„Jahr für Jahr mehr als tausend Kinder in Bremen ohne Kita-Platz – Bildungssenatorin stets bemüht, aber erfolglos" – unter diesem Motto hat die CDU eine Aktuelle Stunde ins Parlament eingebracht. In einer langen und emotionalen Debatte wurde über die fehlenden Plätze diskutiert. Dabei hielten gleich drei neu in die Bürgerschaft gewählte Abgeordnete ihre erste Rede.
CDU: Jahrelang habe in Bremen die Anzahl der unversorgten Kinder zugenommen, sagte Sandra Ahrens (CDU) – "übrigens auch nach Regierungsbeteiligung der Linken". In Bremerhaven dagegen gelinge die Versorgung mit Unterstützung der CDU deutlich besser als in Bremen. „Sie als Senat haben Kindern die Bildungschancen verbaut“, so Ahrens. „Unsozialer geht es nicht.“ Am löchrigsten sei die Kita-Infrastruktur dort, wo Kinder und Familien die Plätze am meisten bräuchten: in den sozialen Brennpunkten. Die CDU fordert insbesondere, dass die Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistenz vergütet werden müsse. Einen Antrag der CDU dazu habe die Koalition im Frühling abgelehnt, kritisiert Ahrens. Die Christdemokraten wollen dies nun erneut in einem Antrag fordern.
Linke: Unterstützung dafür signalisierte Miriam Strunge (Linke): "Wir brauchen die Ausbildungsvergütung für sozialpädagogische Assistenzen und Kinderpfleger." Zudem müsse die Senatorin für die Aufstockung der Ausbildung von Kita-Kräften "sehr bald Pläne auf den Tisch legen". Strunge schilderte den Fall einer Familie, die wegen eines fehlenden Kita-Platzes bedroht war, ihre Wohnung zu verlieren. Die Frau habe ohne Betreuung nicht arbeiten können, das Einkommen des Mannes nicht ausgereicht. "Diese Situation erschüttert mich", sagte Strunge mit Blick auf zuletzt 1330 angemeldete Kinder ohne Kita-Platz. Sie selbst habe im vergangenen Jahr auch einige Wochen ohne Kita-Platz dagestanden: "Für mich war das eine schreckliche Zeit."
SPD: „Ausreichend Kita-Plätze zu schaffen, wird uns in dieser Legislaturperiode umtreiben“, sagte Heike Kretschmann (SPD). Sie ist eine der neuen Abgeordneten. Kindern aus armutsgefährdeten Familien, bildungsfernen Familien und Familien mit anderer Sprache hätten nachweislich geringere Chancen auf einen Kita-Platz. "Das muss sich ändern", so Kretschmann. Gebraucht werde nun weiter „eine strukturierte Fachkräfteoffensive“, so die Abgeordnete. „Wir müssen unsere Ausbildungsbemühungen noch mal intensiv ausweiten.“
Bündnis Deutschland: Seit Einführung des Rechtsanspruchs auf Betreuung gelte die elterliche Kinderbetreuung zu Hause als antiquiert, sagte Meltem Sagiroglu (Bündnis Deutschland), die ebenfalls neu im Parlament ist. „Von klein an sollen Kinder in Einrichtungen betreut werden“, betonte sie. "Dass Eltern aus finanziellen Zwängen schon für Kleinstkinder außerhäusliche Betreuung suchen müssen, auch gegen ihre Überzeugungen, wird gar nicht mehr als Problem angesehen." Wahlfreiheit sei "in der neuen Institutionenkindheit" nicht mehr vorgesehen. Auch Sagiroglu forderte genug Kita-Plätze. Wichtig dafür sei eine schnellere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen potenzieller Kita-Kräfte.
Grüne: Man müsse alle Möglichkeiten ausschöpfen, sagte Franziska Tell (Grüne), eine weitere neu gewählte Parlamentarierin. Wenn es Lösungsvorschläge gebe, zum Beispiel mit veränderten Qualifikationen, Gruppengrößen oder Betreuungszeiten, "dann sagen alle, das können wir nicht machen, dabei sind sich ja alle einig, dass sich etwas tun muss", so Tell. Ein Weg könne sein, auch Personal in die Kitas zu bringen, das noch nicht ausreichend qualifiziert sei. Man könne zum Beispiel sozialpädagogische Assistenzen als Unterstützung in die Kindergärten holen. Man müsse aber dafür sorgen, dass diese schnell weitergebildet würden.
Senatorin: „Wir waren nicht nur bemüht, sondern wir waren auch sehr erfolgreich“, betonte Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD). "Wir haben allein im vergangenen Jahr so viele Kita-Plätze neu geschaffen, wie im vergangenen Jahr fehlten." Klar sei aber: "Wir sind noch nicht am Ziel." Seit 2015 seien in Bremen mehr als 6000 Plätze geschaffen worden. Doch immer mehr Eltern wünschten sich früher eine Betreuung. Zugleich sei die Zahl der Kinder rasant gestiegen, vor allem durch Zuwanderung. Aulepp sagte, sie sehe keinen anderen Weg, als "auch Menschen ohne einschlägige Ausbildung in die Kitas zu holen.“ Zudem wolle sie Psychologinnen, Sozialpädagogen und Ergotherapeuten in die Kitas bringen.
FDP: Massive Kritik an der Senatorin übte die FDP: „Sich im Jahr 2023 hier hinzustellen und so eine Rede zu halten, ist eine bodenlose Frechheit“, so Thore Schäck. Die Senatorin gebe dieselben Sätze von sich wie schon zwei ihrer Vorgängerinnen. Schäck hatte sich einige Sätze zum Bingo-Spielen notiert und hakte ab, ob die Senatorin sie verwendet. "Vier von sechs Sätzen habe ich schon zu Beginn dieser Legislatur gehört." Er sagte zu Aulepp: "Sie sind jetzt zweieinhalb Jahre im Amt – da ist der Welpenschutz vorbei." Die Senatorin müsse bei den Kita-Plätzen liefern. "Wenn Sie das nicht schaffen, dann machen Sie den Weg frei für jemand anderes.“