Die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette unterhielt zwei Wohnungen in Bremen. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Verden auf Nachfrage. Zuerst hatte der "Spiegel" berichtet. Das Magazin schreibt unter Berufung auf die Anklageschrift, dass Klette unter dem Namen Sarah Lopez von Sommer 2014 bis Oktober 2015 mehrfach eine Wohnung im Bremer Steintorviertel angemietet habe. Auch eine zweite Wohnung sollen Klette und ihre mutmaßlichen RAF-Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub unterhalten haben. Garweg lebt seit Jahrzehnten im Untergrund. Nach ihm wird seit der Festnahme seiner mutmaßlichen Komplizin Klette im Februar 2024 in Berlin mit Hochdruck gefahndet.
Daniela Klette war nach Jahren im Untergrund im Februar 2024 in Berlin verhaftet worden. Das Landgericht Verden hatte im Dezember angekündigt, Anfang dieses Jahres entscheiden zu wollen, ob das Verfahren gegen Klette eröffnet wird. Die Ermittler werfen der 66-Jährigen versuchten Mord im Zusammenhang mit 13 Überfällen, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Wie und wo das Verfahren stattfinden wird, ist ebenfalls noch offen: Die Verdener Justiz muss nach geeigneten Räumlichkeiten suchen.
Bei einem Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr 2015 hatten die Täter mit einem Sturmgewehr auf das Fahrzeug geschossen. Eine Kugel, die im Sitz des Geldtransporters steckte, soll aus einer AK-74 stammen – die Waffe wurde laut "Spiegel" in Klettes Wohnung in Berlin gefunden. Garweg soll derjenige gewesen sein, der geschossen hatte.
Dieser Überfall könnte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Verden von den zwei Wohnungen aus geplant worden sein. Nach einem Zeugenaufruf bei der Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" seien mehrere Zeugen vernommen worden, sagt Martin Schanz, Sprecher der Staatsanwaltschaft. "Solche Anmietungen sollen stattgefunden haben, um mutmaßlich von dort aus die späteren Tatorte auszukundschaften beziehungsweise um sich für die Tatvorbereitungen in der Nähe aufhalten zu können", teilt Schanz mit. Zur Anmietung könnte Klette demnach möglicherweise gefälschte Ausweisdokumente vorgelegt haben. Nähere Einzelheiten zu den Wohnungen und ihrer Lage gab die Staatsanwaltschaft nicht bekannt. Man wolle Unbeteiligte schützen und der Aufklärung in der Hauptverhandlung nicht vorgreifen.
Nach Informationen von "Buten un Binnen" soll Klette eine Ferienwohnung in der Hollerstraße im Steintor angemietet haben, angeblich, um dort Yoga-Urlaub zu machen. Eine aktuelle Mieterin sowie der Künstler und Fotograf Phil Porter bestätigen, dass zu dieser Zeit in der Straße Ferienwohnungen vermietet wurden. Porter hatte zwischen 2015 und 2021 sein Atelier in der Hollerstraße 6. Die damaligen Vermieterinnen, die er bei Veranstaltungen seines Fotoateliers kennengelernt habe, seien inzwischen nicht mehr Besitzer des Wohnobjekts. "Seltsam, dass ich nicht mitbekommen habe, wer in meiner Nachbarschaft lebt. Dabei schätze ich mich als jemand ein, der die Dinge um sich herum genau beobachtet", sagt Porter.
Unterdessen empörte sich die Bremer CDU darüber, dass die Innenbehörde nicht eher vom Aufenthaltsort der ehemaligen RAF-Terroristin gewusst habe. Man erwarte lückenlose Aufklärung und behalte sich vor, entsprechende Berichte einzufordern, sagte der innenpolitische Sprecher Marco Lübke bei "Buten un Binnen".
Ein Vorfall im März 2024 zeigte, dass es in Bremen auch Menschen gibt, die mit Daniela Klette sympathisieren. Wie der WESER-KURIER berichtete, hatte Ariane Müller, ehemalige Betriebsrätin bei der Gesundheit Nord (Geno), privat eine Solidaritätsdemo für die in Untersuchungshaft sitzende mutmaßliche RAF-Terroristin vor der Vechtaer Frauenhaftanstalt organisiert. In der Folge hatte die Geno sie freigestellt. Müller wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern, ob sie von Klettes Wohnungen in Bremen gewusst habe.
Trio soll Geldtransporter und Supermärkte überfallen haben
Klette, Garweg und Staub sollen zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren. Insgesamt sollen sie bei den Taten 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Ihre Opfer bedrohten sie laut Anklage meist mit Schusswaffen oder Elektroschockern. Klette war den Angaben nach vorwiegend die Fahrerin der Fluchtautos. Zuvor gehörten die drei der sogenannten dritten RAF-Generation an, die bis Anfang der 1990er-Jahre Anschläge verübte und auch Menschen tötete.
Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt seit vielen Jahren gegen Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen. Klette hatte vor ihrer Festnahme unter falschem Namen in Berlin-Kreuzberg gelebt. Kurz nach Klettes Festnahme beschlagnahmten Ermittler einen Bauwagen in Berlin-Friedrichshain, in dem Garweg unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll. Zuletzt soll sich der 56-Jährige laut Zeugen unter anderem in Hamburg aufgehalten haben.