Herr Rothenhäusler, seit 2012/13 sind Sie in Bremen als Hausregisseur engagiert. Ab der kommenden Spielzeit werden Sie Intendant am Theater Freiburg. Haben Sie genug von Bremen?
Felix Rothenhäusler: Nach so langer Zeit hier am Haus hat sich für mich die Frage gestellt, ob ich weiterhin nur in Produktionskontexten arbeiten und meine eigenen Regiearbeiten machen oder doch mehr Verantwortung übernehmen will. Ich habe mich entschieden, ein Haus mitzugestalten, ein Team aufbauen zu wollen. Und dazu habe ich in Freiburg nun die Möglichkeit.
Wie blicken Sie auf die vergangenen Jahre zurück?
Es war eine Zeit, in der ich viel ausprobieren konnte. Michael Börgerding hat mir künstlerisch viel ermöglicht, hat viele Dinge mitgetragen. Es war hier ein vertrauensvolles und angstfreies Arbeiten. Vor allem mit den einzelnen Abteilungen und Werkstätten so eine enge Verbindung über so einen langen Zeitraum aufzubauen, ist besonders.
Gibt es Stücke, die Ihnen besonders in Erinnerung bleiben werden?
Besonders war für mich in der ersten Spielzeit die "Räuber"-Produktion und das erste Musiktheater "Die Hochzeit des Figaro" in der zweiten Spielzeit. Bis dahin hatte ich keine großen Opern gemacht. Die Erfahrungen mit dem Musiktheater haben mich geprägt. In den letzten Jahren waren es die Stückentwicklungen wie "Mr. Robot" und jetzt "Wasserwelt". Da habe ich viel recherchebasiert gearbeitet. Es gab immer wieder neue Impulse, was die Arbeit belebt hat. Auch die Stücke zu unserem Verhältnis zur Natur, einem Thema, das die letzten Arbeiten geprägt hat, war für mich eine wichtige neue Komponente.
Wie kam es zu dieser neuen Komponente?
Wenn es um den Klimawandel geht, nehmen die Gesellschaft und auch die Theater sehr oft einen Kritikmodus an, bei dem das menschliche Verhalten im Fokus steht. Wir alle wissen aber längst, was wir falsch machen. Also habe ich mich gefragt, wie man das Thema anders erfahrbar machen kann. Ich habe den Menschen aus dem Zentrum genommen und die Erfahrung mit der Natur dorthin gesetzt als etwas Positives, Hoffnungsvolles.
Wird es bei "Wasserwelt" genauso sein?
Absolut. Es ist eine magische Welt, in die wir das Publikum entführen. Ein kleiner Tiefseebewohner, ein Krebs, wird von einem Tauchroboter entdeckt. Es geht um die Perspektive der Tiefsee, die plötzlich nach oben kommt und sich wundert, was für komische zweibeinige Wesen an der Oberfläche unterwegs sind. Es ist ein dokumentarisches Thema in einer spaßigen Märchen-Musical-Form.
Wie haben Sie sich in Ihrer Zeit in Bremen persönlich weiterentwickelt?
Eine so kontinuierliche Arbeit an einem Theater ist keine Selbstverständlichkeit. Das war aber auch nicht immer einfach, weil die Arbeiten immer in einem Kontext von "Wie gut hat etwas funktioniert" stehen. Michael Börgerding war bereit, das Theater als Zukunftslabor zu sehen und sich überraschen zu lassen, was Theater alles sein kann – auch wenn nicht immer alles funktioniert hat. Aber künstlerische Prozesse sollten nicht ausschließlich auf konventionelle Erfolgsmaßstäbe reduziert werden.
Ihre Ansätze sind oft ungewöhnlich, kamen bei Publikum und Presse nicht immer gut an. Wie geht man damit um?
Das gehört dazu. Ich habe Lust auf kontroverse Auseinandersetzungen. Ich habe das Gefühl, dass meine Sachen oft polarisiert haben, dass Leute es entweder total toll oder total schlimm fanden. Das auszuhalten, habe ich gelernt.
Wollten Sie polarisieren? Ihr Theater ist im Vergleich zu dem einiger Kollegen recht statisch, was nicht jedem gefällt.
Ich will weder polarisieren noch jemandem vor den Kopf stoßen. Ich glaube auch, das ist ein Vorurteil mit der Statik. Gerade die letzten Arbeiten wie "Revue" oder "Bienen" funktionieren komplett über Bewegung. Es gab Arbeiten, die sehr statisch, dafür aber auf der sprachlichen Ebene extrem schnell und wendig waren. Es ist immer die Frage, was man unter Bewegung versteht.