Seine Liebe zu Jean Sibelius hat Dirigent Tarmo Peltokoski zuletzt mehrfach mit brillanten Aufführungen der Sinfonien unter Beweis gestellt. Im Konzert der Deutschen Kammerphilharmonie setzte er am Freitag in der Glocke die Schauspielmusik zu "Pelléas und Mélisande" op. 46 von 1905 aufs Programm, und es berührte sympathisch, dass er – "weil die Musik so schön ist" – in die vier angekündigten Stücke noch zwei weitere einfügte und als siebtes die kurze "Pastorale" zugab.
Sibelius hat zu Maurice Maeterlincks epochemachendem Stück um ein Waldmädchen und zwei verliebte Brüder, anders als Debussy und Schönberg, kurze Charakterstücke verfasst. Mélisande stellt sich schwermütig im Englischhorn vor, ein kleiner Walzer erklingt am Wunderbrunnen im Park, das Spinnrad surrt in den Streichern, und bei Mélisandes Tod darf man an Griegs "Peer Gynt" denken. Peltokoski arbeitete die Details der Stimmungsbilder sehr feinsinnig heraus.
Um Ludwig van Beethoven hingegen ringt der 24-jährige Dirigent noch. Dessen 4. Sinfonie B-Dur op. 60 gestaltete er, mitunter mit geballter Faust, überraschend pathetisch aus der spätromantischen Tradition heraus. Schon die tastende Einleitung kam sehr breit daher, der langsame Satz wirkte sogar leicht verschleppt. Weniger vergrübelt ging Peltokoski Scherzo und Finale an, aber man spürte auch hier, dass er hinter jeder Note ein Geheimnis witterte.
Wundervolles Hornsolo
Den Höhepunkt bildete indes der Auftritt von Anastasia Kobekina: In Dmitri Schostakowitschs 1. Cellokonzert Es-Dur op. 107 von 1959 trat die Russin als eine Art Gegenpart zum Orchester an. Während Peltokoski die groteske Lustigkeit der Außensätze mit gellenden Flöten und nervös zuckenden Streicher ausspielte, antwortete die Cellistin besänftigend mit noblem Ton. Den langen langsamen Satz spielte sie mit viel Süße, in der aber ein Zweifel mitschwang, ob das nicht doch alles Pose sei, und fand in Macej Baranowskis sanftem Hornsolo ein wundervolles Echo. Die Cellokadenz erhielt dramatisches Feuer.
Riesenapplaus, bei der Zugabe durften eifrige Bremer Konzertbesucher dann aufhorchen. Die Galliarda für Cello und Tamburin ihres Vaters, des Komponisten Vladimir Kobekin, die Kobekina mit Schlagzeuger Bao-Tin Van Cong aufführte, hatte man doch schon mal gehört. Beim letzten Musikfest nämlich, beim Auftritt der Cellistin mit dem Deutschen Sinfonie-Orchester. So ein Wiederhören macht Freude – mit Anastasia Kobekina allemal.