Erst haben Blumenthaler Beiratsfraktionen gebremst, als Verleihfirmen mit ihren E-Scootern in die Quartiere kommen wollten – jetzt haben sie früher als die Vegesacker Parlamentsvertreter mit dem nächsten Anbieter gesprochen: Nach dem Berliner Start-up Tier will nun auch das schwedische Unternehmen Voi den nördlichsten Stadtteil zum Roller-Terrain machen. Managerinnen der Deutschland-Zentrale haben am Montag den Stadtteilpolitikern erläutert, wie.
Sie sind zu zweit der Onlinesitzung zugeschaltet. Paula Böcken gibt die einzelnen Themen des Vortrags vor, Injin Tsogtsaikhan ergänzt sie. Die eine ist bei Voi für mehrere Länder zuständig, die andere für Projekte im Norden der Republik. Knapp 30 Minuten dauert ihr gemeinsamer Auftritt. Er ist eine Bilanz und eine Strategieanalyse zugleich. Die Managerinnen wollen nicht nur sagen, was sie in Blumenthal vorhaben, sondern auch, warum der Stadtteil für das Unternehmen interessant ist. Genauso wie Burglesum, wo die beiden Frauen vor zwei Wochen das Gleiche erzählt haben.
Und wie dort geht es auch in Blumenthal darum, in welchen Vierteln die meisten Menschen wohnen. Böcken zeigt eine Karte, die den Norden Bremens mal in hellere, mal in dunklere Quadrate unterteilt. Die dunkleren stehen für eine so große Einwohnerdichte, dass Voi diese Bereiche besonders bedienen will: mehr potenzielle Nutzer, mehr Roller. Unterm Strich kommt die Managerin auf 220 Scooter, die auf die drei Stadtteile verteilt werden sollen. Das sind fast so viele, wie Tier seit Monaten in Burglesum und Vegesack anbietet: 250. Für Blumenthal hat das Berliner Start-up noch keine Freigabe.
Böcken sagt, dass Voi den Bremer Norden als Einheit sieht – und darum eine Genehmigung gleich für alle drei Stadtteile beantragt hat. In Vegesack ist die Einwohnerdichte zwar größer als in Burglesum und Blumenthal, aber in den beiden Stadtteilen ist sie immer noch so groß, dass die Firma mit guten Ausleihzahlen rechnet. Vor allem bei den Bahnhöfen und den Stadtteilzentren sollen die Roller stehen. Böcken spricht von einer Voi-Vision, in der alles in 15 Minuten mit dem Scooter erreicht werden kann. Und Tsogtsaikhan davon, dass die Freischaltung 50 Cent kostet und jede Minute 15 Cent.
Seit drei Jahren ist Voi in Bremen. Nach der Statistik der Managerinnen ist das Unternehmen stadtweit mit 500 Rollern gestartet und inzwischen bei 750. Böcken sagt, was auch Vertreter von Tier gesagt haben: Dass die Probleme mit falsch abgestellten Scootern gering sind. Zahlen, wie oft das vorkommt, nennt sie nicht. Dafür listet sie andere auf. Eine davon lautet 220 – sie steht für die Jobs, die das Unternehmen nach ihren Angaben geschaffen hat. Eine andere hat mehr Stellen: 3.000.000. So viele Fahrten mit Voi-Rollern hat es ihr zufolge 2021 gegeben, die sonst mit dem Auto unternommen worden wären.
Die Stadtteilpolitiker finden gut, was das Unternehmen für die Umwelt tut. Kritische Nachfragen gibt es trotzdem. Die Fraktionsvertreter wollen wissen, ob die Firma vorhat, irgendwann die Stadtränder mehr zu bedienen als am Anfang, um auch Roller-Fahrten ins niedersächsische Umland zu ermöglichen. Und wie lange es eigentlich dauert, bis Mitarbeiter des Unternehmens vor Ort sind, um Scooter, die quer auf dem Fuß- oder Radweg liegen, wieder so aufzustellen, wie sie eigentlich aufgestellt werden sollten: entweder am Rand des Bürgersteigs oder auf extra ausgewiesenen Parkflächen.
Böcken und Tsogtsaikhan sagen, dass der Fuhrpark flexibel und das Projekt ein Prozess ist. Regelmäßig soll evaluiert werden, welche Bereiche – ob am Rand oder im Zentrum – wie von den Kunden angenommen werden. Veränderbar sind nach ihren Worten auch die Zeiten, in denen Voi-Kräfte bei Scootern sein können, die auf den Weg geworfen oder von irgendjemanden umgestoßen wurden. Die Managerinnen verweisen auf mehrere Meldedienste, die eingerichtet wurden, um auf Roller hinzuweisen, die zum Hindernis geworden sind. Und darauf, dass die Helfer in der Regel in drei bis sechs Stunden da sind, um sie wegzuräumen.
Noch bis Jahresende will Voi im Bremer Norden gestartet sein. Nach Böckens Zeitplan kann die Flotte innerhalb einer Woche auf der Straße sein. Das Personal und die Roller, sagt sie, sind längst da.