An der Ladentür klebt unter dem Zettel mit der Aufschrift „Geschlossen“ ein weiteres Blatt Papier. „Wichtiger Hinweis“, heißt es dort, „dies ist kein Lagerplatz für persönliche Gegenstände. Zurückgelassene Gegenstände werden ohne vorherige Ankündigung entsorgt.“ Wiederholt war der Eingangsbereich des Gebäudes in den vergangenen Wochen als Ablageplatz zweckentfremdet worden.
Überflüssig wäre der Hinweiszettel spätestens, wenn in das Haus an der Langenstraße 11 wieder ein Mieter einziehen würde. Bis Ende Mai war die Traditionsbuchhandlung Storm hier zu Hause gewesen, über 40 Jahre an diesem Standort. Dann meldete das Unternehmen nach 127 Jahren Geschäftstätigkeit Insolvenz an. Seitdem sind die Vitrinen in den Schaufenstern leer, auch die Bücher sind lange aus den Regalen geräumt. Der Vermieter sucht nach einem Nachfolgemieter.
Eigentümer des Gebäudes ist BLB Immobilien, eine Tochter der Nord/LB. Deren Geschäftsführer Udo Buskamp sagt: „Es gibt zwei Möglichkeiten für eine Nachnutzung: eine kurzfristige Lösung und eine langfristige. Was die bessere Alternative wäre, wägen wir gerade ab.“
In der Nachbarschaft der ehemaligen Storm-Buchhandlung wird ordentlich gebaut. Neben der Stadtwaage entsteht das Neue Essighaus, das inzwischen fünf Stockwerke hoch ist, noch weiter wächst und im nächsten Jahr fertig sein soll. Entsprechend laut ist es in der Langenstraße und eng, wenn große Lkw und schwere Baufahrzeuge die Baustelle anfahren. „Für eine Zwischenlösung kann der Standort trotzdem attraktiv sein“, sagt Buskamp. Und das liegt am Zustand des Gebäudes. Es könnte schnell bezogen werden. 180 Quadratmeter Geschäftsfläche bietet das Erdgeschoss. Dazu kommen eine Galerie als zweite Ebene im Verkaufsraum und ein Keller.
Zwischennutzung Pop-Up-Store
Die Innenstadt hat mit Zwischennutzungen unterschiedliche Erfahrungen gemacht. 2020 und 2021 hatte die Wirtschaftsförderung mehrere Pop-Up-Store-Wettbewerbe durchgeführt. Neun neue Läden mit neuen Konzepten durften damals für einen bestimmten Zeitraum mietfrei ihre Ideen in der Innenstadt ausprobieren. Einige Geschäfte wie die Second-Hand-Läden Wanted Vintage in der Lloyd-Passage, Hello Good Buy in der Obernstraße oder das Cafè Lagom mit nordischer Küche im Schnoor haben die Starthilfe genutzt. Sie existieren noch heute.
Neue Pop-Up-Store-Wettbewerbe sind zurzeit zwar nicht geplant. Dafür wirbt die Wirtschaftsförderung aber für ihr Förderangebot „City UpTrade“, eine Anschubfinanzierung in Form eines Mietkostenzuschusses für neue Ansiedlungen in der Innenstadt.
Für eine dauerhafte Nutzung der ehemaligen Buchhandlung kann sich der Eigentümer sehr gut einen Gastronomiebetrieb vorstellen. „Dafür wären allerdings bauliche Veränderungen nötig“, sagt Buskamp. Ein Restaurant, ein Café oder eine Bar würden sich in ein Umfeld einfügen, in dem es mit dem Café Weserstrand, Jackie Su oder dem Pochana Thai Restaurant bereits ein gastronomisches Angebot gibt. Hinter der Stadtwaage befindet sich auf dem Jacobshof außerdem die Außengastronomie des Johann Jacobs Hauses.
Und weitere neue Nachbarn werden folgen. Die Joh. Jacobs & Co. Gruppe entwickelt entlang der Langenstraße mit Stadtwaage und Essighaus bis zum Kontorhaus das sogenannte Balgequartier. Auf fast 20.000 Quadratmetern soll ein Mix entstehen aus Einzelhandel, Gastronomie, Büros und kulturellen Einrichtungen für Ausstellungen und Veranstaltungen. Einige Mieter stehen schon fest. Ins Erdgeschoss des Essighauses etwa zieht der niederländische Lifestyle-Ausstatter Dille und Kamille. Moderne Interpretationen der kurdisch-türkischen Küche verspricht das Restaurant-Konzept Bona'me im Kontorhaus.