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Streit um Klimaschutz FDP reicht Klage gegen Bremer Haushalt 2024 ein

Es geht um die Klimaschutz-Ausgaben im Bremer Haushalt 2024: Die Bremer FDP klagt vor dem Staatsgerichtshof dagegen, dass diese Gelder über Kredite finanziert werden sollen.
25.07.2024, 16:27 Uhr
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FDP reicht Klage gegen Bremer Haushalt 2024 ein
Von Jürgen Theiner

Die FDP macht Ernst. Am Donnerstagmittag haben Fraktionschef Thore Schäck und der rechtspolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, Marcel Schröder, beim Staatsgerichtshof ein sogenanntes Organstreitverfahren gegen Teile des Landeshaushalts 2024 eingereicht. Ziel der Liberalen: Das Verfassungsgericht des kleinsten Bundeslandes soll einen Beschluss der Bürgerschaft, mit dem Klimaschutzausgaben in Höhe von 442 Millionen Euro in den Haushalt eingefügt wurden, für nichtig erklären.

Woran entzündet sich der Rechtsstreit?

Im Juni hatte die Bürgerschaft mit der Mehrheit der rot-grün-roten Koalition die Haushalte für Land und Stadt Bremen für das laufende Jahr beschlossen. Nicht alle Ausgaben, die dem Senat vorschwebten, waren mit den zur Verfügung stehenden Einnahmen zu bestreiten. Da die Schuldenbremse in der Landesverfassung normalerweise keine Kreditaufnahme zulässt, bediente sich die Koalition einer Hilfskonstruktion, auf die sie seit 2020 jedes Jahr zurückgegriffen hat: Die Bürgerschaft stellte erneut eine außergewöhnliche Notlage fest und ermöglichte so eine Ausnahme von der Schuldenbremse. Auf diesem Weg werden nun unter anderem Hilfen für den Klinikverbund Geno und die BSAG finanziert. Zusätzlich sind 442 Millionen Euro für den Klimaschutz vorgesehen. Davon fließen gut 300 Millionen Euro in ein Sondervermögen, aus dem in den kommenden Jahren Subventionen für die umweltgerechte Umrüstung des Stahlwerks von Arcelor-Mittal gezahlt werden sollen.

Die Begründung von Senat und Koalition für die schuldenfinanzierte Bereitstellung dieser Gelder hält die FDP für unzulässig. Bei der Klimakrise handele es sich mitnichten um eine plötzlich aufgetretene Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht, wie es die Landesverfassung als Voraussetzung für Ausnahmen von der Schuldenbremse vorschreibt. Klimaschutz-Investitionen könnten auch aus dem normalen Etat finanziert werden, wenn an anderer Stelle eingespart werde. Bei der Übergabe der Klageschrift warnte Fraktionschef Schäck vor immer neuen Lasten für künftige Generationen. Schon jetzt zahle Bremen jedes Jahr mehr als 500 Millionen Euro an Zinsen. Schäck wörtlich: "Wir möchten ein Stoppsignal setzen."

Ist die FDP überhaupt klageberechtigt?

Das wird der Staatsgerichtshof nun vorab zu klären haben. Der übliche Weg, um juristisch gegen Bürgerschaftsbeschlüsse vorzugehen, ist das sogenannte Normenkontrollverfahren. Dafür müssten sich allerdings mehr Abgeordnete zusammenfinden, als die fünfköpfige FDP-Fraktion aufbieten kann. Dieser Weg ist den Liberalen also versperrt. Ein Gutachten des Staatsrechtlers Alexander Thiele wies kürzlich einen alternativen Weg: das sogenannte Organstreitverfahren. Ob die FDP ihn tatsächlich beschreiten kann, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Falls ja, dürfte mit einem Urteil aber wohl frühestens in der ersten Jahreshälfte 2025 zu rechnen sein.

Welche Konsequenz hätte ein FDP-Erfolg?

Der Senat dürfte die 442 Millionen Euro für Klimaschutzprojekte nicht ausgeben. Der Landeshaushalt in seiner Gesamtheit bliebe aber unangetastet, erläuterte Marcel Schröder. Das unterscheide den Organstreit von einem Normenkontrollverfahren, bei dem der Haushalt als Ganzes auf den Prüfstand kommt. Eine solche Klage wird in den kommenden Wochen noch von der CDU erwartet.

Wie reagiert die Koalition?

SPD, Linke und Grüne machten der FDP unmittelbar nach Einreichung der Klage schwere Vorwürfe. SPD-Haushälter Arno Gottschalk sprach von einem "politischen Amoklauf" der Liberalen. Aus rein ideologischen Gründen stellten sie "die Schuldenbremse über substanzielle Standortinteressen". Ähnlich massiv ging Linken-Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp mit den Liberalen ins Gericht. Die Gelder für ein von der EU-Kommission und der Bundesregierung bewilligtes Klimaschutzvorhaben anzugreifen, sei schon "aberwitzig genug", erklärte Rupp. Die Freien Demokraten gefährdeten mit ihrem Vorgehen aber auch Tausende Arbeitsplätze auf der Hütte und bei Zulieferern. Rupp: "Dass ein solches Szenario kurz- und langfristig keinen einzigen Euro in den öffentlichen Haushalten einsparen würde, wie die FDP ja gerne behauptet, ist vollständig klar.“ Aus Sicht des Grünen-Haushaltspolitikers Philipp Bruck ist eine juristische Überprüfung der Haushaltsbeschlüsse zwar legitim, politisch aber "grundfalsch". Er wünsche sich, "dass die FDP die vielfältigen realen Finanzierungsprobleme anerkennt und mit uns an Lösungen arbeitet".

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