Der Bremer Senat hat sich festgelegt: In das leere Gebäude der Landesbank am Domshof soll die Universität einziehen – und das am besten schon im Jahr 2025. Der 2016 fertiggestellte Neubau befindet sich im besten Zustand, durch die modulare Bauweise sind Anpassungen der Räumlichkeiten vergleichsweise einfach umzusetzen. Aktuell verhandelt das Land Bremen über einen langfristigen Mietvertrag.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hofft wie berichtet auf neue Impulse für die Innenstadt, Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt verspricht sich neue Möglichkeiten für die Entwicklung des Technologieparks in Horn-Lehe. Über die Auswirkungen für Studenten hat die Landesregierung bisher wenig gesprochen, was bereits heftige Kritik des Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) provozierte. Wie kommen die Pläne des Senats bei den Studenten an? Vor der Mensa am Uni-Boulevard ergibt sich dazu ein kontroverses Meinungsbild.

Für Jan Woiton ist der City-Campus eine gute Idee.
"Ich finde, die Idee ist richtig gut", sagt Jan Woiton. Der 27-Jährige studiert Wirtschaftsinformatik und will im kommenden Jahr seine Bachelorarbeit schreiben. Er hat Kommilitonen, die in Bremerhaven wohnen. Diese müssen aktuell vom Hauptbahnhof noch einmal etwa 20 Minuten mit der Straßenbahn fahren, um die Universität zu erreichen. "Zu einem City-Campus wäre der Weg für sie deutlich kürzer, das wäre ein großer Vorteil", meint Woiton.
Sein Studium verteilt sich auf zwei Fachbereiche: Die Wirtschaftswissenschaften sowie Mathematik und Informatik. "Wenn nur einer der beiden Fachbereiche umziehen würde, müsste ich pendeln", erklärt Woiton. Das sei ein Nachteil. Als Informatiker kann er sich aber auch eine technische Lösung für dieses Problem vorstellen: "Mit einer Online-Übertragung der Seminare könnten auch Studenten teilnehmen, die es nicht rechtzeitig zum anderen Standort schaffen."

Olumide Oladoyin kommt aus Nigeria und ist vom Konzept einer Campus-Uni am Stadtrand überzeugt.
Fundamentale Kritik an der Idee des Senats äußert hingegen Olumide Olandoyin. Seinen Bachelor hat der 39-Jährige in Nigeria gemacht, für den Master in Business Administration ist er nun nach Bremen gekommen. "In der Innenstadt gibt es zu viel Ablenkung. An einer Campus-Universität am Stadtrand kann man sein Studium fokussierter verfolgen", argumentiert Olandoyin auf Englisch.
Der Nigerianer ist auch davon überzeugt, dass ein anderer akademischer Geist entsteht, wenn alle Studenten gemeinsam an einem Ort lernen und leben. "Der Campus der University of Ibadan ist wie eine eigene Stadt. Sie hat einen Zoo, zwei Grundschulen und zwei weiterführende Schulen", berichtet er von der Universität in seiner Heimat. Seine Empfehlung für Bremen ist deshalb eindeutig: Die Universität sollte mit allen Studenten am Stadtrand bleiben.
Auch Sophia Holle und Johanna Tramm, die gemeinsam Betriebswirtschaftslehre studieren, beurteilen den Plan des Senats skeptisch. "Ich finde es gut, dass hier alle Einrichtungen an einem Campus sind. Das war für mich ein wichtiges Argument für diese Uni", sagt die 22-jährige Holle.
Für beide Frauen ist die besondere Lage in der historischen Altstadt kein besonderes Argument für einen City-Campus. "Mir würde nicht einfallen, in einer Pause shoppen zu gehen", unterstreicht Holle. Vermutlich würde sie ihre Zeit in den Räumen der Universität verbringen, um abseits der Seminare zu lernen oder die Mensa zu besuchen.

Für Sophia Holle (links) und Johanna Tramm hätte ein neuer Campus in der Innenstadt keine Vorteile.
Auch die Nähe zur Discomeile und die kürzeren Wege zu den Bars des Viertels und der Neustadt können die jungen Frauen nicht von der Idee City-Campus überzeugen. "Vor einer Party gehe ich nach der Uni immer zumindest kurz nach Hause. Deshalb macht es keinen großen Unterschied, wenn die Vorlesungen in der Innenstadt stattfinden", erklärt die 21-jährige Johanna Tramm.
Von den Studenten, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, sagen auch viele, dass sie sich zum City-Campus noch keine Meinung gebildet haben. "Ich mache meinen Abschluss im nächsten Jahr, warum soll ich mich damit noch beschäftigen?", sagt zum Beispiel eine Studentin in der Mittagspause. Von ihren drei Freundinnen erntet sie dafür nickende Zustimmung.