Gerade in dieser Zeit der Pandemie ist es besonders wichtig, vergessenen Kindern eine Stimme zu geben“, betont Edith Hatesuer. Für die Bremer Regionalsprecherin von Nacoa, einer Interessensvertretung für Kinder suchtkranker Eltern, stand daher unverrückbar fest, dass sie trotz Corona wieder Beiträge vor Ort zur bundesweiten Nacoa-Aktionswoche vom 14. bis 20. Februar auf die Beine stellt, damit diese Kinder öffentliche Aufmerksamkeit bekommen.
Die in der vergangenen Woche organisierte Telefonberatung, die kostenlos und anonym war, war die erste von drei Aktivitäten der Bremer Nacoa-Gruppe. „Das war auch für mich spannend, ob und wie das Angebot angenommen wird“, gesteht Edith Hatesuer. An fünf Tagen war die Diplom-Pädagogin und Heilpraktikerin für Psychotherapie eineinhalb Stunden erreichbar.
„Die Resonanz war eher zurückhaltend“, bilanziert Edith Hatesuer und führt das darauf zurück, dass dieses Thema in der Gesellschaft mit einem Tabu belegt ist. Nichtsdestotrotz hatte sie einen sehr bereichernden Kontakt zu einer Fachkraft, die für die Therapiehilfe Bremen ein ganz neues Projekt für Kinder aus suchtbelasteten Familien starten will. Daraufhin hat die Bremer Nacoa-Regionalbeauftragte noch einmal zusammengetragen, wo und was es für Angebote für sie in Bremen gibt und überlegt, wie die künftig in die Aktionswochen eingebunden werden können. Außerdem hatte sie außerhalb der Aktionswochen-Sprechzeiten Anfragen von inzwischen erwachsenen Kindern aus Suchtfamilien, die sich mit ihrem Werden weiter auseinandersetzen wollen.
Die nächsten Nacoa-Veranstaltungen für Kinder aus suchtbelasteten Familien sind in Zusammenarbeit mit der Circusschule Jokes und dem Arbeitskreis Alkohol Bremen – Selbsthilfe für alle Süchte – geplant: an den Sonntagen 25. April und 13. Juni jeweils von 14 bis 17 Uhr auf dem Zirkusplatz der Circusschule Jokes in der Kornstraße 315a. Der Familienzirkus ist nach Edith Hatesuers Aussage sehr gut geeignet, um zum einen das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, gleichzeitig aber auch das Selbstwertgefühl des Einzelnen. „Er bietet der Familie die Möglichkeit für gemeinsame Lernerfahrungen“, sagt sie. „Dabei werden Wertschätzung, Vertrauen und die Begegnung auf Augenhöhe hervorgehoben.“
Der Familienzirkus solle nicht nur als präventive Maßnahme stattfinden, betont die Bremer Nacoa-Regionalsprecherin, sondern auch als Informationsveranstaltung genutzt werden. Denn Kinder aus suchtbelasteten Familien seien in dieser Krise verstärkt Bedrohungen wie häuslicher Gewalt ausgesetzt.
Laut Hatesuer erhält der Verein Nacoa in jüngster Zeit 50 Prozent mehr Anfragen per Telefon oder E-Mail als üblich. Auch der Therapie- und Beratungsbedarf sei seit Beginn der Pandemie um 30 Prozent gestiegen. Schätzungsweise lebt jedes sechste Kind unter 18 Jahren in Deutschland laut Nacoa mit suchtkranken Eltern zusammen.
Die widrigen Umstände einer Kindheit in einer suchtkranken Familie können Kinder für ihr Leben prägen. Etwa ein Drittel von ihnen entwickelt in der Folge Suchtstörungen. Ein weiteres Drittel zeigt psychische und soziale Störungen. Laut Statistik sind Kinder aus Suchtfamilien somit stärker gefährdet, selbst zu erkranken.
Nacoa Deutschland
ist die Interessenvertretung für Kinder von suchtkranken Eltern in Deutschland. Der Verein versucht auf verschiedene Weise auf die Gesetzgebung einzuwirken, damit Kinder suchtkranker Eltern, deren Kindheit von einer Atmophäre ständiger Angst und Unsicherheit sowie einem Mangel an emotionaler Zuwendung und Geborgenheit geprägt ist, Hilfen für bessere Rahmenbedingungen bekommen. Denn an den Folgen einer solchen Kindheit tragen sie ihr Leben lang und sind die größte bekannte Risikogruppe für eine spätere eigene Suchterkrankung. Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2018 haben sie um 32 Prozent höhere Gesundheitskosten als Kinder aus nichtsüchtigen Familien
Weitere Informationen
Für den Familienzirkus am 25. April und am 13. Juni ist eine Anmeldung erforderlich unter der Telefonnummer 960 19 91 oder per E-Mail an info@circusjokes.de. Daraufhin gibt es detaillierte Informationen. Näheres über Nacoa steht im Internet unter der Adresse https://nacoa.de.