In Berlin dürfen Fahrräder vom kommenden Jahr an kostenlos auf Parkplätzen abgestellt werden, die für Autofahrer gebührenpflichtig sind. Der Vorstoß der Berliner Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hat in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt. Kritiker befürchten eine größere Parkplatznot, die Opposition spricht von einem ideologischen Kampf gegen Autofahrer. Auch in Bremen fordern einige eine neue Raumverteilung – die Berliner Idee findet allerdings wenig Anklang.
Wie ist die Rechtslage?
Anders als oft behauptet, dürfen Fahrräder bereits jetzt auf Parkplätzen abgestellt werden. Nach der bundesweit gültigen Straßenverkehrsordnung (StVO) sind öffentliche Parkplätze oder Parkflächen am Straßenrand nicht ausschließlich für Kraftfahrzeuge vorgesehen – auch Zweiräder aller Art können sie nutzen. Unter dem Punkt „Parken und Halten“ wird nicht zwischen Autos und Fahrrädern unterschieden. Als Fahrräder im Jahr 2020 per StVO-Reform von den Parkplätzen verbannt werden sollten, sah der Bundesrat eine Ungleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer gegeben und stoppte die Anpassung. Neu an der Berliner Regelung ist ausschließlich, dass Fahrräder, Motorräder und Co. von den Parkgebühren befreit sein sollen.
Welche Probleme haben Berlin und Bremen gemeinsam?
In beiden Großstädten sorgt die Parkplatzsituation für Konflikte. Verschiedene Verkehrsteilnehmer fordern mehr Raum für sich – enge Geh- und Radwege bereiten Probleme. Letzteres nennt die Berliner Mobilitätssenatorin als Grund: „Ich möchte endlich, dass die Fahrräder und auch die Scooter und andere Kleinstfahrzeuge von den Gehwegen verschwinden, wo sie bis jetzt rechtlich ja geduldet werden“, sagte Jarasch kürzlich dem RBB. Gemeinsam haben Berlin und Bremen auch, dass beide Städte im kommenden Jahr die Parkgebühren für Autos erhöhen.
Wie kommt die Berliner Regelung in Bremen an?
Die Regeln in Bremen auf gleiche Weise anzupassen, sei nicht geplant, sagt Gunnar Polzin, Abteilungsleiter in der Verkehrsbehörde. Polzin spricht von einer „interessanten Idee“, fragt aber auch nach dem Sinn des Vorstoßes. Praktische Auswirkungen erwartet er kaum. Schließlich, so Polzin, würden Fahrräder auch jetzt selten auf Parkplätzen abgestellt – obwohl das laut StVO möglich ist. Auf einem Parkplatz sei ein frei stehendes Rad leichter zu stehlen; außerdem würden viele Autofahrer das Fahrrad im Zweifelsfall entfernen. Ähnlich äußert sich Frauke Maack vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Bremen. Eine Ausnahme sieht sie bei Lastenrädern, die nicht so einfach wegzutragen seien und durchaus am Straßenrand geparkt würden. Die Idee, den Raum neu zu verteilen, begrüße der ADFC – das Vorgehen in Berlin sei aber nicht der ideale Weg.
Wie könnten Alternativen aussehen?
Polzin und Maack verweisen auf die Bremer Variante der Umwidmung, wie sie im Sunrise-Quartier in der Östlichen Vorstadt zu finden ist. Dort wurden Fahrradbügel, auch in Längsausrichtung, auf ehemaligen Parkflächen installiert. Ein Parkplatz biete Raum für zehn bis zwölf Fahrräder, sagt Polzin. Maack hofft laut eigener Aussage zudem darauf, dass ein weiteres Gerichtsurteil Bremen zum konsequenten Vorgehen gegen das aufgesetzte Parken drängt – wodurch mehr Platz für Fahrräder entstünde. Verkehrs- und Innenbehörde hatten jüngst einen Plan vorgestellt, mit dem die "rechtskonforme Ordnung des Parkens" durchgesetzt werden soll.
Was sagt der ADAC?
Der ADAC hält nichts von der Idee, dass Fahrräder künftig auf Parkplätzen stehen könnten, die bislang ausschließlich von Autos genutzt werden. „Das würde das Parkplatzproblem noch vergrößern“, sagt Nils Linge vom ADAC Weser-Ems. Er verweist darauf, dass es gerade in Gegenden mit Altbremer Häusern mehr Autobesitzer als Parkplätze geben. Die Autos würden sich nicht in Luft auflösen – ein Umstieg auf andere Verkehrsmittel könne nur langfristig funktionieren. Den Berliner Vorstoß bezeichnet Linge als „politisches Statement“, das den Streit zwischen den Verkehrsteilnehmern noch befeuern werde.
Welche rechtlichen Fragen sind offen?
Polzin zufolge beobachtet die Bremer Verkehrsbehörde das Vorgehen in der Hauptstadt mit Interesse. Dabei gehe es nicht nur um die Praxistauglichkeit, sondern auch um rechtliche Fragen. Dass Gegner der Neuregelung vor Gericht ziehen, sei denkbar, so Polzin. Auch zur Umsetzung in Berlin gibt es offene Fragen: Zum Beispiel muss laut StVO platzsparend geparkt werden. Wie geht das Ordnungsamt zukünftig vor, wenn ein einzelnes Fahrrad einen Parkplatz belegt?