Das Parken bereitet Rainald Rolfes, Anwohner des Steintorviertels, aktuell Kopfzerbrechen. Das Problem: Er ist Motorradfahrer. Und damit kann er, anders als Pkw-Besitzer, keinen Anwohnerparkausweis für sein Fahrzeug beantragen. Stattdessen soll er jedes Mal, wenn er seine rote Honda CB 500 vor seiner Haustür abstellen muss, einen Parkschein lösen.
Der Reihe nach: Als das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) 2020 das Bewohnerparken im Viertel einführte, wollte Rainald Rolfes den grünen Parkausweis beantragen. Das ASV reagierte mit folgendem Hinweis: "Für Motorräder müssen keine Ausweise beantragt werden." Zwei Jahre lang parkte Rolfes sein Fahrzeug unbehelligt in der Nähe seiner Wohnung. Im November 2022 sollte er plötzlich ein Verwarnungsgeld zahlen mit der Begründung, er habe im Parkscheinbereich ohne gültigen Parkschein geparkt. Auch Nachbarn mit Motorrädern oder Rollern erhielten Post vom Ordnungsamt.
Rolfes wandte sich mit der Beschwerde, dass Motorräder vom Bewohnerparken ausgenommen seien, an Insa Sommer, Bürgerbeauftragte der Senatskanzlei. Im Dezember erhielt er die Rückmeldung, dass das Verkehrsressort an einer Lösung arbeite.
Auf Nachfrage beim Verkehrsamt verwies das ASV auf eine Erläuterung auf seiner Homepage: "Motorräder dürfen im Bewohnergebiet ohne Parkschein parken. Dieses gilt nicht für Parkscheinautomaten/Parkuhren innerhalb der Bewirtschaftungszeiten und nicht auf gekennzeichneten Parkplätzen." Aus Rolfes Sicht sprachlicher Nonsens und darum auch juristisch unhaltbar. "Ein Motorrad ist kein Parkscheinautomat", so der 65-Jährige, der die Zahlung des Verwarnungsgeldes per Anhörungsbogen ablehnte. Außerdem sei fraglich, wo ein Parkticket an einem Motorrad befestigt werden soll.
Auf Rolfes Anfrage stellte Michael Jonitz, Vorsitzender der CDU Mitte/Östliche Vorstadt, bei der Mobilitätsdeputation eine Berichtsbitte. Die Antwort der Senatorin: Bewohner, die ihr Motorrad in ihrem Wohngebiet abstellen wollten, müssten ein Kurzzeitparkticket lösen. "In der Konsequenz bedeutet das, dass man nach zwei Stunden sein Fahrzeug aus dem Bewohnerparkgebiet entfernen muss. Somit wird man zum Kurzzeitbewohner", bemerkt Rolfes.
Laut der Senatorin gibt es kein Bewohnerparken für Motorräder, weil der "Bedarf nicht als relevant eingeschätzt" wurde. Hier werde nun "nachgesteuert": Es sei geplant, dass Motorradhalter einen Bewohnerparkausweis beantragen können – das stimme die Verkehrssenatorin derzeit mit dem ASV und dem Ordnungsamt ab. Eine Übergangslösung sei nicht notwendig, weil "man ja ein Ticket lösen könne", wird die Senatorin von Jonitz zitiert. "Ich kann nicht nachvollziehen, wo der grundlegende Unterschied zwischen vier und zwei Rädern sein soll und warum es jetzt einer solchen Arbeitsgruppe bedarf", so der CDU-Deputierte.
Um nicht weiter wegen Falschparkens zur Kasse gebeten zu werden, parkt Rolfes sein Motorrad nun bei seinem Bruder in Findorff. Ende Dezember kam eine erneute Zahlungsaufforderung, diesmal mit Bußgeldbescheid. Rolfes zufolge hat ein Nachbar die Forderung beglichen, um keine juristischen Scherereien zu haben. Schätzungsweise zehn Motorradfahrer wohnten in seiner Nachbarschaft.
Das Bußgeldverfahren von Rolfes liegt bei der Staatsanwaltschaft, und er wäre zur Not bereit, vor Gericht zu ziehen. "Ich vertraue der Justiz und gehe davon aus, dass ein Richter auch erkennt, dass die Verwarnung nicht rechtmäßig ist", so Rolfes.