Mehr als 30 unabhängige Buchhandlungen gibt es in Bremen. Sie wirken in, aber auch über ihre Stadtteile hinaus. Um diese Arbeit sichtbar zu machen, wurde der mit 3000 Euro aus Mitteln des Senators für Kultur dotierte Bremer Buchhandlungspreis im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Am 1. September wird er zum zweiten Mal vergeben. Wer sich beworben hat, musste herausstellen, was die eigene Buchhandlung einzigartig und besonders macht. Das sind die drei Kandidaten:
Golden Shop, Östliche Vorstadt
Besteht seit: Der Golden Shop wurde 2007 eröffnet.
Team: Inhaberin ist Ausma Zvidrina. Sie wird unterstützt von Teilzeitkraft Sören Schlichthaber, der auf englischsprachige Titel spezialisiert ist.
Größe und Sortiment: 48 Quadratmeter auf zwei Etagen umfasst die Verkaufsfläche. Bestseller wird man hier kaum finden, dafür ist nahezu jedes Fleckchen Platz von Werken aus unabhängigen Verlagen, Büchern zu linker Politik, Comics und Graphic Novels belegt. Dazu kommen Sachbücher über Musik, Fotografie und Street Art. Auch eine Schallplatten-Ecke gibt es in der oberen Etage.
Veranstaltungen: Ausma Zvidrina veranstaltet seit 20 Jahren Lesungen und Konzerte. Als Laden derzeit vor allem im Kaffee Krach mit "aktuellen, spannenden Sachen, die sonst vielleicht nicht überall zu hören sind", zuletzt beispielsweise mit der österreichischen Autorin Mercedes Spannagel oder Rap-Veteran Torch. Irgendwie dazu gehört auch ihre Konzert- und Lesungsgruppe Die Chinesische Wäscherei – für Kunst völlig abseits des Mainstreams. Zudem organisierte sie gemeinsam mit einigen Nachbarläden im vergangenen Jahr das Straßenfest "Mehr Leben im Viertel", bei dem der Bremer Musiker Jay Pop aus dem Fenster über ihrem Geschäft ein Konzert spielte.
Was den Laden so besonders macht: Ganz klar: Der Golden Shop ist ein dezidiert linker Buchladen. Darüber hinaus ist Zvidrina wichtig, dass Menschen aus dem gesamten Bremer Stadtgebiet in ihren Laden kommen, stöbern und dabei auf Bücher stoßen, die sonst nirgendwo zu finden sind. "Ich finde, dass wir als Buchhandlung einen Bildungsauftrag haben", sagt sie. "Ich habe schon den Anspruch, die Leute zum Lesen zu bringen, ihnen Neues zu zeigen, den Horizont zu erweitern." Damit das zuverlässig gelingt, gehört zum Laden mittlerweile auch ein eigener Verlag, Golden Press. Dessen prägnantes Motto: "Geile Scheiße machen, damit es geile Scheiße gibt". Hier ist beispielsweise die viel beachtete Graphic Novel "Valentin" von Jens Genehr über die Geschichte des U-Boot-Bunkers Valentin in Farge erschienen.
Logbuchladen, Walle
Besteht seit: Den Logbuchladen gibt es seit 2012. Die ersten Jahre war die Buchhandlung in der Überseestadt angesiedelt, seit 2017 ist sie in Walle zu finden.
Team: Gegründet wurde der Logbuchladen von Sabine und Axel Stiehler. Neben den Buchhändlerinnen Ellen Gerdes und Sabine Westermann sowie der Dramaturgin Sibille Hüholt gehört auch Sohn Lasse zum festen Team.
Größe und Sortiment: Der Verkaufsraum beträgt etwa 70 Quadratmeter. Darauf findet sich laut Axel Stiehler ein "innovatives Programm", das neben Belletristik, Kinder- und Jugendliteratur sowie Sachbüchern auch Werke aus unabhängigen Verlagen, aufwendig illustrierte Bücher und Graphic Novels umfasst. Dazu gibt es einen sogenannten Non-Book-Bereich, also einen Platz mit Postkarten, Schreibwaren oder Spielen.
Veranstaltungen: Seit seiner Gründung richtet der Logbuchladen die Veranstaltungsreihe "Werkstattgespräche" aus, die einen Blick hinter die Kulissen der Buchproduktion gewähren soll. Dazu sind regelmäßig Illustratorinnen, Verlags-Vertreter oder Autoren eingeladen. "Dabei geht es nicht um ein kommerzielles Interesse", erklärt Axel Stiehler, "sondern wir haben einfach Spaß, an der Vermittlung." Dazu kommen klassische Lesungen oder eine Ausstellung der hauseigenen Pressendrucke zum 10-jährigen Bestehen in der Bremer Galerie des Westens.
Was den Laden so besonders macht: Es sind zwei Dinge, die den Logbuchladen auszeichnen: Einerseits die Verwurzelung im Stadtteil, andererseits sein Fokus auf das Buch als Gesamtwerk über den jeweiligen Inhalt hinaus. Sabine Stiehler ist gelernte Schriftsetzerin, Axel Stiehler Grafik-Designer. "Wir sind einfach Fans von Papier, Typografie, Bildern. Sieht ein Buch wirklich nicht gut aus, kann es passieren, dass wir es deshalb nicht ins Sortiment aufnehmen", sagt er. Über den Buchverkauf hinaus sehen die Stiehlers für ihren Laden auch eine Vermittlerrolle in Walle: "Wir wollen hier im Kiez für Druckverfahren sensibilisieren und mit Workshops, Lesungen oder unseren Werkstattgesprächen Kultur in den Stadtteil tragen."
Bücherfenster, Findorff
Besteht seit: Gegründet wurde das Geschäft 1984. Seit 2010 wird es von Inhaberin Barbara Hüchting geleitet.
Team: Neben Hüchting arbeiten im Bücherfenster die Kinder- und Jugendbuchspezialistin Swantje Möhring, der Sachbuch-Experte Peter Schröder, die Buchhändlerin Swantje Kohlwes und die Auszubildende Beeke Brünjes.
Größe und Sortiment: Klein und gemütlich ist es hier. Auf die nicht ganz 39 Quadratmeter Verkaufsfläche passen eine große Kinder- und Jugendbuch-Abteilung, viel Belletristik und vor allem Krimis, dazu Koch-, Garten- und andere Sach- und Ratgeberliteratur, die das Stadtteil-Publikum abbilden sollen. Neben Büchern gibt es ein großes Angebot an ausgewählten Postkarten zu kaufen.
Veranstaltungen: Etliche Lesungen hat Hüchting in der Vergangenheit organisiert. Mal gemeinsam mit einem Wein- und einem Kaffee-Geschäft unter dem Motto "Genuss in Findorff", mal per Online-Stream, mal in der angrenzenden Kirchengemeinde. Oft kamen mehr als 300 Besucherinnen und Besucher. Am kommenden Freitag ist die Bremer Autorin Antonia Bontscheva im Rahmen von "Bremen liest" bei ihr zu Gast.
Was den Laden so besonders macht: Das Bücherfenster ist eine Institution in Findorff und hat aus Sicht von Hüchting eine Art Eigenleben entwickelt: "Ich habe irgendwann die Verantwortung dafür übernommen, für diesen Ort zu sorgen, doch die Menschen im Stadtteil beleben den Laden erst. Es ist etwas sehr Gemeinschaftliches." Daher legt sie Wert auf Vernetzung und Kooperationen. Nach einer Lesung mit Live-Illustration versteigerte sie beispielsweise die entstandenen Bilder. Aus sämtlichen Einnahmen der Veranstaltung wurden Büchergutscheine erstellt und an alle Kita-Gruppen im Stadtteil verteilt. Auch mit der Grundschule an der Augsburger Straße hat sie vor der Pandemie regelmäßig zusammengearbeitet. "Wir tun etwas für den Stadtteil und die Lebensfreude hier", sagt Hüchting.