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Breminale Die Möglichmacherin

Die 49-jährige Bühnenaufbauerin Esther Kempmann liebt und schätzt die Breminale, weil sie weiß, dass es nicht überall im Rock-Business oder bei großen Festivals so herzlich und nett zugeht.
21.06.2017, 19:40 Uhr
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Die Möglichmacherin
Von Pascal Faltermann

Handfest, herzlich, hart – Esther Kempmann ist eine Marke. Eines der Gesichter der Breminale. Eine dynamische und willensstarke Frau, die anpackt, die macht. Sie wuchtet Zeltstangen durch die Gegend, schiebt Anhänger über die Wiesen und setzt Bühnenteile zusammen. Wenn die 49-jährige Kempmann als Bühnenaufbauerin arbeitet, ist das zu hören.

Beim Errichten des Himmelwärts-Zeltes hinter der Bremer Kunsthalle wird dann gegrölt, gerufen, gelärmt und viel gescherzt. Die Aufbauer erheben die Stimme, befehlen und treiben sich gegenseitig an. Den Arbeitstakt gibt Kempmann vor. Sie liebt und schätzt die Breminale, weil sie weiß, dass es nicht überall im Rock-Business oder bei großen Festivals so herzlich und nett zugeht.

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Wenn es mit dem Aufbau der markanten Theaterzelte am Osterdeich losgeht, ist Kempmann mittendrin. Das wird auch bei der nächsten Auflage des eintrittsfreien Kulturfestivals von Mittwoch, 5. Juli, bis Sonntag, 9. Juli, wieder so sein. Wer mit ihr zusammenarbeitet, weiß, dass der Umgangston etwas rauer ist, dafür aber stets präzise, immer freundlich und respektvoll.

„Es herrscht immer ein bisschen Anarchie, immer ein bisschen Punkrock“, sagt Kempmann und lacht. Es ist eine herzliche Anarchie. Für jeden ist auch klar, dass man sich duzt. Das machen alle auf dem Gelände und auch alle in der Branche. „Egal, ob im Theater- oder im Rock-‘n‘-Roll-Bereich, die Leute, die zusammenarbeiten, die duzen sich“, sagt Kempmann.

Springerin im Theaterbereich

Im Jahr 1989 fing sie bei der Breminale als Springerin im Theaterbereich an. Ein paar Jahre später arbeitete Kempmann als Assistentin von Manfred Fleckenstein, einem der Gründer des Festivals, an der damals größten Bühne im Kraftwerk-Zelt. Etwa um 1996 oder 1997 wurde sie als Stagemanagerin eingesetzt.

Diesen Job erledigte sie auch für die von Detlev Hoegen organisierten Blues­abende, bei denen von Radio Bremen Mitschnitte gemacht wurden. Pflichtbewusst und treu, war sie eigentlich immer da, nur dreimal konnte sie bis heute wegen anderer Verpflichtungen nicht.

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Parallel dazu fuhr sie auf Tourneen. Für die Firma Amptown aus Hamburg war sie ab 1998 für Musical- und Operetten-Produktionen in ganz Europa unterwegs. Dadurch lernte sie englische Produzenten kennen, und weiter ging die Reise mit Bond, einem australisch-britischen Klassik-Crossover-Streichquartett. Sie begleitete die Musiker bei Auftritten in Asien, Australien oder Amerika.

Esther Kempmann ist Profi. Sie kennt die Arbeit also nicht nur von anderen Festivals, sondern in der ganzen Welt. Anfang Juni baute sie beim größten deutschen Rockfestival, beim Rock am Ring, das inzwischen wieder am Nürburgring stattfindet, eine Bühne mit auf. Auch nicht zum ersten Mal.

Die "himmlische Wiese" ist ihr Bereich

Während des Kulturspektakels in Bremen ist sie dann wieder Bühnenchefin, erneut im Himmelwärts-Zelt, das auf dem Platz zwischen Altenwall, Osterdeich und Kunsthalle steht. Die als „himmlische Wiese“ betitelte Veranstaltungsfläche ist dann ihr Bereich. Dort managt die 49-Jährige die Abläufe auf und an der Bühne, sie kümmert sich um die Sicherheit und koordiniert die Mitarbeiter.

Das Team um sie herum ist von der Altersstruktur durchmischt. Da sind die mittlerweile ergrauten Kollegen dabei, die das seit 20 Jahren machen. „Es gibt einige, die durch die Breminale ihre Berufung gefunden haben, weil sie Dinge ausprobieren konnten“, sagt Kempmann. Es kommen aber auch immer wieder jüngere Aufbauhelfer dazu. „Wir brauchen natürlich Nachwuchs“, sagt sie.

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Sturmstangen aufstellen, dicke Seile verknoten, Stangen, Kisten oder Planen vom Anhänger zum Zelt schleppen – das ist für alle am Aufbau beteiligten Personen selbstverständlich. Dabei ist es diese rumpelige, rustikale Arbeitsatmosphäre, die allen Spaß macht.

Auf die Frage, warum sie denn Zelte aufbaue, sagt die in Bremen wohnende Kempmann: „Weil es mit diesem Team einfach richtig Bock macht.“ Sie brauche diese körperliche Arbeit wie andere Sport. Die Handgriffe sitzen, die Abläufe sind routiniert, alle wissen, wie’s geht. So herrscht zwar Betriebsamkeit am Osterdeich, aber keine Hektik und kein Chaos.

"Esther ist eine Bank."

Man kennt sich eben. Die Holländer vom Zeltverleih sind alte Bekannte. Die in den Anfangsjahren verantwortlichen Macher Harald Siegel, Manfred Fleckenstein und Anselm Züghart hatten die Zelte von de Markies bei einem Festival entdeckt, seitdem sind sie stilprägend für die Breminale.

„Esther ist eine Bank“, sagt Susanne von Essen, künstlerische Leitung der Breminale. Wenn sie weiß, dass Kempmann dabei ist, gebe das ein Gefühl von Sicherheit darüber, dass die Dinge laufen. „Sie ist ein Tausendsassa, der stets loyal ist“, sagt von Essen. Sie sei eine Möglichmacherin, wenn mal etwas nicht wie geplant laufe oder es ein Problem gebe. „Und man merkt, dass sie den Job einfach liebt“, so von Essen.

Zwischen den Festivals ist Esther Kempmann immer auch noch auf kleineren Tourneen unterwegs. Sinngemäß ­nach Homers „Odyssee“ sagt Kempmann, dass eine Reise erst dann zu Ende ist, wenn man an den Ausgangspunkt zurückkommt. Bei ihr ist es die Breminale.

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