Wie sicher sind die Bremer Innenstadt und das Viertel? Geschäftsinhaber sehen eine negative Entwicklung. Sie verweisen auf Einbruchsserien, Drogenhandel und eine ihrer Ansicht nach zunehmende Verschmutzung des öffentlichen Raums. Wie berichtet, plant die Handelskammer Bremen deswegen einen Runden Tisch mit Vertretern verschiedener Fachbehörden. Kammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger forderte vergangene Woche im Interview mit dem WESER-KURIER: „In Zukunft muss mit Sicherheit der Fokus wieder mehr darauf gelegt werden, dass die große Mehrheit der Bevölkerung und auch die Unternehmen die Stadt als sicher und sauber empfinden.“
Die Reaktionen auf den Vorstoß der Handelskammer fallen überwiegend positiv aus. Die Behörden von Sozialsenatorin Claudia Schilling und Innensenator Ulrich Mäurer (beide SPD) werden eigenen Angaben zufolge an den Gesprächen teilnehmen. Die Wirtschaftsbehörde um Senatorin Kristina Vogt (Linke) hat laut Fonger ebenfalls Interesse signalisiert. Alle Beteiligten betonen übereinstimmend, dass es sich um ein komplexes Thema handele. Zwei Grundannahmen der Handelskammer werden weitestgehend ähnlich eingeschätzt. Erstens: Sicherheitsprobleme verlagern sich an andere Orte beziehungsweise werden an bestimmten Orten auffälliger. Zweitens: Es gibt bestimmte Faktoren, die neue Probleme verursachen und neue Lösungsansätze erforderlich machen.
Kurzum: Es sei sinnvoll, sich zusammenzusetzen, sagt Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts. Er verweist zum Beispiel auf die Veränderungen in der Bremer Drogenszene. Das zunehmend dominierende Crack bringe ein neues Konsumverhalten hervor. Abhängige konsumieren die Droge – verglichen zum Beispiel mit Heroin – in deutlich kürzeren Abständen. Es sei schwierig, diese Menschen zu erreichen und in Hilfsprogramme zu bringen, so Schneider. Substitution, also einen Ersatzstoff wie Methadon für Heroinabhängige, gibt es für Crack bisher nicht.
Das aktivere Konsumverhalten ist laut Schneider ein Grund dafür, dass die Drogenszene sichtbarer geworden sei. Zudem seien ehemalige „Schlupfwinkel“ der Szene nicht mehr vorhanden – er nennt den Bereich um den Güterbahnhof als Beispiel. Die Verdrängung der Drogenszene vom Bremer Hauptbahnhof hat bereits zu Problemen in anderen Stadtteilen geführt (wir berichteten). All diese Entwicklungen seien relativ neu, der Runde Tisch könnte laut Schneider eine gute Gelegenheit sein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Polizei-Gewerkschaft beklagt Personalmangel
Was für die Drogenszene gilt, gilt nach Ansicht von Nils Winter für das Thema Sicherheit im Allgemeinen: Geht man an einer Stelle verstärkt gegen ein Problem vor, verlagert es sich. Winter, Bremer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), verweist in diesem Zusammenhang erneut auf die Personalsituation bei der Bremer Polizei. Es sei schwierig, alle Brennpunkte abzudecken. Die Handelskammer fordert für das Viertel als „wichtige Sofortmaßnahme“ eine stärkere Polizeipräsenz, weil örtliche Gastronomen und Geschäftsinhaber einen Anstieg der Kriminalität beklagen. Die Polizei habe ihre Präsenz im Viertel bereits verstärkt, sagt Winter. Dafür würden woanders Lücken gerissen, andere Stadtteile mitunter vernachlässigt. Der GdP-Vorsitzende erinnert an die 330.000 Überstunden, die die Bremer Polizei weiter vor sich herschiebe. Zudem sei er wenig zuversichtlich, dass man in diesem Herbst alle offenen Ausbildungsstellen besetzen könne. Ein Grund dafür laut Winter: der abnehmende Respekt gegenüber Polizisten.
Dass man die Probleme in der Innenstadt und im Viertel ganzheitlich betrachten müsse, betonen alle Beteiligten. Ressortübergreifende Gesprächskreise, wie sie die Handelskammer plant, sind an anderer Stelle bereits etabliert. Die Innenbehörde verweist zum Beispiel auf die „Task Force Viertel“, in der neben mehreren senatorischen Behörden auch die Polizei, das Amt für Straßen und Verkehr und die Bremer Stadtreinigung versammelt seien. Das nächste Treffen stehe bereits im September an, so Behördensprecherin Karin Stroink.
Eine zuletzt gestiegene Zahl von Einbrüchen im Viertel bestätigt Stroink – die Polizei habe schon Ermittlungserfolge erzielen können. Zudem seien weitere „Schwerpunktmaßnahmen“ geplant. Ein weiterer Runder Tisch, der sich mit der Bremer Innenstadt beschäftigt, existiert ebenfalls bereits. Beteiligt ist zum Beispiel die Bremer City-Initiative. Die erste Runde des neuen Gesprächskreises plant die Handelskammer laut Fonger für September. Er wünsche sich, dass aus den Gesprächen auch politische Ansätze entstünden, hatte der Kammer-Geschäftsführer zuletzt betont.