Energiegewinnung in Bremen-Nord Holz soll Kohle ersetzen

In Farge endet die Zeit der Kohlestromproduktion. Künftig soll im Kraftwerk Energie durch Altholz-Verbrennung gewonnen werden. Der Betreiber Onyx Power will einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.
16.04.2021, 07:00 Uhr
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Holz soll Kohle ersetzen
Von Julia Ladebeck

Farge. Die Zeit der Kohlestromproduktion in Farge geht zu Ende. Künftig soll im Nordbremer Kraftwerk Energie durch die Verbrennung von Altholz gewonnen werden. Der Betreiber Onyx Power hat ein Konzept für die Umrüstung des Steinkohlekraftwerks entwickelt. Auf Basis einer Machbarkeitsstudie bereitet das Unternehmen jetzt eine Detailplanung und das Genehmigungsverfahren vor, das eine wesentliche Voraussetzung für die Umrüstung der Anlage ist. Nach Angaben des Umweltressorts wird das Unternehmen an diesem Freitag, 16. April 2021, beim Gewerbeaufsichtsamt eine Vorhabenbeschreibung für das Projekt an der Weser einreichen.

Für die thermische Verwertung am Standort Farge ist die Nutzung von Altholz der Klasse II und III geplant. Dies umfasst Holz in Form von altem Mobiliar, Paneelen, Sperrholz sowie Bau- und Abbruchholz, das verleimt, lackiert und beschichtet ist, in der Klasse III auch mit halogenorganischen Verbindungen. Nach Angaben von Kraftwerksleiter Jörn Neumann ist das Unternehmen für die Rohstoffbeschaffung des Altholzes mit der Firma Nehlsen im Gespräch.

Laut Unternehmenssprecherin Viktoria Lohse geht Onyx Power davon aus, dass der Personalbestand im Kraftwerk Farge in etwa gleich bleibt. „Typischerweise wird bei einem solchen Projekt aber noch ein detaillierter operativer Plan zum Betrieb erstellt“, so Lohse. Das erfolge zu einem späteren Zeitpunkt. Ihren Worten nach plant das Unternehmen im Zuge der Umrüstung des Farger Standorts auf Biomasse die Investition eines zweistelligen Millionenbetrags.

Das offizielle Genehmigungsverfahren wird nicht vor Spätsommer 2021 starten. Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) und Verantwortliche des Kraftwerksbetreibers hatten sich bei einem Treffen auf einen möglichen Fahrplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in Farge verständigt. „Beide Parteien setzen dabei auf eine enge Kooperation in dem Prozess“, so das Umweltressort.

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Maike Schaefer hält den Ausstieg aus der Kohlestromproduktion in Farge für einen wichtigen Baustein, um in Bremen die Ziele des Pariser Klimaabkommens zur erreichen. „Nachdem die SWB bereits das Abschalten des Kohlekraftwerks Hafen für dieses Jahr angekündigt hat und auch das Kraftwerk Hastedt bald folgen soll, könnte Bremen dann mit dem Abschalten des Kohlekraftwerks Farge einen großen Schritt zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens weiterkommen", so die Senatorin.

Schaefer betont, ihre sei es wichtig, dass bei dem Genehmigungsverfahren auch die Bürgerinnen und Bürger sowie der Beirat eng eingebunden werden. "Vor allem das Thema Immissionsschutz und Luftreinhaltung sowie Filtertechnik ist ein wichtiger Punkt in dem Verfahren. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung bringt Bremen, aber auch Onyx Power nur weiter, wenn das der Einstieg in eine saubere und vor allem regionale Holzverstromung wird, die perspektivisch auch eine Wärmeauskopplung beinhaltet.“

Der Beirat Blumenthal beschäftigt sich bereits seit Monaten mit dem Thema. Einige Beiratsmitglieder sind strikt dagegen, dass im Kraftwerk Altholz verbrannt wird. Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Bianca Frömming wird das Kraftwerk dadurch zu einer Müllverbrennungsanlage. „Wir Grünen aus Blumenthal stimmen den Plänen nicht zu“, bekräftigte Frömming ihren Standpunkt, den sie schon mehrfach deutlich gemacht hatte, am Donnerstag. Sie befürchtet auch eine Verschlechterung der Luftqualität durch Schadstoffemissionen. „Davon wäre je nach Windrichtung ganz Blumenthal betroffen“, so Frömming.

Kritik kommt auch vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) Bremen. Der Vorsitzende Klaus Prietzel kommentierte: "So sehr wir es begrüßen, wenn auch im Kraftwerk Farge die klimaschädliche Kohleverstromung beendet wird, kann die geplante Umstellung auf Altholz nicht die Lösung sein." Biomasse, auch Altholz, sei als Rohstoff viel zu kostbar, um es in einem Kraftwerk mit einem schlechten Wirkungsgrad zu verbrennen. Der überwiegende Teil der Energie gehe dabei als Abwärme in die Umwelt verloren. "Stattdessen muss Biomasse in der Energiewende dort eingesetzt werden, wo es derzeit keine brauchbaren Alternativen gibt, zum Beispiel für industrielle Prozesswärme oder für die Grundstoff-Chemie", so Prietzel. Für die erneuerbare Stromerzeugung gebe es bessere Alternativen, "vor allem mit Sonne und Wind“.

Der Kraftwerksleiter betont, dass das Kraftwerk Farge über modernste Filteranlagen verfügt, die eine umweltverträgliche thermische Verwertung des Altholzes gewährleisten. "Durch die Umrüstung des Kraftwerks könnten CO2-Emissionen in signifikantem Umfang eingespart werden.“

Als Beweggründe für die Umrüstung nennt Neumann unter anderem den Erhalt des Traditionsstandorts, Beschäftigung und lokaler Wertschöpfung in Bremen-Nord über den Kohleausstieg hinaus. „Der Kraftwerksstandort Farge ist eng mit den Menschen vor Ort und der Stadt Bremen verbunden. Vor fast 100 Jahren wurde das erste Kraftwerk an der Weser gebaut. Einige unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bereits in fünfter Generation in unserem Kraftwerk. Vor diesem Hintergrund möchten wir den Traditionsstandort nachhaltig und zukunftsfähig über den Kohleausstieg hinaus aufstellen.“ Langfristig sei auch der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft am Standort Farge denkbar. „Davon könnte insbesondere die energieintensive Stahlindustrie vor Ort profitieren.“

Info

Zur Sache

Die CO2-Emission

Das Kraftwerk Farge emittiert nach Angaben des Umweltressorts derzeit jährlich insgesamt etwa 1,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das entspreche rund neun Prozent des Gesamtanteils der Bremer Emissionen. Um 19 Prozent habe Bremen seine Emissionen bereits gemindert. Weitere elf Prozent sollen durch das Abschalten des Hafenkraftwerks durch die SWB wegfallen.

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