Die Zahl der Grundschüler in Deutschland, die nicht schwimmen können, hat sich von 2017 bis 2022 verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Zuletzt hatte die DLRG die Schwimmfähigkeit 2017 erfragt. Damals konnten den Angaben der Eltern zufolge zehn Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen. Nun sind es 20 Prozent.
Laut DLRG liegt die tatsächliche Zahl der Nichtschwimmer höher: Demnach konnten schon vor Corona rund 60 Prozent der Zehnjährigen nicht sicher schwimmen. Die Pandemie habe die Situation verschärft. "Wir haben den Eindruck, dass das auch in Bremen voll zutrifft. Die Lage ist unverändert schlecht", sagt Philipp Postulka, Pressesprecher des DLRG-Landesverbands. Als die Schwimmkurse in der Hansestadt wieder starteten, war der Andrang groß. Den Rückstand bei den Schwimmabzeichen haben die Bremer Bäder und der Schwimmunterricht an den Schulen bisher nicht aufholen können.
Die Bremer Frei- und Hallenbäder hätten pandemiebedingt von März bis Juli 2020 schließen müssen, sagt Neele Fröhlich, Mitarbeiterin der Senatorin für Kinder und Bildung. Vor dem öffentlichen Badbetrieb sei das Schulschwimmen, das ab der dritten Klasse Pflicht ist, unter strengen Hygieneauflagen wieder gestartet. Kein Jahrgang habe gänzlich aussetzen müssen. Laut Martina Baden, Geschäftsführerin der Bremer Bäder GmbH, sind die Kurse des städtischen Eigenbetriebs weiterhin voll, wobei die Warteliste inzwischen einen Stand wie vor der Pandemie habe.
Christopher Dolz vom DLRG-Bundesverband spricht von einem „Aufholprozess“: Die Anzahl der Schwimmabzeichen habe sich im vergangenen Jahr erfreulich gut entwickelt. Dennoch sei die Schwimmausbildung 2022 schleppend verlaufen, da nicht alle Bäder zum alten Regelbetrieb übergegangen wären. Infolge der Energiekrise seien Wassertemperaturen abgesenkt worden und einige Bäder hätten ganz geschlossen.
In Bremen scheint das nicht zuzutreffen: „Um die pandemischen Probleme etwas aufzufangen, ist die Anzahl der Ferienintensivkurse der Senatorin für Kinder und Bildung wesentlich erhöht und auf die Oster-, Sommer- und Herbstferien verteilt worden“, so Fröhlich. Für diese Kurse können Drittklässler, die bisher kein Abzeichen erreicht haben, auf freiwilliger Basis angemeldet werden. Sie werden vom Bildungsressort finanziert und gemeinsam mit den Schulen organisiert, die Bremer Bäder stellen Wasserflächen und Ausbilder zur Verfügung. Die Teilnahme ist für die Schüler kostenfrei. Für das Schuljahr 2022/23 wurden 621 Anmeldungen verzeichnet. „Leider nehmen nicht alle angemeldeten Kinder teil“, sagt Fröhlich. Die Wartezeit betrage je nach Kurs zwischen drei und sechs Wochen. Für den laufenden Sommerkurs gab es laut Neele Fröhlich 18 Kinder auf der Warteliste für das Freizeitbad Vegesack.
Daten zu den im Sommerkurs erzielten Abzeichen liegen noch nicht vor. Von den Drittklässlern, die an den Ferienschwimmkursen teilgenommen haben, hätten im Herbstkurs 54 und im Osterferienkurs 83 Kinder ein Schwimmabzeichen erreicht, nicht differenziert nach Seepferdchen oder Freischwimmer. Das ist ein Bruchteil der Schüler im Zielgruppenalter: Für das neue Schuljahr 23/24 wurden laut Fröhlich im Juli 5090 Drittklässler an öffentlichen Grundschulen gezählt.
In den kostenpflichtigen Kursen der Bremer Bädergesellschaft schafften die Teilnehmer Martina Baden zufolge bis zum 5. Juli 1178 Abzeichen, 21 Stadtmusikanten, 544 Seepferdchen, 418 Bronze, 153 Silber und 42 Gold – die Ergebnisse der Sommerferienkurse nicht einberechnet. Laut Baden benötigen viele Kinder mehr als einen Kursus, um ein Abzeichen zu erlangen. In Bremen würden durch den Schwimmunterricht und die Schwimmausbildung der Vereine sehr viel mehr Abzeichen erreicht.
„Für die Angebote der Bremer Bäder GmbH haben sich bislang für das laufende Jahr 4701 Kinder und Jugendliche angemeldet“, so Baden. Neben Kursen in den Hallen- und Freibädern bieten die Bremer Bäder Intensivschwimmkurse in den Ferien. In den vergangenen Monaten hätten Schwimmkurse Vorrang gehabt, mittlerweile werde auch das Angebot an sogenannten Wassergewöhnungskursen ausgeweitet. Die Wartezeit auf einen Schwimmkurs betrage in der Regel maximal drei Monate. Unabhängig von der Kursteilnahme gilt: „In den Bremer Bädern ist jeder Tag ein Abzeichen-Tag“, so Baden. Vorausgesetzt, man melde sich rechtzeitig an, und der Badebetrieb lasse dies zu.
Auch die zehnwöchigen Kurse der DLRG Bremen seien „konsequent ausgebucht“. Schwimmen kann ein Kind laut Philipp Postulka mit dem Abzeichen Bronze (Freischwimmer). Seepferdchen und Stadtmusikanten dienten der Wassergewöhnung und seien ein „Etappenziel auf dem Weg zum sicheren Schwimmen“.