- Der Konflikt
- Die bauliche Alternative
- Erwartungen an den Dialog
- Möglicher Volksentscheid
- Die kommenden Termine
Bis Ende April wird sich entscheiden, ob es beim Hochwasserschutz am Neustädter Weserufer zu einer einvernehmlichen Lösung kommt. Am kommenden Dienstag startet die Konsenssuche im Diskussionsformat Runder Tisch. Beteiligt ist neben dem Bauressort, Beiratspolitikern und Deichverband auch die Bürgerinitiative "Platanen am Deich", die sich für den Erhalt der 136 Bäume auf der sogenannten Stadtstrecke zwischen Piepe und Stephanibrücke einsetzt. In vier Sitzungen wird man versuchen, eine Kompromisslinie auszuloten. Alle Beteiligten sehen darin jedoch ein schwieriges Unterfangen.
Der Konflikt
Auslöser der Kontroverse ist die geplante Umgestaltung der Deichlinie auf dem rund 1,8 Kilometer langen Abschnitt. Der Generalplan Küstenschutz aus dem Jahr 2007 sieht für die gesamte Küstenregion bis weit hinein in die Unterläufe der großen Flüsse eine Verbesserung des Hochwasserschutzes vor. Dafür müssen die vorhandenen Deichanlagen ertüchtigt und erhöht werden. Für den Bereich der Stadtstrecke gab es einen städtebaulichen Wettbewerb, der 2016 abgeschlossen wurde. Der Siegerentwurf sieht eine terrassenartig gestaltete Anlage vor, die neben verbessertem Überflutungsschutz auch mehr Aufenthaltsqualität am Ufer schaffen soll. Die Platanen müssten dieser Anlage weichen. Gegen die Pläne formierte sich die Bürgerinitiative "Platanen am Deich".
Die bauliche Alternative
Aus Spenden- und Eigenmitteln finanzierte die BI ein eigenes Gutachten, das im vergangenen Jahr vorgestellt wurde. Es sollte nachweisen, dass die erforderliche Erhöhung der Deichlinie auch bei Erhalt der Platanen möglich wäre. Ein Team des Ingenieur- und Bauunternehmens CDM Smith schlägt in der Expertise vor, eine neue Hochwasserschutzwand landseitig herzustellen. Sie wäre zur Straße hin einige Meter von den Platanen abgerückt. Die Spundwand würde in die Deichböschung eingelassen und so weit herausragen, dass die geforderte Schutzhöhe von 8,30 Meter über Normalnull erreicht ist. Eine Erhöhung um weitere 0,75 Meter durch mobile Flutschutzelemente sei möglich, wie es in dem Alternativgutachten heißt. Die Zahl der Platanen, die trotzdem gefällt werden müssten, läge nach Angaben von CDM Smith im einstelligen Bereich.
Die Baubehörde hat dieses Konzept aus mehreren Gründen als nicht praktikabel verworfen. CDM Smith erklärte zwischenzeitlich, sich nicht am Runden Tisch beteiligen zu wollen.
Erwartungen an den Dialog
In der Baubehörde herrschte zeitweilig die Befürchtung, dass auch die BI ihre Teilnahme absagt, doch das hat sich nicht bewahrheitet. "Wir sind dabei", bestätigt BI-Sprecher Gunnar Christiansen. Statt CDM Smith habe die Bürgerinitiative nun einen unabhängigen Wasserbauingenieur hinzugezogen, der sie am Runden Tisch fachlich unterstützen soll. Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) sieht der Auftaktveranstaltung am 1. März optimistisch entgegen. Man sei sich "mit der Initiative über die Verfahrensregeln für den konstruktiven Austausch und die Klärung aller Aspekte des Vorhabens einig". Gunnar Christiansen hofft auf einen "offenen, unvoreingenommenen Diskurs auf Augenhöhe mit der Baubehörde" – und darauf, dass Hochwasserschutz und Erhalt der 136 Platanen letztlich doch keine unvereinbaren Ziele sind.
Möglicher Volksentscheid
Sollte diese Hoffnung trügen, hat Christiansen ein Ass im Ärmel. Die Bürgerinitiative sammelt nämlich schon seit 2018 Unterschriften für ein Volksbegehren zur Rettung der Platanen, das in einem zweiten Schritt in einen Volksentscheid münden könnte. Um ein Volksbegehren einzuleiten, sind in Bremen aktuell rund 5000 Unterschriften notwendig. Die BI liegt aber schon weit drüber, nämlich bei gut 20.000. Damit ist sie schon nah dran an den rund 25.000 Unterschriften, die in einem zweiten Schritt zur Erzwingung eines Volksentscheides reichen würden. Rechtlich ist es nicht ganz eindeutig, ob die 5000 Unterschriften zur Einleitung eines Volksbegehrens bei der Beantragung des zweiten Schrittes erneut mitgezählt werden dürfen. Doch eine Prüfung des Sachverhaltes in der Justizbehörde hat ergeben, dass in dieser Frage "generell Großzügigkeit angebracht" sei, wie es in einem Vermerk heißt, der dem WESER-KURIER vorliegt. Falls der Runde Tisch aus Sicht der Bürgerinitiative also zu nichts führt, könnte es parallel zur Bürgerschaftswahl im Frühsommer 2023 zu einem Volksentscheid über den Erhalt der Platanen kommen. Gunnar Christiansen hält dies zumindest für eine "starke Option".
Die kommenden Termine
Für den Runden Tisch sind vier Termine angesetzt: Dienstag, 1. März, Mittwoch, 9. März, Dienstag, 22. März und Montag, 25. April, jeweils ab 18 Uhr. Interessierte Bürger können die Veranstaltungen auf der Website der Baubehörde (www.bauumwelt.bremen.de) in einem Livestream verfolgen, auch auf Youtube ist dies unter dem Link www.youtu.be/2aFIYDHU61M möglich.