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Austellung in der Weserburg Ein Potpourri moderner Kunst

In der Weserburg ist der vierte Teil der Ausstellungsreihe "So wie wir sind" zu sehen. Orientierung in der mehr als 100 Exponate umfassenden Austellung bieten fünf Themenbereiche.
14.10.2022, 15:21 Uhr
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Ein Potpourri moderner Kunst
Von Hannah Krug

Unter der Woche um elf Uhr, die Weserburg öffnet ihre Pforten, und es sind vor allem Kinder, die es kaum erwarten können, hineinzudrängen. Die Kunstausstellung "So wie wir sind 4.0" erstreckt sich über 2500 Quadratmeter. Viel Platz für rund 100 Kunstwerke von mehr als 80 Künstlern und Künstlerinnen. Da wünscht man sich glatt, noch einmal ein Kind zu sein, denn "Kinder haben keine Berührungsängste", sagt Ingo Clauß, Kurator der Ausstellung. Kinder würden durch die Räume streunen, auch mal etwas doof finden und da stehen bleiben, wo es ihnen gerade gefällt. Erwachsene hingegen seien oft ängstlich, bestimmte Codes moderner Kunst nicht lesen zu können. Clauß macht Mut: "Es geht nicht ums Verstehen, sondern ums Entdecken."

Und das ist vielleicht auch ein kluger Ansatz, sich dieser Ausstellung, der vierten einer hausinternen Serie, zu nähern. Den Grundstein für das Konzept "Serielle Sammlungspräsentation" legte Clauß 2019 gemeinsam mit der Direktorin Janneke de Vries. Der Gedanke: "Neue Zugänge für ein breiteres Publikum schaffen".

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"So wie wir sind 4.0" ist ein beachtliches Potpourri internationaler Kunst von den 1960er-Jahren bis heute:  Einige Themenbereiche sind bekannt aus den drei vorangegangenen Ausstellungen, andere wie das "Catpc-Kollektiv" sind neu dazugekommen.

Körperwelten

Wie betrachten wir unseren Körper? Von der Schweizer Künstlerin Miriam Cahn stammt das Gemälde einer zähnefletschenden Frau, das zugleich sinnlich und wehrhaft erscheint. Cahn hinterfragt darin tradierte Schönheitsideale. Der Performancekünstler Ulay untersucht in einer Serie von Polaroidfotos stereotype Rollenbilder. Auf den vergrößerten Fotos können weibliche von männlichen Körpern nicht mehr unterschieden werden. In den 70er- und 80er-Jahren sei das eine skandalumwitterte Position gewesen, so Clauß, heute werde Ulays Werk von einer jüngeren Generation wiederentdeckt.

Deutschlandbilder

"Über die Verfasstheit der Deutschen nachdenken", so beschreibt Clauß die Idee hinter dem Themenbereich Deutschlandbilder, der bereits in den anderen Serienteilen zu sehen war. Neu dabei ist der blau-gelbe FDP-Wahlstand des Künstlers und Autors Wolfgang Müller. Bei genauerem Hinschauen erkennt man auf jedem Poster und Sticker eine Blaumeise, die Anfang der 2000er genauso ums Überleben kämpfte wie die Freien Demokraten.

Ästhetischer Widerspruch

In der bildenden Kunst befand sich jede Epoche im Widerspruch zur vorherigen. Die "Warhol Flowers" der amerikanischen Künstlerin Elaine Sturtevant haben es auf das Plakat der Ausstellung geschafft. In ihrem Werk kopiert sie die Bilder bekannter männlicher Künstler und versieht sie mit ihrer Signatur. Von Andi Warhol bekam sie sogar die Druckschablone für seine Hibiskusblüten. Indem sich Sturtevant die Kunstwerke von Männern aneignete, kritisierte sie deren Dominanz in der Kunstszene.

Fokus: Catpc und Renzo Martens

Das kongolesische Künstlerkollektiv Catpc (Cercle d'Art des Travailleurs de Plantation Congolaise) hat sich 2014 auf Initiative des niederländischen Künstlers Renzo Martens gegründet. Mit der seriellen Produktion und dem Verkauf von Figuren aus Kakao und Palmöl nutzen die Künstler die Mechanismen des Kunstmarktes für sich und kaufen enteignete Landflächen im Kongo zurück. Eindrücklich und verstörend zugleich ist die Skulptur von Irene Kanga, die die Vergewaltigung einer Sklavin durch einen Kolonialherren zeigt. "Wir zeigen diese Vergewaltigung, weil die Skulptur aus dem Material ist, für die der Kongo ausgebeutet worden ist", sagt Clauß.

Verrückter Alltag mit Fokus: Norbert Schwontkowski

Die Gemälde des Bremer Malers Norbert Schwontkowski zeigen unaufgeregte Motive. Monochrome Landschaften und vereinzelte Personen erzeugen eine melancholische Stimmung. Schwontkowski arbeitet gezielt mit der Lichtsetzung, wodurch eine surreale Atmosphäre entsteht. Für "So wie wir sind 4.0" wurden Werke aus der Sammlung Brigitte und Udo Seinsoth, die bereits seit 2019 dauerhaft in der Weserburg sind, um Werke von anderen Sammlern ergänzt, die teilweise noch nie zu sehen waren.

Minimalistische Tendenzen

"Minimal Art ist ganz wichtig für die Weserburg", sagt Kurator Clauß. Die Kunstrichtung entwickelte sich in den 1960er-Jahren in den USA. Charakteristisch für die Kunstwerke ist eine klare Formsprache, wie zum Beispiel ein Schachbrett aus Stahl- und Magnesiumplatten von Carl Andre, das immer neue Perspektiven auf Werk und Umgebung ermöglicht. Mit dem Verhältnis zum Raum spielt auch die Malerin und Bildhauerin Charlotte Posenenske, die fünf identische, gelb lackierte Objekte zur Verfügung stellte und keine Anordnung vorgab.

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Info

"So wie wir sind 4.0" ist noch bis zum 13. August 2023 in der Weserburg, Teerhof 20 zu sehen. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Weitere Infos unter www.weserburg.de.

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