für Menschen, die zu den besonders schützenswerten Gruppen in die Pflegeeinrichtungen und Kliniken gehen. Dort werden die Testpflichten weiterhin gelten, und dann wird es zu einer sozialen Frage, ob Menschen ihre Angehörigen noch besuchen können. Mit dem Wegfall beraubt man sich auch der Möglichkeit, frühzeitig eine Entwicklung mit steigenden Infektionszahlen zu erkennen und ebenso frühzeitig gegensteuern zu können.

Das Gespräch führte Sabine Doll.

Zur Person

Claudia Bernhard

ist seit 2019 Gesundheitssenatorin. 2011 zog sie erstmals in die Bürgerschaft ein, der sie zwei Wahlperioden angehörte.

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