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BSV-Torhüter Malte Seemann Der Elfmeterkiller vom Panzenberg

Für Malte Seemann vom Bremer SV erfüllt sich in der Regionalliga ein Traum: In der Bremen-Liga konnte der Torhüter sein Können kaum zeigen, nach dem Aufstieg kann er nun glänzen. Vor allem bei Strafstößen ...
29.08.2022, 19:00 Uhr
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Der Elfmeterkiller vom Panzenberg
Von Jean-Julien Beer

Eine Menge Kult gibt es bereits rund um die Spiele im Panzenberg-Stadion. Nun gehört auch das dazu: Wenn der Gegner des Bremer SV einen Strafstoß bekommt, brüllen die Leute auf den Tribünen „Halte, Malte!“ und feuern damit ihren Torhüter Malte Seemann an. Und tatsächlich: Vier Elfmeter hat der Torwart des BSV in diesem Sommer bereits gehalten, einen im DFB-Pokal gegen Schalke, drei in der Regionalliga. „Gänsehaut“, das ist das erste Wort, das Malte Seemann einfällt, wenn er an diese Rufe der Zuschauer denkt, die vor allem in den Heimspielen beschwörend wirken und den Gegner verunsichern. „Man freut sich und ist überwältigt, dass am Panzenberg so eine Stimmung aufkommt“, sagt Seemann, „es macht gerade extrem Spaß, beim Bremer SV zu spielen."

Mit dem Aufstieg in die Regionalliga und dem guten Saisonstart ist für Seemann ein Traum in Erfüllung gegangen. Er ist nun dort, wo er schon lange hin wollte: im Tor eines Viertligisten. Als der 20 Jahre junge Seemann 2014 zu Bremens Amateurfußballer des Jahres gewählt wurde, damals noch im Trikot des Bremen-Ligisten Blumenthaler SV, hat er das schon klar formuliert: „Es ist und bleibt mein Ziel, oben anzugreifen und zumindest eine Klasse höher zu spielen. Und mit diesem Titel habe ich einen ersten Schritt gemacht, um womöglich andere Klubs auf mich aufmerksam zu machen.“ 

Inzwischen hat er weit über Bremen hinaus auf sich aufmerksam gemacht. Die Konkurrenz in der Regionalliga weiß nun, dass im Tor des Aufsteigers aus Bremen einer steht, der in diese Liga gehört. Das konnte man vorher nicht so genau wissen, bei seinem kurzen Abstecher zu Atlas Delmenhorst kam er im Jahr 2020 nur zu einem Einsatz in der Regionalliga. Verletzungen, der Konkurrenzkampf und die beruflichen Pflichten in der Immobilienbranche verhinderten hier seinen Durchbruch.

In der Bremen-Liga wurde der BSV mit Seemann im Tor zwar souverän Meister, aber in den meisten Spielen hatte er nicht viel zu tun. „Da habe ich pro Spiel vielleicht einen Schuss drauf bekommen“, erinnert er sich, „entweder hält man den dann oder nicht – und daran machen die Leute dann fest, ob der Torwart gut ist.“ Gerade deshalb sei die wesentlich stärkere Regionalliga nun eine Chance für ihn: „Denn hier hat man als Torhüter einfach öfter die Chance, zu zeigen, was man drauf hat. Man kann zwar nicht jeden Ball halten, aber man ist gefordert.“

Zum Beispiel bei den Elfmetern. Wenn der Spielstand eng ist und die Zuschauer nach ihm rufen, dann spornt ihn das zusätzlich an. Er macht das ja nicht erst seit gestern. „Ich bin jetzt 28 und stehe gefühlt seit 26 Jahren im Tor“, sagt er und verrät die aus seiner Sicht simple Formel für das Abwehren von Strafstößen: „Ich glaube, am Ende hat es zu 90 Prozent mit Glück zu tun, fünf Prozent sind Erfahrung und die restlichen fünf kann sich jeder was ausdenken. Man muss als Torhüter cool bleiben, präsent sein und dem gegnerischen Schützen vermitteln: Du kriegst hier keinen Ball rein. Manchmal hat man dann das nötige Glück, manchmal nicht.“ In der Liga waren die gehaltenen Elfmeter meist wichtig, auf der großen Bühne im DFB-Pokal hingegen unwichtig, aber schön: Dass er auch bei der Bremer 0:5-Niederlage gegen Schalke einen parierte, war ein Erlebnis, „aber bei dem deutlichen Ergebnis kräht da später kein Hahn mehr nach, auch wenn das ein cooler Moment war“.

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Für den neuen Trainer Torsten Gütschow stand anfangs nicht fest, ob er auf Malte Seemann im Tor setzt oder auf den vom Rostocker FC gekommenen Damian Schobert (23). Auch für Gütschow war der Aufstiegstorwart schwer einzuschätzen. „Wir haben zwei sehr gute Torhüter“, sagt der Trainer, „und Malte wusste, dass es im Tor ein Konkurrenzkampf wird. Ich habe immer gesagt, dass ich die ersten Spiele abwarten will.“ Durch die starken Leistungen seit Beginn der Saisonvorbereitung und nicht zuletzt durch die gehaltenen Elfmeter habe Seemann aber bewiesen, „dass er zurecht im Tor steht“, betont Gütschow, der seinen Torhüter grundsätzlich lobt: „Er dirigiert viel von hinten und gibt Kommandos. Du musst als Torhüter auch gut mitspielen können – das macht er alles hervorragend. Das Gute dabei ist: Er weiß, dass er sich nicht darauf ausruhen kann, weil er einen starken Konkurrenten hat. Das treibt ihn zusätzlich an.“ Seemann hat damit kein Problem, wie er versichert: „Ohne Konkurrenzkampf würde es auch keinen Spaß machen, dafür bin ich Sportler durch und durch.“

Ausruhen muss er sich trotzdem, und zwar nach den Spielen. „Das glaubt mir nie einer, dass ich als Torwart nach so einem Spiel kaputt bin“, erzählt Seemann, „was viele unterschätzen, ist die Belastung für den Kopf: Gerade wir Torhüter sind extrem gefordert, ich muss mich nach so einem Regionalligaspiel wirklich erst einmal hinlegen. Ich bin das ganze Spiel am Schreien und 90 Minuten voll konzentriert – das raubt echt Nerven und ist anstrengend.“ Überhaupt ist er überrascht, wie stark die neue Liga ist. Selbst Mannschaften wie Jeddeloh seien vom Niveau her weit von dem entfernt, was man aus der Bremen-Liga kannte: „Man merkt den Unterschied und auch die Belastung enorm. Ich arbeite zusätzlich zum Fußball, mit Sicherheit mehr als 40 Stunden pro Woche. Dann die Trainingseinheiten und die englischen Wochen mit drei Spielen in acht Tagen, und das zuletzt mehrmals - das zehrt schon am Körper. Das ist eine völlig andere Welt als vorher in der Bremen-Liga.“

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An diesem Mittwoch geht es nun gegen die zweite Mannschaft des Hamburger SV (18 Uhr, Panzenberg). Der diplomierte Immobilien-Ökonom („Bei der Berufsbezeichnung denke die Leute immer, ich wäre schlau“) wird auch da wieder gefordert sein, glaubt wegen des guten Teamgeists aber an eine Chance für den Bremer SV: „Es ist enorm wichtig, dass wir als Mannschaft auftreten in dieser neuen Liga, sonst würden wir da keinen Punkt holen.“ Und notfalls müssen die „Halte, Malte“-Rufe halt wieder den Gegner verunsichern …

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