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Ein Fahrer - Sechs Tage (Tag 5) Leben nach Plan

Schlafen, Massage, Essen, Schlafen, Rennen - Sixdaysfahrer leben nach Plan. Zeit für etwas anderes bleibt an diesen Tagen nicht. Teil 5 unseres Tagebuchs.
18.01.2016, 15:58 Uhr
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Von Katharina Elsner Kristin Hermann

Sechs Tage lang rasen die Radprofis durch die ÖVB-Arena, oder besser: sechs Nächte. Tausende Menschen sehen ihnen dabei zu, aber kaum einer weiß: Wie geht es den Fahrern in dieser Zeit? Wie leben sie, abseits der Bahn? Was treibt sie an, was bedrückt sie? Die WESER-KURIER-Volontärinnen Katharina Elsner (ELS) und Kristin Hermann (HEK) begleiten Christian Grasmann abwechselnd durch die Sixdays; der Münchner ist mit seinen 34 Jahren einer der erfahrensten Profis des Bremer Fahrerfeldes.

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Montag - Tag 5

13.00 Uhr: Sechstagerennen sind kräfteraubend. Von Tag zu Tag bauen die Fahrer körperlich ab. "Die Belastung ist schon groß", sagt Grasmann. Je nach Verlauf des Rennens kann das auch an die Psyche gehen. "Wenn man beim Rennen zum Beispiel krank oder verletzt ist", sagt er. Dann sei man einfach nur platt und gereizt. Dieses Mal läuft für Grasmann - trotz Sturz vor zwei Tagen - aber alles rund. Er fühlt sich fit. Blutergüsse am Knie und am Daumen verheilen gut.

Bei Zimmergenosse Marcel Kalz sieht das schon anders aus; er kann kaum noch auf dem Rad sitzen. Nach dem Sonntag ist in der Regel bei vielen Fahrern der Tiefpunkt erreicht. Den freien Abend haben deshalb die meisten genutzt, um früh schlafen zu gehen und Kraft zu tanken.

Doch das ist nicht so einfach - zumindest für Grasmann. Lange hat er wieder wach gelegen und konnte nicht einschlafen. Ob es daran liegt, dass der Sieg für ihn dieses Mal so nah ist? Er verneint das. "Man muss sich das eher wie Jetlag vorstellen", sagt er. "In den letzten 14 Tagen bin ich immer erst gegen drei Uhr ins Bett. Da haben sich Körper und Geist dran gewöhnt." (HEK)

Riding on 166m of #fun @sixdaysbremen - top of the #board as well with @deketelekenny #beapushbiker #fotobysixdaysbremen

A p.hoto posted by Christian Grasmann (@christiangrasmann) on Jan 15, 2016 at 4:05am PST


16.00 Uhr:
Sechstagerennen bedeutet für die Radprofis ein Leben nach Plan. Schlafen, Massage, Essen, Schlafen, Rennen. Zwischendrin muss Grasmann Anfragen beantworten, Pressetermine wahrnehmen. "Jeder will etwas von dir", sagt er. Aber das gehört dazu. Trotzdem. Zeit für etwas anderes bleibt da nicht. Reicht einem das? Grasmann sagt, er versuche seine Freizeit so gut es geht zu nutzen, um einen Ausgleich zu haben: Mit Skilaufen - Sport muss auch im Urlaub sein - oder gutem Essen. Nach den Bremer Sixdays wird er dafür nur einen Tag Zeit haben, an dem er nach Hause zu seiner Freundin kann. Dann geht es weiter zum nächten Rennen. (HEK)

20:00 Uhr: Gespräch in der Fahrerbox. Ein Protokoll. Thema: Leidenschaft. Klar, Grasmanns Leidenschaft ist das Rennradfahren. Wenn er nicht selbst auf dem Sattel sitzt, sitzt er auf dem Bürostuhl - und organisiert. Er organisiert, vermarktet, verkauft, managt. " Maloja Pushbikers" heißt das Radrennteam, das Grasmann neu gegründet hat. Sein Motto: "Be a Pushbiker. Be passionate about what you do." "Das ist absolute Leidenschaft, Passion, Liebe", sagt er - “und Hass”, schreit Marcel Kalz dazwischen. Hass auch auf das BVB-Tshirt, das Marcel Kalz unter dem Trikot trägt. “Damit macht er mich rasend”, sagt er über Kalz. Ansonsten verstehen sich die zwei ganz gut. Und das mit dem BVB sei auch das einzige, was er sich erlauben dürfe. Fußball ist Kalz’ Leidenschaft. “Das kann man ihm nicht verbieten”. Leider, fügt Grasmann wohl in Gedanken hinzu. Jeder darf sich einen Ausrutscher leisten. Was ist es bei Grasmann? “Ich habe keinen”, sagt er. Wer’s glaubt. (Kalz schreit wieder dazwischen: "DER BART!") Stimmt, der Bart ist auffällig, denn sonst hat Grasmann nicht allzu viele Haare (mehr). (ELS)

Wer das Gespräch im Original hören möchte, klicke hier:


22:00 Uhr:
Zurück im Gepräch: Der Bart. Der Bart hat Stil. Und Stil haben mag Grasmann. Deswegen mag er auch das Radfahren. "Es ist ein schöner Sport", sagt er. Alles sei schön: die Gimmicks, die Klamotten, die Fahrräder. Er selbst hat 35 Rennräder zu Hause in der Garage stehen. Und zwei alte Mercedes. Klingt nach einem klassischen Männersport: an Rädern schrauben und alte Autos in Garagen horten? Ist Radrennen nichts für Frauen? Klar, auch Frauen nehmen am Sechstagerennen in Bremen teil, aber sie fahren keine sechs Tage. Nur zwei, am Sonnabend und Sonntag. Doch, sagt Grasmann, Radrennen sei auch ein Sport für Frauen. Nicht nur wegen der Gimmicks oder der Klamotten, nein, Grasmann beschreibt die Schönheit des Sports, das schnelle, lautlose, das selbstständige Fortbewegen. "Einfach das Gefühl zu haben, laufen zu lassen", sagt er. Und für die Frauen: "Man fährt seine Kilometer, trifft sich zum Kaffee trinken, und fährt die Kilometer wieder zurück." Klingt fast idyllisch. Grasmann muss jetzt allerdings nicht in den bayerischen Voralpen, sondern in der Bremer ÖVB-Arena wieder aufs Rad. (ELS)

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