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Robert Bücking im Interview „Ohne den Kaufhof geht es nicht“

Der baupolitische Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft, Robert Bücking, spricht im Interview mit dem WESER-KURIER über die Entwicklung der Innenstadt und die Anforderungen an Politik und Verwaltung.
23.11.2017, 18:59 Uhr
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„Ohne den Kaufhof geht es nicht“
Von Jürgen Hinrichs

Herr Bücking, die Innenstadt ist gewaltig in Bewegung, und es besteht allgemein der Eindruck, dass Politik und Verwaltung diesen Herausforderungen nicht gewachsen sind. Sehen Sie das auch so?

Robert Bücking: Es ist überhaupt keine Frage, dass wir auf diese Herausforderung nicht vorbereitet sind. Schon mit den Aufgaben, die wir der Verwaltung in der Vergangenheit aufgehalst haben, waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Grenze. Wir müssen jetzt aufrüsten: konzeptionell, bei den Managementkapazitäten, personell, finanziell, in jeder Hinsicht.

Die CDU fordert eine Entwicklungsgesellschaft.

Das ist zu diesem Zeitpunkt und für diese Aufgabe nicht das richtige Mittel. Es muss schnell gehen. Von epischen Debatten über die Gründung einer Entwicklungsgesellschaft rate ich ab.

Wir haben die WFB, die in der Vergangenheit unter anderem die Überseestadt entwickelt hat. Wir haben das Bauressort. Ist das nicht genügend Kompetenz?

Nein, das reicht nicht aus. Wegen der Bedeutung und der Struktur der Projekte lassen sich die Aufgaben nicht von einem Ressort oder einer Gesellschaft alleine lösen. Also ist das oberste Gebot, die Dinge zusammenzufassen und die Reibungen und Gegensätze aus der Welt zu schaffen. Beginnend beim Wirtschaftskabinett im Rathaus, das den Investoren auf Augenhöhe gegenübertritt, über die entscheidenden Leute und Abteilungen in der Verwaltung, bis zu einer speziellen Truppe, die sich um nichts anderes kümmert.

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Wie kann es sein, dass Bremen so eine Struktur für die Entwicklung der Innenstadt erst aufbauen muss. Warum ist sie nicht schon lange vorhanden?

Die letzte Ursache liegt in unserer Verfassung, die es uns Bremern schwer macht, Macht zu fokussieren. Aber es gab immer wieder Anläufe. Zum Beispiel beim großen Umbau der wichtigsten Einkaufsstraßen vor 15 Jahren. Die Ergebnisse waren aber bescheiden. Die City hat sich wirtschaftlich nur in sehr kleinen Schritten bewegt. Wir hatten das Wachstum an der Peripherie durch die großen Center und in der Innenstadt ein ungesundes Übergewicht der drei großen Warenhäuser. Karstadt, Kaufhof und C&A machen mehr als 50 Prozent der Einzelhandelsfläche in der City aus – ein Schlagschatten, der dem Rest das Leben nicht gerade einfach gemacht hat.

Der Wirtschaftssenator hat mal gesagt, die Innenstadt sei vergiftet . . .

. . . eine sehr unglückliche Formulierung. Aber es stimmt, es konnte eine lange Zeit wegen der ungünstigen Konstellation nichts vorangehen. Gift gibt es jetzt nicht mehr. Jetzt gibt es Hoffnung auf einen großen Entwicklungsschub. Ganz entscheidend wird aber sein, ob Kurt Zech seine Pläne verwirklichen kann.

Kann er?

Ich bin hoffnungsfroh. Aber einfach ist das nicht. Herr Zech hat ein großes Versprechen gegeben: „Wenn ich das Parkhaus-Mitte kaufen kann, sorge ich dafür, dass die entscheidenden kommerziellen Player – Karstadt und Kaufhof – bei der großen Erneuerung mitmachen.“ Die Stadt wird ihren Anteil liefern. Da bin ich mir sicher. Jetzt müssen wir die Dinge mit dem Parkhaus und dem Baurecht voreinander kriegen. Sauber, rechtssicher und schnell.

Ob Kaufhof mitmacht, ist alles andere als sicher.

Und ohne den Kaufhof wird es nicht gehen. Nur wenn die Eigentümer und Mieter des Kaufhofs einsteigen, platzt der Knoten. Ob die Hudson‘s Bay Company (HBC) Lust auf das Projekt hat, darf man bezweifeln. Mag sein, dass sie irgendwann müssen. Oder alles muss warten, bis der Mietvertrag in ein paar Jahren ausläuft. Die andere Variante wäre, dass Herr Benko, der Eigentümer von Karstadt, seinen Traum von der deutschen Warenhaus AG wahr macht und HBC den Kaufhof abkauft.

Das sind Prozesse, die Bremen nur beobachten kann. Die Stadt kommt erst dann ins Spiel, wenn geplant und gebaut wird. Doch darf man solche Umwälzungen, die viele Jahrzehnte wirken, nur fachlich begleiten? Müsste es nicht eine Verständigung in der gesamten Gesellschaft geben?

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es ist doch weltfremd zu glauben, es brauchen nur die üblichen Verdächtigen einer Meinung sein, und dann läuft das schon. Die Zukunft der Innenstadt ist eine öffentliche Angelegenheit. Über dieses Thema werden wir nach allen Regeln der Kunst öffentlich beraten. Unser Ziel ist eine Allianz, die weit über das bisschen Politik und Verwaltung hinausgeht. Dafür legen wir jetzt das Fundament. Das Parlament spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Auch damit wollen wir in den nächsten Monaten vorankommen.

Das Gespräch führte Jürgen Hinrichs.

Zur Person:

Robert Bücking ist baupolitischer Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft. Der 65-Jährige wollte Bausenator werden, scheiterte aber an Amtsinhaber Joachim Lohse, der ebenfalls bei den Grünen ist.

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