Taubenfans lassen in Zukunft besser ihre Körnertüten oder den Vögeln zugedachte Brotreste zu Hause. Es könnte in absehbarer Zeit nämlich teuer werden, die Tiere mit Nahrung zu versorgen: Bremen soll ein Fütterungsverbot für Tauben bekommen. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der SPD hervor. Sprecherinnen der Umwelt- und der Innenbehörde bestätigen, dass sich die Ressorts derzeit im Austausch darüber befinden, wie die gesetzlichen Regelungen aussehen sollen.
Ins Ortsgesetz über die öffentliche Ordnung soll aufgenommen werden, dass, so heißt es in dem Papier, „das Ausbringen von Futter- und Lebensmitteln, die erfahrungsgemäß von verwilderten Haustauben aufgenommen werden, generell verboten werden soll“. Wer trotzdem füttert und dabei von Mitarbeitern des Ordnungsamts erwischt wird, soll ein Bußgeld zahlen. Wie hoch, ist noch unklar. Grundsätzlich können Verstöße gegen das Ordnungsgesetz bis zu 500 Euro kosten.
Ein allgemeines Fütterungsverbot hätte allerdings nicht zur Folge, dass die Stadttauben künftig verhungern oder sich etwa nur noch von weggeworfenen Essensresten ernähren müssten, denn es soll Ausnahmen geben. Von der Stadt beauftragte Fachleute, zum Beispiel Mitglieder der Taubenschutzvereine, dürften weiter füttern, art- und fachgerecht, versteht sich. Das Fütterungsverbot soll außerdem, so der Plan, nicht als Einzelmaßnahme erlassen werden, sondern in Kombination mit der Errichtung von Taubenhäusern.
Einen Modellversuch nach dem sogenannten Augsburger Modell mit artgerechter Fütterung und Kontrolle der Population durch Gipseier wird die Behörde von Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) voraussichtlich Mitte 2021 in Vegesack starten. Nach diesem Prinzip funktioniert auch das Taubenhotel von SWB und Tierheim am Müllheizkraftwerk – und zwar nach Angaben der Stadtwerke so erfolgreich, dass über eine Erweiterung nachgedacht wird.
Taubenschwärme sollen gesünder werden
Hilft auch das Taubenhaus in Bremen-Nord dabei, die negativen Folgen in den Griff zu bekommen, die durch die unzähligen Nachkommen von verwilderten Brieftauben in den Städten sowohl für die Tiere selbst als auch für die Menschen entstanden sind, will die Senatorin („wir wollen das Thema effizient regeln“) das Konzept auf die Innenstadt ausweiten. Das Fütterungsverbot soll dann dazu beitragen, dass die Taubenschwärme ausgedünnt und damit gesünder werden.
Janina Brünjes, Sprecherin der SPD-Fraktion für Tierschutz, hält ein Fütterungsverbot in Kombination mit kontrollierter Versorgung der Tiere für eine gute Idee. „Wir betrachten das Thema aus Sicht des Tierwohls“, sagt sie, „und wenn künftig nur noch an bestimmten Stellen gefüttert werden darf, dafür aber artgerecht, ist das eine Win-win-Situation.“ Auf der einen Seite profitierten die Tauben, die im Hungerstress in eine Art Teufelskreis geraten, weil sie sich sozusagen aus Angst, auszusterben, stark vermehren. Ebenso aber auch das Stadtbild an sich, denn weniger Tauben hinterlassen auch weniger Dreck.
Auch Vertreter der Einzelhändler sehen ein Fütterungsverbot positiv. Sie hatten auch im Zuge der Diskussionen über eine attraktivere Innenstadt auf die ihrer Ansicht nach zuletzt stark gestiegene Zahl der Tauben aufmerksam gemacht. Jens Ristedt, Vorsitzender der Cityinitiative, hält ein solches Ortsgesetz für „überfällig“. „In anderen Großstädten ist das schon lange gang und gäbe“, sagt er. „Ich hoffe, es wird nun auch in Bremen zügig und konsequent umgesetzt.“ City-Managerin Carolin Reuther betont, dass innerhalb des Ortsgesetzes die Bedingungen der Ausnahmen geregelt sein müssten, zum Beispiel, dass die Futterstellen auch gereinigt werden. „Insgesamt wäre es aber ein guter Start“, sagt sie.
Auch Tierschützer sind nicht per se gegen ein Verbot – so lange es in Kombination mit den Taubenhäusern kommt. „Bislang sind die Tiere auf öffentliche Futterstellen angewiesen“, sagt Christine Dittmann, Sprecherin des Vereins Stadttauben Bremen, in dem derzeit rund zehn bis zwölf Aktive regelmäßig auf Füttertour gehen. „Insgesamt brauchen wir betreute Taubenschläge, keine Verbotsgesetze.“ In der aktuellen Situation könnte Dittmann zufolge ein Verbot rechtswidrig sein, weil es möglicherweise gegen das höherrangige Tierschutzgesetz verstößt.
Was die geplanten Erlaubnisse für „offizielle Fütterer“ angeht, fordert Dittmann, dass von vornherein alle Tierschutzvereine und Menschen, die die Tauben artgerecht füttern, vom Verbot ausgenommen werden. „Wir wollen nicht, dass dafür Anträge gestellt werden müssen.“ Allerdings käme es den Taubenfreunden auch zupass, wenn sie offizielle Genehmigungen hätten. „Viele unserer Aktiven werden beleidigt, es gab schon tätliche Angriffe. Wenn sie sich ausweisen könnten, würde das helfen.“