Ein Jahr nach Bekanntwerden des tödlichen Keimausbruchs auf der Frühgeborenen-Station muss sich das Klinikum Bremen-Mitte erneut mit dem gehäuften Auftreten von multiresistenten Erregern befassen: Auf einer Intensivstation sind sogenannte MRSA-Keime bei 45 Personen nachgewiesen worden, darunter Patienten, Mitarbeiter und Angehörige. Das hat die Geno gegenüber dem WESER-KURIER auf Nachfrage bestätigt.
"Am 31. Oktober haben wir dem Gesundheitsamt gemeldet, dass es auf der Station für Intensivmedizin und Notfallmedizin im Klinikum Bremen-Mitte ein gehäuftes Auftreten von multiresistenten Keimen gibt", bestätigt Daniel Goerke, Sprecher des Klinikverbundes Gesundheit Nord (Geno), dem WESER-KURIER. Derzeit seien 19 Mitarbeiter der Station, 25 Patienten und ein Angehöriger betroffen, bei ihnen waren die entsprechenden Labornachweise positiv. Nach der Meldung Ende Oktober sei das Gesundheitsamt mehrere Male vor Ort gewesen.
Die Patienten mit einem positiven Keimnachweis sind derzeit nach Klinikangaben in Einzelzimmern untergebracht, wo sie mit speziellen Waschlotionen und Salben behandelt werden, um die Keime abzutöten. Ärzte, Pflegepersonal und Besucher dürfen die Zimmer nur mit Mund- und Nasenschutz betreten. Die betroffenen Mitarbeiter, bei denen multiresistente Erreger nachgewiesen wurden, sind sofort vom Dienst freigestellt worden.
Schutz durch Hygiene
Sie dürfen ihre Arbeit auf der Station erst dann wieder aufnehmen, wenn sie keimfrei sind. Eine solche sogenannte Sanierung dauert bis zu einer Woche. "Ziel dieser Maßnahmen ist es, die weitere Ausbreitung der MRSA-Erreger zu verhindern", beschreibt Goerke. Trotz des Personalausfalls laufe der Betrieb auf der Intensivstation wie bisher weiter. "Einschränkungen gibt es allerdings bei der Bettenkapazität, da einige Zweibettzimmer für die isolierten Patienten geräumt werden mussten", so Goerke.
Besonders brisant ist, dass die aggressiven Keime auf einer Intensivstation aufgetreten sind. Dort liegen schwerkranke Menschen, deren Immunsystem erheblich geschwächt ist und die dadurch so gut wie keinen körpereigenen Schutz vor den Erregern haben – ihnen regelrecht ausgeliefert sind. Wichtigste Maßnahme, um eine Ausbreitung zu verhindern, ist deshalb Hygiene – die Desinfektion von Händen, medizinischem Gerät und Flächen. Zu gefährlichen Komplikationen wie Lungenentzündung oder Blutvergiftung durch die auch als MRSA bezeichneten Keime sei es bisher bei keinem der Betroffenen gekommen, betont Goerke.
Aufgefallen seien die Erreger durch Tests bei den Intensivpatienten, die seit dem Keimausbruch auf der Frühchen-Station im vergangenen Jahr routinemäßig zweimal pro Woche vorgenommen werden. Goerke: "Bei zusätzlichen Umgebungsuntersuchungen sind schließlich auch multiresistente Keime in Bereichen nachgewiesen worden, wo Patienten überhaupt nicht hinkommen. Das hat darauf hingedeutet, dass offenbar auch Mitarbeiter Keimträger sind", erläutert der Geno-Sprecher das Vorgehen bei der Ursachensuche. Ein Personalscreening habe diese Vermutung bestätigt. Insgesamt seien rund 130 Mitarbeiter untersucht worden. Auch Angehörige sind in dieses Screening einbezogen worden.
Die Auswertung der Abstriche habe schließlich gezeigt, dass die nachgewiesenen Keime nicht aus einer einzigen, gen-identischen Quelle stammen, sondern dass es sich um mehrere, unterschiedliche Erreger-Stämme handelt. Goerke erläutert: "Das bedeutet, dass es sich nicht um einen Ausbruch wie bei den multiresistenten Keimen auf der Frühgeborenenstation im vergangenen Jahr handelt." Ebenso habe sich ein Teil der betroffenen Patienten den Keim nicht im Krankenhaus zugezogen, 13 von ihnen seien bereits vor der Aufnahme positiv auf MRSA getestet worden.
Anfang November 2011 war bekannt geworden, dass es auf der neonatologischen Intensivstation in dem Krankenhaus an der St.-Jürgen-Straße über mehrere Monate einen Keimausbruch mit sogenannten Klebsiella-Erregern gegeben hat, bei dem drei Kinder gestorben sind. Bei der Aufarbeitung der tödlichen Infektionswelle wurden Mängel unter anderem bei der Hygiene, der Reinigung und dem Ausbruchsmanagement festgestellt.
Vergleichbar seien die beiden Fälle nicht, betont Goerke: "Wir haben aktuell eine besondere Situation, aber keine Bedrohung."