Sprachförderung findet in jeder Kita statt. Manchen Kindern reicht diese Unterstützung aber nicht aus. Sie brauchen eine spezielle Förderung. Die bekommen sie von sogenannten Sprachförderkräften. Davon gibt es allein im Kinder- und Familienzentrum Wasserturm drei.
In der Blumenthaler Einrichtung werden zurzeit 113 Mädchen und Jungen im Elementarbereich betreut. "Davon bekommen 46 eine spezielle Sprachförderung", sagt Nadine Kühlke. Ihre Zahl ergibt sich laut der stellvertretenden Kitaleiterin aus einem Test, den alle Vorschulkinder machen müssen: den sogenannten Primo-Test. "Die Ergebnisse werden uns übermittelt, sodass wir auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Kinder eingehen können", schildert die Pädagogin.
Das passiert zum Teil direkt in der Gruppe. "Wir begleiten zum Beispiel den Morgenkreis und bieten dort etwas zum Thema Sprache an", sagt Sprachförderkraft Heike Jörke. Dabei werden den Kleinen zum Beispiel Farben und Formen nähergebracht. "Ich nehme dann einen Koffer mit, in dem sich ganz viele runde und eckige Alltagsgegenstände befinden", erzählt sie. Die müssen die Mädchen und Jungen dann auf eine Pappe legen, auf der die verschiedenen Formen zu finden sind. Dabei nennen sie nicht nur die Farbe des Gegenstandes, sondern auch seine Form.

Nadine Kühlke
Wichtig bei der Sprachförderung ist, dass die Kinder in Bewegung sind. So begreifen sie Sprache deutlich schneller. "Wir singen nicht nur, sondern tanzen auch. Es gibt bei uns zum Beispiel einen Körperteile-Blues, den die Kinder lieben", sagt Jörke. "Das ist uns immer ein Herzensanliegen, dass die Mädchen und Jungen viel in Bewegung sind und wenig still sitzen müssen."
Deshalb finden die Angebote häufig auch im Freien statt. "Insbesondere zur Hochzeit der Corona-Pandemie sind wir mit den Kindern viel in den Wald gegangen", erzählt die Förderkraft. "Wenn ich den Mädchen und Jungen ein Foto von einer Baumrinde zeige, bleibt das Wort nicht so im Gedächtnis, als wenn sie die Möglichkeit haben, eine Baumrinde anzufassen", ergänzt Kühlke. "Sprache wird am besten mit allen Sinnen gelernt."
Neben der sogenannten alltagsintegrierten Förderung gibt es auch spezielle Angebote in Kleingruppen. "Wir haben im Keller eine Werkbank, sodass wir die in die Sprachförderung integrieren können. Gleiches gilt für Experimente, die wir mit den Kindern machen", sagt Jörke. Der Vorteil bei solchen Angeboten sei, dass die Mädchen und Jungen sich anders trauen, Sprache auszuprobieren, erklärt die stellvertretende Einrichtungsleiterin. Der Nachteil sei aber, dass sie aus ihrem regulären Alltag herausgerissen werden und für den Moment zum Beispiel nicht basteln können.
Gefördert werden aber nicht nur Kinder mit einem speziellen Bedarf. "Den größeren Stellenwert hat die alltagsintegrierte Sprachförderung", sagt Kühlke. Das liege daran, dass mittlerweile 95 Prozent der Mädchen und Jungen in der Einrichtung ein Sprachdefizit hätten. "Wir sind ein buntes Haus", ergänzt Jörke. "Gut 95 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund." Alles in allem käme die Einrichtung auf etwa 20 verschiedene Muttersprachen, die die Mädchen und Jungen sprechen.
Muttersprache wertschätzen
Und die werden in der Kita auch wertgeschätzt. "Es gibt verschiedene Reime, bei denen gezählt werden muss", erzählt Jörke. "Da lässt es sich gut einbauen, dass die Kinder auch mal in ihrer Muttersprache zählen." Für die Kleinen sei das ein besonderer Augenblick, wenn sie den anderen ihre Sprache vermitteln können. "Und das ist natürlich auch für die Kinder eine große Wertschätzung, wenn wir ihre Kultur und ihre Sprache hier bei uns im Haus aufgreifen", sagt Kühlke. "Denn die Muttersprache ist die Herzenssprache."
Dass die gepflegt wird, ist gleich aus mehreren Gründen wichtig. Besuchen die Familien beispielsweise die Großeltern in der Heimat, müssen die Kinder die Möglichkeit haben, mit ihnen zu kommunizieren. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Kleinen deutlich leichter eine weitere Sprache lernen. "Je besser ein Kind seine eigene Sprache spricht, desto schneller lernt es auch die deutsche Sprache", schildert Kühlke. "Der Wortschatz der eigenen Sprache muss dann nur noch übersetzt werden." Sprache müsse also nicht von Grund auf erarbeitet werden.
Deshalb ist es durchaus ratsam, dass Familien zu Hause in ihrer eigenen Sprache kommunizieren. Das gelte auch für die Zeit, bevor der Nachwuchs in den Kindergarten kommt "Es macht keinen Sinn, wenn eine Mutter, die nicht richtig Deutsch spricht, mit aller Macht versucht, ihrem Kind ein falsches Deutsch beizubringen", erklärt sie. "Das prägt sich dann ein und macht es noch schwieriger, die Sprache zu lernen."