Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Trotz Lehrermangels in Bremen Warum eine Gruppe angehender Referendare keine Stelle findet

Im Vertrauen auf die Zusage von Bildungssenatorin Sascha Aulepp, keinen Referendar ziehen zu lassen, haben einige Anwärter voll auf Bremen gesetzt – und sind teils extra hergezogen. Offenbar bislang umsonst.
13.08.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Warum eine Gruppe angehender Referendare keine Stelle findet
Von Frank Hethey

Eine Gruppe angehender Referendare versteht die Welt nicht mehr. "Ehrlich gesagt, sind wir verzweifelt, enttäuscht und frustriert", schreiben sie in einem offenen Brief an fast alle Bürgerschaftsfraktionen, die Bildungsgewerkschaft GEW und den Zentralelternbeirat. Der Grund: Bislang hätten sie bei ihren Bewerbungen auf einen Referendariatsplatz nur Absagen kassiert, teils bis zu viermal. Dabei habe Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) mehrfach sehr deutlich gesagt, dass Bremen keinen Referendar ziehen lassen werde. "Darauf haben wir uns verlassen!"

Eines ist den Nachwuchslehrern, die lieber anonym bleiben möchten, gemeinsam: Sie haben allesamt Philosophie studiert. Als zweites Fach aber auch Mathematik, Deutsch oder Geografie. Gleichwohl erweist sich die Fächerkombination mit Philosophie jetzt als fatal. Dafür stünden nicht ausreichend Plätze zur Verfügung, laute die Begründung für die Absagen, schreiben die Verfasser des offenen Briefs. Denn: Bremen habe nur vier Philosophieplätze zu vergeben. Philosophie werde nur in sehr wenigen Bremer Schulen in der Oberstufe unterrichtet, bestätigt Patricia Brandt, Sprecherin der Bildungsbehörde. "Wir haben keine Kapazitäten frei, weil Philosophie kein Pflichtfach ist."

Unterdessen verweisen die angehenden Referendare auf den chronischen Lehrkräftemangel in Bremen. "Ferner eröffnen wir vier neue Schulen, für die Lehrkräfte benötigt werden, wie passt das zusammen?", fragen die Junglehrer. Gar nicht zusammen passt nach Ansicht der Gruppe noch etwas anderes. Nämlich, dass die Bildungsbehörde bei Quereinsteigern flexibel sei, aber nicht bei jungen Frauen und Männern, die auf Lehramt studiert haben. "Es ist außerordentlich zu begrüßen", schreiben die Nachwuchslehrer, "dass viel für Quereinsteiger getan wird, nichtsdestotrotz erwarten auch wir ein Entgegenkommen." Aktuell werde ihnen das Referendariat und damit der Abschluss der Ausbildung verweigert.

Lesen Sie auch

Für einen Referendariatsplatz würden die Nachwuchslehrer einige Abstriche in Kauf nehmen. "Wir erklären hiermit, dass wir gern bereit sind, unser Referendariat auch nur in einem Fach zu absolvieren und auch an anderen Schulformen." Vielleicht sei es an der Zeit, eingefahrene Wege zu verlassen und kreativ zu werden, mahnt die Gruppe – was offenbar heißen soll: so, wie bei den Quereinsteigern, die im Programm "Back to School" auch nur ein Fach statt der obligatorischen zwei unterrichten. "Wir hoffen auf unbürokratische Lösungen."

Einfacher gesagt als getan, signalisiert die Bildungsbehörde. Ins "Back to School"-Programm könnten diese angehenden Referendare nicht aufgenommen werden, weil sie das Erste Staatsexamen schon hinter sich hätten. Allerdings sieht die Behörde eine andere Beschäftigungsperspektive. "Wir bieten an, sie als Tarifbeschäftigte einzustellen, bis sie in Bremen in den Vorbereitungsdienst gehen können", sagt Brandt. Entweder in der Stadtteilschule oder direkt bei der Bildungsbehörde. "Da müsste man gucken, was individuell möglich ist."

Lesen Sie auch

Nach eigenem Bekunden haben die angehenden Referendare trotz der schwierigen Corona-Zeit ihr Studium zumeist in der Regelstudienzeit mit guten oder sehr guten Masternoten abgeschlossen. Im Vertrauen auf Aulepps Zusicherung, keinen Referendar ziehen zu lassen, seien einige von ihnen extra nach Bremen gezogen. "Einen weiteren Umzug können wir uns finanziell nicht leisten." Die meisten von ihnen unterrichten derzeit an der Stadtteilschule. Das sei "eigentlich absurd", schreiben sie. Denn: "Wir sind als vollverantwortliche Lehrer angestellt und haben zum Teil eigene Klassen, ohne unsere Ausbildung beendet zu haben."

Noch absurder wird es nach Angabe der Verfasser, wenn man als Leiharbeiter die Stadtteilschule nach 18 Monaten verlassen muss, ohne einen Referendariatsplatz zu haben. "Dann muss man sich einen anderen Job in einer anderen Branche suchen, was tatsächlich sinnbefreit ist."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)