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An der Weser Frust wegen schleppender Fortschritte beim Bremer "Arisierungsmahnmal"

Im September 2023 wurde das "Arisierungsmahnmal" eingeweiht. Die eingedrungene Feuchtigkeit ist mittlerweile verschwunden, dafür fehlt aber noch immer der Infotext.
12.02.2024, 05:00 Uhr
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Frust wegen schleppender Fortschritte beim Bremer
Von Frank Hethey

So richtig glücklich sind Henning Bleyl und Evin Oettingshausen mit dem Zustand des sogenannten Arisierungsmahnmals an der Wilhelm-Kaisen-Brücke nicht. Neuerdings verunziert eine Schmiererei das Mahnmal, von der angekündigten Infotafel ist nichts zu sehen. "Außer unermüdlich bei den Verantwortlichen nachzufragen, haben wir leider nichts zu einer Veränderung beitragen können", sagen der Initiator des Mahnmalprojekts und die Architektin, die den Entwurf vorgelegt hat.

Besonders verärgert sind die beiden über den "immer noch" fehlenden Tafeltext. "Das ist uns bis heute absolut unbegreiflich", schreiben Bleyl und Oettingshausen auf der Website "www.geraubt.de". Nach ihrer Angabe hapert es daran, dass es in der Stadt Bremen bisher keine standardisierten Verfahren gab, um einen Text im öffentlichen Raum zu genehmigen. "Bereits im März 2023 haben wir diese Frage bei den Verantwortlichen aufgeworfen."

Geteilt wird ihr Frust von Ulrich Havemann und Angelika Bruns. Bereits im Dezember forderten sie in einem offenen Brief an die zuständigen Stellen, schnellstmöglichst nachzubessern. "Sonst bleibt die Bedeutung des Mahnmals nur wenigen Insidern bekannt" – nämlich, dass mit dem Mahnmal an die "Arisierung" jüdischen Eigentums während des Nationalsozialismus erinnert werden soll. Konkret: an eine staatliche Raubaktion unter Beteiligung Bremer Speditionsunternehmen, die jüdischen Möbeln und Hausratsgegenständen galt.   

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Doch nun scheint Bewegung in die Angelegenheit zu kommen. Laut Kulturbehörde liegt ein Textvorschlag vor. "Die Infotafel ist im Werden", sagt Ressortsprecher Werner Wick. Allerdings müssten die Beteiligten noch ihren Segen geben. Zu erwarten sind dann zwei Infotafeln, eine am oberen Sichtfenster, eine im unteren Bereich auf der Weserpromenade. Für unten ist keine Tafel am Gemäuer vorgesehen, sondern eine Stele. Die müsse aber noch hergestellt und platziert werden. "Und das geht erst, wenn gewährleistet ist, dass die Weser nicht übers Ufer tritt." Also nach Ende der Hochwassersaison im Frühjahr.  

Auch die anderen Mängel sind Wick zufolge behoben – und wenn nicht, ist Abhilfe in Sicht. Das begehbare Deckenfenster sei jetzt wasserdicht. Zur Erinnerung: Wegen eindringender Feuchtigkeit beschlugen die Sichtfenster, der Blick auf die Möbelabdrücke an den Betonwänden war verwehrt. Es müsse jedoch Vorsorge getroffen werden gegen Feuchtigkeit im Innenraum, sagt Wick. Dafür gebe es eine Lüftungsanlage und eine Art Fußbodenheizung. "Der Innenraum muss zu gewissen Zeiten temperiert werden."

Das Graffiti in Richtung Treppenaufgang soll so bald wie möglich verschwinden. Ein entsprechender Auftrag ist laut Wick erteilt worden. Dass es zu solchen Verunzierungen kommen würde, sei vorauszusehen gewesen. Daher habe man das Bauwerk vorsorglich mit einer Schutzschicht versehen. "Eben damit Schmierereien möglichst schnell wieder entfernt werden können."

Das wird Bleyl und Oettingshausen freuen. Waren sie doch bisher in Eigeninitiative tätig, um das Mahnmal in einem halbwegs würdigen Zustand zu erhalten. Mit Spachtel und Putzzeug habe man in den vergangenen Monaten einige Aufkleber und Farbe von den Fenstern und Rahmen geschrubbt, heißt es auf ihrem Internetportal. "Die Entfernung von großflächigen Farbfeldern auf dem Stein kann aber nur die Stadt leisten –und das ist auch ihre Aufgabe."

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Für den Unmut über die Baumängel bringt die Kulturbehörde Verständnis auf. "Der Zustand des Mahnmals ist für uns genauso wenig zufriedenstellend wie für die Öffentlichkeit", sagt Wick. Trotz der Pannen lasse sich aber positiv verbuchen, dass es zumindest im unteren Bereich keinen Wassereinbruch gegeben habe. Wick verweist auf die jüngste Überschwemmung. "Da stand das Wasser bis an die Stufen. Aber die dicken Gläser der Sichtfenster haben gehalten." 

Am 21. Februar steht das Mahnmal auf der Tagesordnung der Kulturdeputation. Wie berichtet, hat Claas Rohmeyer (CDU) die Kulturbehörde um einen Bericht gebeten. Rohmeyer will nicht nur wissen, warum vor der öffentlichen Übergabe im September 2023 keine Überprüfung auf einen tadellosen baulichen Zustand vorgenommen wurde. Sondern auch, welche Ämter und Behörden bei der Behebung der Mängel beteiligt waren und welche weiteren Kosten dadurch entstanden sind. Insgesamt hat das Mahnmal rund 540.000 Euro gekostet, davon wurden 62.000 Euro von Privatpersonen beigesteuert.

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