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- Umwelt
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- Inneres
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Finanzen
Beim Geld hat der rot-grün-rote Senat in den vergangenen Jahren eine Kehrtwende vollzogen. War die Haushaltspolitik unter der langjährigen Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) seit 2011 ganz der Reduzierung der Neuverschuldung und Sanierung der Landesfinanzen verpflichtet, so legte die Regierung Bovenschulte den Hebel um – zum Teil gezwungenermaßen, aber sehr entschieden.
Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ließ man sich vom Landtag einen 1,2 Milliarden Euro umfassenden Bremen-Fonds bewilligen, aus dem auch Projekte bezahlt wurden, bei denen sich, so die Kritik, ein Pandemiebezug nur mit einiger Fantasie herleiten lässt. Parallel wurde der öffentliche Dienst, der unter Linnert zusammengespart wurde, wieder deutlich aufgestockt. Mit dem gerade beschlossenen, drei Milliarden Euro schweren Klima- und Energiekrisenpaket lässt der Senat ein weiteres Kapitel expansiver Finanzpolitik folgen.
All dies wird seinen Preis haben. Der Abtrag von Bremen-Fonds, Klima- und Krisenfonds sowie die 2020 begonnene Rückzahlung der Altschulden werden sich jährlich auf mehr als 200 Millionen summieren. Das engt die Spielräume künftiger Senate ein. Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) muss das nicht mehr kümmern: Er geht im Sommer in Rente.
Bau
Bremen braucht dringend neue Wohnungen, besonders solche, die günstig zu mieten sind. Das ist in bald jeder Stadt so. Die Koalition hatte sich zum Ziel gesetzt, die planerischen Grundlagen für 10.000 Einheiten zu schaffen. Das ist ihr nach eigener Darstellung gelungen. Nicht verwechselt werden darf das mit der Genehmigung und dem Bau der Wohnungen. Hier sieht es so aus: In den drei Jahren von 2019 bis 2021 gab es nach Angaben der Baubehörde 4877 Fertigstellungen. Für das Jahr 2022 liegt bislang die Zahl der Genehmigungen vor, das sind 1467.
Als herausragend gelten zum Beispiel die Projekte in der Überseestadt, am Europahafen und auf der Überseeinsel. Außerdem das Tabakquartier in Woltmershausen, die Gartenstadt Werdersee, das Mondelez-Quartier in der vorderen Neustadt und der Ellener Hof in Osterholz. Einen weiteren Schub dürften die Wohnbaupläne im Hulsberg-Quartier bringen. In Bremen-Nord ist es vor allem das Steingut-Areal, das Speicherquartier im Vegesacker Hafen und die kleineren Vorhaben Schönebecker Tor und Strandlust. Für geförderte Wohnungen sorgt insbesondere die Gewoba, aktuell im Bau sind nach Angaben des Unternehmens knapp 250 Einheiten, an den Start gehen in diesem Jahr demnach noch einmal so viele.
Kultur
Im Kulturressort stand die vergangenen Jahre vor allem ein Thema ganz oben auf der Prioritätenliste: das Tabakquartier. Die Bremer Philharmoniker sind mittlerweile nach Woltmershausen umgezogen, auch das Zentrum für Kunst feierte bereits seine Eröffnung und wartet nun darauf, von Kreativen bezogen zu werden. Auch wegen Corona hat alles länger gedauert, als es eigentlich sollte, doch das Mammutprojekt ist auf einem guten Weg. Ein Problem bleibt allerdings die schlechte Verkehrsanbindung, die keine unwichtige Rolle beim Erfolg oder Misserfolg des neuen Kultur-Hotspots spielen wird.
Und es gibt ein anderes Bauprojekt, das zwar lange geplant war, nun aber wohl komplett auf Eis gelegt ist: Das im Rahmen des Ausbaus des Focke-Museums vorgesehene Bürgerforum – ein Flachdachneubau mit 400 Quadratmetern, der ein Foyer, einen Multifunktionsraum und ein Café beherbergen sollte. Die Begründung für das Aus des Bürgerforums: gestiegene Baukosten, für die einfach kein Geld da ist.
Geld da sein wird allerdings für ein ressortübergreifendes Projekt, das von Kritikern gerne als "überteuertes Märchenschloss" und Lieblingsprojekt von Kultursenator und Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bezeichnet wird: das Stadtmusikanten- und Literaturhaus im Kontorhaus am Markt. Diese teure Baustelle wird die Stadt wohl noch länger beschäftigen.
Umwelt
Das bundesweit bisher einmalige Klimaschutzpaket Bremens für 2,5 Milliarden Euro ist als Erfolg für die Regierungskoalition und Senatorin Maike Schaefers (Grüne) Umweltweltressort ausgiebig gefeiert worden. Der russische Krieg in der Ukraine verzögert den Bremer Kohleausstieg: Statt dreier Kohlekraftwerke wurde bislang nur eines stillgelegt.
Gerade im Umweltbereich liegen Probleme und ihre Lösung im Detail – deshalb spielt das Thema Biodiversität eine wichtige Rolle. Flankiert mit einer seit dem vergangenen Sommer besetzten Beauftragten-Stelle, nimmt das Ressort verstärkt Aspekte der biologischen Vielfalt in den Blick. Ein zielführender Schritt ist die Einführung der Weideprämie gewesen, denn im Kuhfladen liegt Lebenskraft – beispielsweise für Insekten.
Harsche Kritik bringen dem Ressort immer wieder umgesetzte, geplante oder, wie im Fall der Deich-Platanen, befürwortete Baumfällungen ein. Die gehen beispielsweise mit umweltrelevanten Themen wie dem Ausbau des Fernwärme- und des Straßenbahnnetzes einher. Oder sie haben zu tun mit der Ausweisung von Gewerbeflächen, wie der an der Hansalinie. Während Kritiker dort den Verlust von 1,5 Hektar Wald beklagen, verweist die Behörde darauf, dass sie 3,5 Hektar habe erhalten können.
Wissenschaft
Vorgenommen hatte sich Bremen einen Ausbau der Hochschulen: Die Studierendenzahlen sollten steigen, das ist im Wissenschaftsplan 2025 formuliert. Doch es kam anders. Angesichts fehlender Mittel im Bremer Haushalt wurde massiv bei den Hochschulen gekürzt. Zumindest flossen 50 Millionen Euro aus Bremens Corona-Fonds an die Hochschulen. Das Ressort will am Wissenschaftsplan festhalten. Mittel dafür sollen sukzessive aus anderen Töpfen kommen. Laut Behörde findet ein Ausbau statt: Neue Studiengänge für Hebammen entstanden an der Hochschule, das Fach Soziale Arbeit startete in Bremerhaven. An der Universität kamen Lehramtsfächer hinzu. Und der Ausbau soll weitergehen.
Ein Großprojekt ist der Umzug eines Teilbereichs der Uni in die Innenstadt. Der Fachbereich Jura mit seinen 1500 Studierenden soll in das Gebäude der Landesbank am Domshof ziehen. Für die angehenden Juristen ist es nicht weit zu den Gerichtssälen. In der Politik erhofft man sich vom Umzug einen Beitrag zur Belebung der City. Ursprünglich war ein Umzug größerer Teile der Uni an den Brill geplant, in das Areal des Sparkassengebäudes. Dazu gab es aber keine Einigung mit den Eigentümern. Zuletzt hieß es selbst mit Blick auf kleinere Wünsche der Hochschulen vom Wissenschaftsressort: Zusätzliche Mittel sind nicht vorhanden. Auch der Umzug der Juristen wird einiges kosten. Geld, das an anderer Stelle im Hochschulbetrieb eingespart werden muss.
Verkehr
Der grünen Verkehrssenatorin Maike Schaefer mangelt es nicht an Ideen. Ihre Ziele mögen in Summe konsequent sein, aber bei der Umsetzung hapert es an mehreren Stellen. Viele größere Projekte wie der Bau der Radpremiumrouten verzögern sich und werden teurer als geplant. Dass die Fahrradbrücken über die Weser immer noch eine Zukunftsvision sind, veranlasst sogar Vereine wie den ADFC zur offenen Kritik am Verkehrsressort, mit dem sie ansonsten viele Ideen teilen.
Auch der ÖPNV hat bislang nicht den gewünschten Stellenwert erreicht – statt Takte zu verdichten, musste die BSAG ihren Fahrplan zuletzt sogar einschränken. Ob das 49-Euro-Ticket dem Bremer Nahverkehr einen entscheidenden Schub gibt, ist noch vollkommen offen. Die langfristige Finanzierung des Tickets ist zudem keinesfalls gesichert. Die Straßenbahn-Erweiterung, zum Beispiel in die Überseestadt, geht nur zögerlich voran.
Parkplätze werden auf absehbare Zeit ein Streitthema bleiben. Egal, wie die Gerichte zum Gehwegparken entscheiden: Die Autos werden nicht so schnell aus der Stadt verschwinden, Raumkonflikte sind unvermeidbar. Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos muss deutlich schneller vorangehen als bislang, wenn Bremen die selbst gesteckten Ziele erreichen will.
Sport
Seit Jahren warten nicht nur die Bremer Schulen, sondern auch die Vertreter der Sportverbände und -vereine auf das Comeback des Studiengangs Sport an der Universität. Das könnte helfen, mehr Übungsleiter an die Sportbasis zu bekommen. Sie werden allseits gesucht, die Pandemie hat zu weiterem Schwund geführt. Nach Auskunft der Uni werden zum Wintersemester 2024/25 die ersten 60 Lehramtsstudenten das Fach Sport belegen können, ein Jahr später wären es 120. Fernziel sei eine Auslastung ab 2028 mit 368 Sport-Studierenden.
Eine Dauerbaustelle bleibt die Sport-Infrastruktur. Es gibt in Summe zu wenig Sportflächen und -hallen, beziehungsweise zu wenig moderne und voll intakte. Außerhalb von Werder fehlt etlichen höherklassig orientierten Vereinen eine attraktive Spielstätte. Die Pläne für eine tribünenbestückte Halle auf dem ehemaligen Rennbahn-Gelände kommen nur schleppend voran. Und auch Bremens Sport-Leuchtturm namens SV Werder weiß weiterhin nicht, ob er sein Leistungszentrum in der Pauliner Marsch bauen darf. Apropos Leuchttürme: Auf der Sportgala Anfang März hat die neue Landessportbund-Präsidentin Eva Quante-Brandt eine bessere Förderung des Spitzensports angemahnt. Dieser Bereich führt in Bremen fast schon traditionell eine Art Mauerblümchendasein.
Gesundheit
Eine immer drängendere Baustelle ist die wohnortnahe medizinische Versorgung: Arztpraxen sind überlaufen, bei Terminen gibt es lange Wartezeiten, Aufnahmestopps für neue Patienten, Ärzte finden keine Nachfolger. Vor allem in sozial benachteiligten Stadtteilen wird das Netz immer löchriger. Die Gesundheitsbehörde von Claudia Bernhard (Linke) hatte als das zentrale Ressort mit der Bewältigung der Pandemie zu tun.
Einiges konnte dennoch auf den Weg gebracht werden: die Einrichtung von Hebammenzentren, die Verstetigung von Gesundheitsfachkräften in den Quartieren, der Aufbau von Gesundheitszentren, etwa im Bremer Westen. Ein Großprojekt soll nun die Einrichtung medizinischer Versorgungszentren (MVZ) sein, in denen Ärzte angestellt sind – und die von der Stadt betrieben werden. Das wird mehrere Millionen Euro kosten, wenn es dazu kommt.
Eine weitere Großbaustelle ist die Landeskrankenhausplanung: Doppel- und Mehrfachstrukturen sollen abgebaut, Behandlungsangebote an Standorten gebündelt werden. Maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft der Kliniken in Bremen und damit die stationäre Versorgung werden die Krankenhausreform-Pläne des Bundesgesundheitsministers haben, die in den Ländern umgesetzt werden müssen.
Justiz
Voll im Zeitplan der bundesweiten Vorgaben liegt das Justizressort bei der Einführung der elektronischen Akte. Anders sieht es dagegen bei der angestrebten personellen „Vollausstattung“ aus, insbesondere bei der Einstellung zusätzlicher Kräfte im mittleren und gehobenen Dienst – vom Backoffice über Schreibkräfte bis hin zu den Rechtspflegern. Wie viel Personal an welchen Stellen des Justizapparats fehlt, ist bekannt, die geplante Besetzung dieser Stellen konnte bislang aber nicht finanziert werden. Auch im Vollzugsdienst der Justizvollzugsanstalt (JVA) konnte man sich der Zielzahl 260 mit bislang besetzten etwa 240 Stellen nur annähern.
Nicht umgesetzt werden konnten in den vergangenen vier Jahren drei Vorhaben, die deshalb als Baustellen in die nächste Legislaturperiode übernommen werden sollen: Eine „Bewährungs-App“ um die sozialen Dienste der Justiz zeitgemäß, schnell und unkompliziert mit ihren Klienten zu verbinde. Dann die Aufarbeitung der NS-Justiz in Bremen – bislang gibt es hierzu nur eine Betrachtung von Einzelfällen, aber keine generelle Aufarbeitung. Und schließlich das Thema „Klimaschutz und Justiz“: Planung und Finanzierung für eine Solaranlage auf den Dächern und ein Windrad in der Nähe der JVA sind weit gediehen, aber ebenfalls noch nicht umgesetzt.
Häfen
In den Häfen sind Baustellen eigentlich etwas Gutes. Zeigen sie doch: Hier entsteht etwas Neues – eine neue Kaje, Schleuse oder Brücke. Oder: Was schon da ist, wird repariert. So gesehen gab es für viele Bremerhavener zu wenig Baustellen in ihrer Hafenstadt, die das Schlimmste hätten verhindern können: das Museumsschiff "Seute Deern" – abgesoffen; die Drehbrücke im Überseehafen – durchgebrochen; die Geestemole – eingestürzt. Die Trümmer sind der aus Bremerhaven in den Senat entsandten Häfen- und Wissenschaftssenatorin Claudia Schilling (SPD) auf die Füße gefallen, auch ohne eigenes Verschulden. Ergebnis: Ihr eigener Ortsverein wollte sie für die Bürgerschaftswahl gar nicht erst nominieren, am Ende reichte es für Platz vier auf der Liste.
Am Ende ihrer Amtszeit gelang es Schilling, für zwei Riesenbaustellen zumindest die Baupläne in Auftrag zu geben: Für eine halbe Milliarde Euro soll bis 2040 die Containerkaje erneuert werden. Und für ähnlich viel Geld könnte im Süden der Stadt ein sogenannter Energy Port entstehen, ein Hafen für die Energiewende. An der Bedeutung dieser Projekte zweifelt nicht einmal die Opposition; ob sie finanzierbar sind und sich gegen den Widerstand von Umweltschützern durchsetzen lassen, wird Thema für den nächsten Senat werden.
Bildung
Eine große Baustelle in der Bremer Bildung ist der Personalmangel. Zu Beginn des Schuljahres waren an die 100 Lehrerstellen an Bremer Schulen unbesetzt. Noch deutlich dramatischer ist die Lage beim Inklusionspersonal: Sonderpädagogen und Assistenzkräfte für Schulkinder mit Beeinträchtigung werden händeringend gesucht. Wenn dann noch – wie in diesem Herbst und Winter besonders ausgeprägt – Krankheitswellen hinzukommen, können Schulen und Kitas ihre Angebote teilweise nicht mehr aufrechterhalten.
Zuletzt hat das Bildungsressort verstärkt Quereinsteiger an Schulen geholt. Menschen mit Master-Abschluss, aus dem sich ein an den Schulen benötigtes Fach ableiten lässt, können jetzt hier unterrichten. Auch die Kitas sollen Verstärkung durch Quereinsteiger bekommen. Zum Beispiel durch Tagesmütter und -väter, die nun als Zweitkräfte in Kita-Gruppen arbeiten können. Mindestens 5000 Kita-Plätze fehlen laut Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) in Bremen. Und in vielen Kitas kommt es zu Betreuungsausfällen, weil es nicht genug Personal gibt.
Erklärtes Ziel ist es, dass Bremen seine Bildungsausgaben pro Schüler auf das Niveau der beiden anderen Stadtstaaten bringen will. Zuletzt investierte Bremen mehr in Bildung als in den Jahren zuvor. Doch weiterhin gibt der Stadtstaat pro Jahr und Kind 3700 Euro weniger aus als Berlin und 2100 Euro weniger als Hamburg.
Die Kinderzahl steigt, vor allem durch Zuwanderung. Bremens Kitas und Schulen müssen wachsen. Heute leben 12.000 Kinder mehr in der Stadt als 2015, betonte zuletzt Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). In vielen Stadtteilen werden neue Schulen und Kitas gebraucht, die bisherigen Gebäude platzen teils aus allen Nähten. Der Ausbau ist ein Milliardenprojekt.
Inneres
Dauerbaustelle im Innenressort bleibt die Personalstärke der Polizei. Die Weichenstellung für das Erreichen der bisherigen Zielzahl 2900 ist durch entsprechende Einstellungszahlen beim Polizeinachwuchs erfolgt. Rechnerisch soll sie am 1. Oktober 2026 überschritten werden. Nächstes Ziel des Innensenators sind 3100 Polizisten bis 2028. Gebraucht werden mehr Polizisten insbesondere gegen die Organisierte (Drogen-)Kriminalität und gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder. Bremen liegen riesige Datenmengen mit Hinweisen auf Täter vor, die nun ausgewertet werden müssen.
Eine weitere Daueraufgabe, die in der ablaufenden Legislaturperiode zwar begonnen, aber bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist, betrifft das Thema Sicherheit und Sauberkeit, insbesondere am Hauptbahnhof. Gelingen soll dies langsam, aber stetig und mit personellem Einsatz von Polizei und Ordnungsdienst in Koordination mit den Ressorts Gesundheit, Soziales sowie Bau und Umwelt. Ebenfalls noch nicht in trockenen Tüchern ist das Thema „Parken in Wohnstraßen“.
Abschließen würde Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) auch gerne die „Baustelle“ Spielsucht, hat hier aber einen Berg an Arbeit vor sich. Noch ist er der einzige Innenminister Deutschlands, der sich für ein striktes Werbeverbot für Sportwetten einsetzt.
Soziales
Der Zuzug von Flüchtlingen, vor allem aus der Ukraine, ist weiterhin Großbaustelle des Sozialressorts. Im Jahr 2022 traf Monat für Monat eine vierstellige Zahl von Schutzsuchenden in Bremen ein – auch aus Syrien, Afghanistan und vielen anderen Ländern. "Wir sind an der Grenze des Machbaren", kommentierte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne).
Wie 2016 wurden Turn- und Messehallen zu Notunterkünften sowie Zelte in der Überseestadt errichtet. In seiner Verzweiflung akzeptierte das Ressort auch langfristige, teilweise teure Mietverträge in mehr oder weniger geeigneten Immobilien. Die Opposition übte starke Kritik und sprach angesichts der bewilligten Millionensummen von einem Blankoscheck für die Sozialsenatorin.
Innerhalb der Koalition gab es unterdessen außerdem Streit über die Umverteilung von unbegleiteten Minderjährigen, von denen Bremen weitaus mehr aufnahm, als es hätte müssen. Erst nach vielen Monaten gaben die Linken ihre Blockadehaltung auf.
Und noch eine zweite große Baustelle gibt es: immer wieder viel zu lange Bearbeitungszeiten in den verschiedenen Sozialbehörden. Den negativen Spitzenwert lieferte das Versorgungsamt mit Wartezeiten von bis zu zwölf Monaten für einen Behindertenausweis.
Arbeit
Die Arbeitslosigkeit in Bremen bleibt trotz des Mangels an Fach- und Arbeitskräften weiter auf einem hohen Niveau. Die Zahl der Arbeitslosen sank viele Jahre – bis zum Ausbruch von Corona. Jetzt hat sich der Wert wieder erholt. Tausende Stellen zur Besetzung sind der Arbeitsagentur hier gemeldet. Bremen muss dafür sorgen, Arbeitslose weiter zu qualifizieren und zugleich zu betreuen, um ihnen den Weg zurück in Beschäftigung zu ermöglichen.
Verschiedene neue Instrumente steuern gegen die überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit im Bundesland. Die kosten jedoch Zeit – benötigen Durchhaltevermögen. So gibt es seit Kurzem den Bremer Qualifizierungsbonus: Ungelernte sollen motiviert werden, einen Berufsabschluss nachzuholen. Das schützt am Ende vorm Arbeitsplatzverlust. Der Senat will zudem mehr junge Menschen in eine Ausbildung bringen. In der Wirtschaft gibt es gegen den Ausbildungsfond Widerstand. Der Fonds muss zu einer spürbaren Verbesserung in Sachen Ausbildung führen – sonst verliert er auch bei Befürwortern an Rückhalt.
Das Jobcenter Bremen nimmt mit einem Projekt künftig gezielt Frauen in den Blick. Mängel bei der Kinderbetreuung werden hier weiter als eine Hürde gesehen, warum Bremerinnen keinem Beruf nachgehen.
Gesundheit
Eine immer drängendere Baustelle ist die wohnortnahe medizinische Versorgung: Arztpraxen sind überlaufen, bei Terminen gibt es lange Wartezeiten, Aufnahmestopps für neue Patienten, Ärzte finden keine Nachfolger. Vor allem in sozial benachteiligten Stadtteilen wird das Netz immer löchriger. Die Gesundheitsbehörde von Claudia Bernhard (Linke) hatte als das zentrale Ressort mit der Bewältigung der Pandemie zu tun.
Einiges konnte dennoch auf den Weg gebracht werden: die Einrichtung von Hebammenzentren, die Verstetigung von Gesundheitsfachkräften in den Quartieren, der Aufbau von Gesundheitszentren, etwa im Bremer Westen. Ein Großprojekt soll nun die Einrichtung medizinischer Versorgungszentren (MVZ) sein, in denen Ärzte angestellt sind – und die von der Stadt betrieben werden. Das wird mehrere Millionen Euro kosten, wenn es dazu kommt.
Eine weitere Großbaustelle ist die Landeskrankenhausplanung: Doppel- und Mehrfachstrukturen sollen abgebaut, Behandlungsangebote an Standorten gebündelt werden. Maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft der Kliniken in Bremen und damit die stationäre Versorgung werden die Krankenhausreform-Pläne des Bundesgesundheitsministers haben, die in den Ländern umgesetzt werden müssen.
Wirtschaft
Bei der letzten Bürgerschaftssitzung sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Lencke Wischhusen in Richtung Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt, was die Unternehmer in Bremen vor vier Jahren dachten: „Oh Gott, eine linke Wirtschaftssenatorin! Dann haben Sie das echt ganz gut gemacht. Viele in der Wirtschaft schätzen Sie sogar. Und jetzt auf den letzten Metern versauen Sie es total." Mit den letzten Metern meint Wischhusen die geplante Ausbildungsabgabe, gegen die die Handelskammer klagen will.
Doch mit Vogt kam frischer Wind ins Wirtschaftsressort und auch in Bremens Wirtschaft. Da bekam plötzlich auch die Lebensmittelbranche wieder mehr Gehör. So entstand Bremens erster Food-Hub, in dem junge Firmen an ihren Lebensmittelkreationen tüfteln können.
Die meiste Zeit war die Wirtschaft wegen der Pandemie im Krisenmodus. Bei den Coronahilfen wurden weder die leidende Veranstaltungsbranche noch die Schausteller vergessen. Doch durch die Pandemie zog sich auch die Verabschiedung des Gewerbeflächenentwicklungsprogramms 2030 in die Länge. Da Bremen in Zukunft weniger Gewerbeflächen verkaufen wird, müsste sich deshalb Bremens Wirtschaftsförderung verkleinern. Die Innenstadt bleibt eine Dauer-Baustelle.