Der geplante Ausbau der A 27 zwischen der Überseestadt und dem Bremer Kreuz sorgt weiter für Diskussionen. Gegenüber stehen sich dabei nicht nur verschiedene Parteien, Wirtschaftsverbände und Umweltorganisationen – teilweise gibt es auch intern unterschiedliche Ansichten darüber, ob das Projekt realisiert werden sollte. Das gilt vor allem für die Bremer SPD. Der Vorsitzende der Bürgerschaftsfraktion, Mustafa Güngör, hat sich für den Ausbau ausgesprochen.
Damit bewegt er sich nicht nur konträr zu den linken und grünen Koalitionspartnern, sondern bekommt auch innerhalb der Partei Gegenwind. So hat der SPD-Unterbezirk Bremen Stadt auf seinem Parteitag vor gut einer Woche mit großer Mehrheit einen Antrag beschlossen, der sich gegen die Verbreiterung der Autobahn richtet.
„Verzicht auf den sechsspurigen Ausbau der A 27, bis der Ringschluss der A 281 fertiggestellt ist. Anschließend ist vor dem Hintergrund einer dann zu erstellenden neuen Bedarfsfeststellung erneut über den Ausbau der A 27 zu entscheiden“, heißt es im Beschlussbericht. Der Punkt gehört zu einer Liste von Forderungen, die der UB an Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) richtet. Auch ein beschleunigter Bau des Wesertunnels im Zuge des A 281-Ringschlusses ist darin enthalten. Der übergeordnete Antrag trägt den Titel „Augen auf! Kritische Verkehrsinfrastruktur in Bremen“. Eingebracht hat ihn der Arbeitskreis Klima und Umwelt.
Parteibasis sieht andere Prioritäten
Die Parteibasis räume der Sanierung bestehender Infrastruktur die größere Priorität ein, sagt Arbeitskreis-Sprecherin Bianca Wenke. Ziel müsse es sein, die personellen und finanziellen Ressourcen des Bundes für die wichtigsten Projekte zu verwenden – Wenke nennt die A 281 und die Weserbrücken als Beispiele. Sie verweist auf die Probleme, die der Ausbau der A 27 mit sich bringe: Für Wohnhäuser in dem entsprechenden Abschnitt müsse der Lärmschutz neu geplant werden, zudem gebe es Naturschutzgebiete entlang der Strecke. Nicht zuletzt stellt Wenke, wie andere Kritiker auch, die verkehrliche Notwendigkeit des Ausbaus infrage. „Wir haben kaum Staus dort“, sagt sie.
Als Streit will Wenke die unterschiedlichen Ansichten von Fraktion und Parteibasis nicht verstanden wissen. Dass es auch innerhalb einer Partei unterschiedliche Ansichten zu einem Thema gebe, sei nicht ungewöhnlich. Zudem habe der UB Bremen-Stadt den Ausbau der A 27 ja nicht absolut abgelehnt, sondern dafür plädiert, abzuwarten. Auch Güngör zeigt sich auf Nachfrage diplomatisch. „Dass der Ringschluss der A 281 und die Lesumbrücke klar wichtiger sind als der sechsspurige Ausbau der A 27, ist unbestritten. Das sehe ich auch so“, sagt der Fraktionschef. Aber: „Der Bund hat auf Grundlage der bestehenden Beschlusslage in Bremen eine Entscheidung getroffen, den Ausbau der A 27 beschleunigen zu wollen.“
Komplettiert wird die Bandbreite unterschiedlicher Haltungen durch die sozialdemokratischen Senatsmitglieder. Bürgermeister Andreas Bovenschulte wollte zuletzt mit Verweis auf die Zuständigkeit des Verkehrsressorts keine Stellung beziehen. Senatorin Ünsal hat sich bislang nicht eindeutig für oder gegen den Ausbau positioniert. "Mit Blick auf die Erreichbarkeit der Häfen ist die Leistungsfähigkeit der Autobahn 27 ein wichtiger Punkt", hatte ein Sprecher ihres Ressorts im Oktober gesagt. Gleichzeitig gelte es, „die konkrete räumliche Situation sehr sorgfältig zu prüfen“. Einen Austausch Bremens mit dem Bund zu dem Thema habe es seines Wissens in den vergangenen Wochen nicht gegeben, sagte der Sprecher am Freitag auf Nachfrage.
Bekannt ist, dass das Land Bremen gegen die Aufnahme der A 27 in das sogenannte Planungsbeschleunigungsgesetz keine Einwände vorgebracht beziehungsweise sich inhaltlich nicht geäußert hat. Das geht auch aus einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums hervor, das dem WESER-KURIER vorliegt. Die Bremer Verkehrsbehörde sieht darin allerdings kein Versäumnis.
Verkehrsstaatsrat Ralph Baumheier hatte den Ablauf in der zuständigen Fachdeputation zuletzt wie folgt erklärt: Im Frühjahr, als der Bund die Überlegungen zur Planungsbeschleunigung auf den Weg gebracht habe, sei Bremen um eine Einschätzung zur A 27 gebeten worden. Der Senat habe um eine Fristverlängerung gebeten, dann sei die Liste allerdings aus dem Gesetzgebungsverfahren herausgenommen worden. Die einzelnen Projekte, so der Plan, hätten laut Baumheier stattdessen im Herbst separat mit den Ländern abgestimmt werden sollen. Diese Abstimmung habe jedoch nie stattgefunden.