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Habü, Koschnick-Haus und Co. Diese Bremer Schrottimmobilien sorgen für Ärger

Schrottimmobilien sorgen in Bremen bei Anwohnern für Ärger – einige Gebäude verwahrlosen schon seit Jahrzehnten. Vier Beispiele mit unterschiedlich guten Zukunftsaussichten.
04.03.2022, 19:11 Uhr
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Diese Bremer Schrottimmobilien sorgen für Ärger
Von Felix Wendler

Städte verändern sich. Das ist der Lauf der Zeit und in Bremen nicht anders. Es wird umgeplant, saniert, neu gebaut und auch mal abgerissen. Straßenzüge und Quartiere entwickeln alle paar Jahre ein neues Gesicht. An manchen Stellen aber können Bremer und Bremerinnen den Eindruck gewinnen, dass die Zeit stehen geblieben ist. Das mag positiv wahrgenommen werden, wenn es zum Beispiel um die historische Altstadt geht. Weniger begeistert sind die meisten Bürger und Bürgerinnen, wenn ihnen täglich der Verfall ins Auge springt. Verwahrloste Gebäude, die teilweise seit Jahrzehnten verfallen, sind vielen ein Ärgernis. Vier Beispiele aus dem Stadtgebiet – mit unterschiedlichen Zukunftsaussichten:

Koschnick-Haus: Gröpelingens berühmteste Schrottimmobilie ist bei Anwohnern und Lokalpolitikern ein Dauerbrenner. Das Haus an der Geeststraße 134 hatte einst einen sehr bekannten Bewohner: Hans Koschnick, langjähriger Bremer Bürgermeister, lebte dort lange Zeit. Heute erinnert eine blaue Plakette an Koschnick – angebracht ist sie an einem Bauzaun, mit dem das marode Gebäude umfriedet ist. Rolf Vogelsang (SPD), Sprecher des Bauausschusses im Gröpelinger Beirat, berichtet von mehreren halbherzigen Baumaßnahmen in der Vergangenheit, die alle irgendwann im Sande verlaufen seien. Gebrannt habe es in dem Gebäude ebenfalls. Das Haus sei seit mindestens 30 Jahren unbewohnt, sagt Vogelsang. Ihm zufolge lebt der Eigentümer in Ritterhude. Der Beirat habe immer wieder versucht, eine Lösung für den "scheußlichen Schandfleck" zu finden – ohne Erfolg bei den Behörden. Offenbar fehle die Handhabe, sagt Vogelsang.

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Farger Straße 117: Das Haus ist namenlos, aber die Adresse in Bremen-Farge und Umgebung weithin bekannt. Das zweigeschossige Gebäude mit Anbauten entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Laufe der Zeit war es eine Gaststätte, diente als Wohnraum und als Werkstatt. Letztere wurde, so steht es in einem Bericht des Bauamtes Bremen-Nord, im Jahr 1996 abgerissen. Mindestens seit 1998 steht das Haus leer. "Ich kenne es nur als Schrottimmobilie", sagt Holger Jahn, CDU-Lokalpolitiker und Sprecher des Bauausschusses im Blumenthaler Beirat. Passiert sei in den vergangenen Jahren überhaupt nichts. "Man kann dem Verfall zusehen", sagt Jahn. Nachdem sich der Beirat vor einigen Wochen zum wiederholten Mal mit dem Thema beschäftigt hatte, erkundigte sich der Blumenthaler Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich beim Bauamt – und bekam vielversprechende Nachrichten. "Es wurde kürzlich eine Baugenehmigung erteilt", sagt Fröhlich. Er habe Informationen, dass der Eigentümer – einen Namen nennt Fröhlich nicht – in dem Gebäude Wohnungen bauen will. Fröhlich sagt aber auch: "Eine Baugenehmigung bedeutet noch nicht, dass tatsächlich sofort was passiert." Er wolle die Entwicklung im Auge behalten.

Habü: Das "Habü"-Kaufhaus für Spielsachen und Schreibwaren im Viertel hatte seine beste Zeit wohl in den 1990er-Jahren. Dann ging es für den Besitzer finanziell bergab, bis er das "Habü" im Jahr 2013 schließen musste. Bis zur endgültigen Räumung vergingen fünf weitere Jahre, in denen das Gebäude zunehmend verwahrloste. Heute zieren Graffiti die Außenfassade, die sich selbst mit gutem Willen nur als wilde Kritzeleien bezeichnen lassen. Seit der Aufgabe des Kaufhauses soll es zwei Eigentümerwechsel gegeben haben – wem das Gebäude aktuell gehört, ist öffentlich nicht bekannt. Der Beirat Östliche Vorstadt hat das "Habü" in den vergangenen Jahren mehrmals thematisiert, konnte aber keinen Kontakt zu den Eigentümern aufnehmen. Konkrete Pläne für eine Neunutzung gibt es nicht. Kürzlich scheiterte ein Vorstoß der Linken: Die Fraktion hatte beantragt, dass der Beirat die Baubehörde zum Handeln auffordern soll. Konkret ging es um eine mögliche Wohnnutzung des Gebäudes, das derzeit als Gewerbeimmobilie deklariert ist.

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Dete: Die "Dete", einst Möbelhaus und später Kulturzentrum, sorgte in den vergangenen beiden Jahren für Schlagzeilen. Linke Aktivistinnen hatten das lange Zeit leer stehende, marode Eckgebäude in der Neustadt im Herbst 2020 besetzt. Erst nach einem Ultimatum des Eigentümers im vergangenen Sommer verließen die Besetzerinnen das Haus. Vorausgegangen waren zahlreiche gesellschaftliche und politische Debatten – nicht zuletzt über die Frage, wie in Bremen mit brachliegenden Immobilien umgegangen wird. Die Eigentümerfirma Müller & Bremermann hatte angekündigt, in der "Dete" Wohnungen bauen zu wollen – konkrete Pläne würden voraussichtlich in den nächsten Wochen vorgestellt, sagte ein Firmensprecher dem WESER-KURIER am Freitag.

Zur Sache

So ist die Rechtslage

Die Behörde von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) betont, dass zwischen Schrottimmobilien und leer stehenden Gebäuden unterschieden werden müsse. Das Ressort orientiert sich dabei an der Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, der zufolge eine Schrottimmobilie "eine nicht angemessen genutzte und zum Teil stark verfallene Liegenschaft mit Auswirkungen auf die städtebauliche Qualität eines Stadtteils, seine Erneuerung und Entwicklung" sei. Die Merkmale treffen auf die prominenten Bremer Beispiele wie das Koschnick-Haus zu.

Insgesamt habe eine Untersuchung aber wenig Hinweise auf Schrottimmobilien in Bremen ergeben, heißt es aus der Baubehörde – gleiches gelte für spekulativen Leerstand. Detaillierte Daten erwarte man durch den anstehenden Zensus. Den Abriss von privaten Schrottimmobilien könne die Bauaufsicht als "Ultima Ratio" verfügen, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet sei. Im Jahr 2010 habe man bei zwei stark verfallenen Gebäuden an der Hastedter Heerstraße zu diesem Mittel gegriffen, erläutert ein Behördensprecher.

Das Wohnraumschutzgesetz, das seit Herbst 2021 anwendbar ist, spielt bei Schrottimmobilien kaum eine Rolle. Dem Gesetz zufolge handelt es sich um eine Zweckentfremdung, wenn Wohnraum länger als ein halbes Jahr leer steht. Bei vielen Schrottimmobilien ist aber mindestens fraglich, ob es sich (noch) um Wohnraum im eigentlichen Sinne handelt.

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