Die Bremer Stadtreinigung (DBS) will für zehn Millionen Euro ihre Recyclingstationen neu aufstellen. Die großen Stationen werden modernisiert und ausgebaut. Die sieben kleinsten – darunter zählen auch die Recyclingstationen in Oslebshausen und Findorff – sollen in Zukunft nur noch Grünabfälle annehmen und in der Wintersaison zwischen November und März komplett geschlossen bleiben. So wurde es in der vergangenen Woche vom DBS-Verwaltungsrat beschlossen und der Öffentlichkeit verkündet. Vielen Benutzern aus dem Bremer Westen ist schwer vermittelbar, worin für sie vor Ort der Gewinn liegen soll.
Sie kommen mit bepackten Fahrrädern, Handwagen und „Hackenporschen“, und auf den Stellplätzen wechseln die Größen und Farben der an- und abfahrenden Autos im Minutentakt: An der Recycling-Station Oslebshausen ist viel los an diesem Freitagvormittag Ende November. Vor allem Laub und Gartenabfälle wollen viele Besucher loswerden, aber auch prall gefüllte Gelbe Säcke, Kartons mit Altpapier und Kisten mit ausrangierten Elektrogeräten werden quer über den Hof geschleppt.
Immer wieder entspinnen sich dabei kurze Diskussionen, die nur um ein einziges Thema kreisen: Den Entwicklungsplan für die 15 städtischen Recyclingstationen, für den man hier – ebenso wie für die Umweltsenatorin und ihre Partei – nicht gerade freundliche Worte findet. „Unverständlich“, „Idiotenkram“, „das Letzte“ heißt es unter anderem. Der Stadtteil werde damit weiter abgehängt, kritisieren viele der Frauen und Männer, die fast alle in direkter Nachbarschaft wohnen. Der Findorffer Beirat hatte es – irgendwie – als erster erfahren, und bereits am vergangenen Freitag Alarm geschlagen: Als „katastrophal“ hatte Beiratssprecherin Anja Wohlers die Pläne bezeichnet.
Nicht nur aus Findorff kam indes die scharfe Kritik am DBS-Vorstand, der die Beiratssprecher erst am Vortag der entscheidenden Sitzung informiert hatte. „Die Beiräte waren ahnungslos, fassungslos“, weiß die Grünen-Politikerin. Unmut wurde umgehend von Bürgern in den sozialen Netzwerken geäußert: „Unglaublich“, war da zum Beispiel zu lesen, und die wiederholte Prophezeiung, dass in Zukunft wohl noch mehr Müll illegal entsorgt werde. Die Zunahme der Vermüllung in den Straßen des Stadtteils und in den Kleingartengebieten befürchtet auch der Beirat Walle, der in einer offiziellen Mitteilung seine Solidarität mit den Findorffern deutlich machte und sich der Forderung nach einer vollumfänglichen Öffnung der Findorffer Recyclingstation und deren langfristigem Fortbestand anschloss. Seit Eröffnung im Jahr 1995 sei der Recyclinghof „unverzichtbar für die Wallerinnen und Waller“, schreiben die Politiker aus dem Nachbarstadtteil. Die jetzigen Pläne würden vor allem Menschen treffen, die mangels Mobilität nicht andere Standorte aufsuchen können.
Der BUND Bremen erinnerte daran, dass die wochenlange Schließung von Recycling-Stationen in den Corona-Monaten das Problem illegaler Müllablagerungen „richtig befeuert“ habe, so Geschäftsführer Martin Rode. In Zeiten von Klimawandel und Rohstoffverknappung müsse es „endgültig vorbei sein, dass ökologische Standards heruntergeschraubt werden.“ Auch der Verein Klimazone Findorff hält die Pläne für ein „falsches Signal“: Das aktuelle Bremer Netz an dezentralen Recyclingstationen sei ein wesentliches Standbein der Klimaschutzziele. Das Konzept sei „nicht im Sinne der Findorffer“, so der Bürgerverein Findorff.
Bei einer Unterschriftenaktion im Stadtteil sammelten Findorffer innerhalb von wenigen Stunden 700 Unterschriften, die sich für den Erhalt des Angebots in seiner jetzigen Form aussprechen. „Ich hatte meine Frau und Nachbarinnen aktiviert – das wurde dann eine kleine Lawine“, erzählt Initiator Ken Oduah. „Das war der Wahnsinn“. Der Mediziner hatte zudem einige Listen in Geschäften ausgelegt. „Viele haben sich beschwert, dass die Liste viel zu kurz war.“
Hätte man die „Nacht-und-Nebel-Aktion“ verlängert, wären noch deutlich mehr Unterschriften dazu gekommen, vermutet Mirja Uschkureit, die in der Holzmindener Straße eine Unterschriftenliste auf ihrem Gartentisch ausgelegt und Nachbarschaft sowie Bekanntenkreis via Online-Messenger um ihre Unterschriften gebeten hatte. „In unserer Straße musste ich niemanden überreden. Die haben alle eher darauf gewartet, aktiv werden zu können“, sagt Uschkureit. „Enttäuscht und sauer“ hätten sich viele ihrer Gesprächspartner über die Planungen geäußert. Es sei nicht zu begreifen, warum eine gut und umweltfreundlich erreichbare Station quasi geschlossen werde, „und wir sind gezwungen, klimaschädlich mit dem Auto den Müll zu entsorgen, den wir im Sinne des Klimaschutzes trennen.“
Zeichen gesetzt
Mit der Unterschriftenliste sei nun ein Zeichen gesetzt, sagt Oduah: „Jetzt muss der Beirat etwas damit anfangen und mit Vereinen und Verbänden intervenieren. Sonst müssen wir als Ultima Ratio eine Bürgerinitiative gründen.“
In der Stadt werde die Position der Findorffer sehr wohl wahrgenommen, weiß Beiratssprecherin Wohlers. Am Rande der Sitzung des Verwaltungsrats sei der Stadtteil als „Epizentrum des Widerstands“ bezeichnet worden. Und so soll es auch bleiben. Die einzige Chance, die „massiven Einschränkungen“ für die kleinen Recyclingstationen zu verhindern, sei nun, stadtweit großen Druck aufzubauen, sagt Wohlers. Der Findorffer Bauausschuss hat das Thema auf der Agenda seiner öffentlichen Online-Video-Konferenz am Dienstag, 8. Dezember, 18 Uhr. Tagesordnung und Zugangsdaten finden sich unter www.ortsamtwest.bremen.de.