Im Vorjahr gab es die erste Bieterrunde für Energieunternehmen zum Kohleausstieg, jetzt gibt es die zweite. Und wie zuvor soll Onyx Power erneut für das Kraftwerk in Farge ein Gebot beim Bund abgegeben haben. Sagt Verdi – und auch, was passiert, wenn der Betreiber diesmal den Zuschlag bekommen sollte. Laut Gewerkschaftssekretär Stefan Najda muss die Anlage dann innerhalb eines Jahres abgeschaltet werden. Die Ergebnisse der zweiten Bieterrunde werden Anfang April erwartet.
Dass Najda nach eigenem Bekunden von einem zweiten Versuch des Unternehmens bei der Bundesnetzagentur weiß, führt er auf Gespräche mit Entscheidern von Onyx Power zurück. Gegenüber Medien macht der Kraftwerksbetreiber hingegen, was er auch im Vorjahr bei der ersten Bieterrunde gemacht hat: Er sagt, dass er im Moment nichts sagt. Unternehmenssprecherin Viktoria Lohse bittet um Verständnis, dass sich die Geschäftsführung zu einem laufenden Verfahren nicht äußern wird.
Weniger Personal
Erst kürzlich hat sich der Gewerkschaftssekretär mit Führungskräften von Onyx Power im Internet getroffen. Bei einer Online-Konferenz handelten sie einen neuen Tarifvertrag aus, weil der alte im Januar ausgelaufen ist. Der war erst wenige Wochen vor der ersten Bieterrunde abgeschlossen worden. Die Bundesnetzagentur zahlt bei der Auktion zum Kohleausstieg ausschließlich Abschaltprämien an Unternehmen, die für ihre Beschäftigen einen Tarifvertrag abgeschlossen haben.
Najda sagt, sich gewundert zu haben, wie schnell sich beide Seiten diesmal einig geworden sind. Und zu welchen Zahlungen das Unternehmen bereit ist, obwohl das vergangene Jahr ihm zufolge kein gutes Jahr für Onyx Power war. Ab Oktober bekommen die Beschäftigten und Auszubildenden 1,6 Prozent und ein Jahr später zwei Prozent mehr Lohn. Auch eine Corona-Prämie gibt es und die Zusage für eine erfolgsabhängige Vergütung für 2020, die mindestens so hoch ausfallen soll wie 2019.
Nach Ansicht des Verdi-Vertreters sind das gute Nachrichten für die 300 Beschäftigen von Onyx Power in Deutschland. Er hat aber auch schlechte. Und die haben mit dem Farger Standort zu tun. Najda spricht nicht nur von der möglichen Stilllegung nach der zweiten Bieterrunde, sondern auch davon, dass im Alternativplan des Unternehmens nicht alle 90 Arbeitnehmer vorkommen: Schwenkt es tatsächlich von Kohle- auf Holzverbrennung um, wird nach Rechnung des Gewerkschafters weniger Personal gebraucht.
Ob die Kalkulation von Stefan Najda stimmt, lässt der Betreiber offen. Zu einem möglichen Umbau des Kraftwerks erklärt Firmensprecherin Viktoria Lohse nur, was sie schon mehrfach erklärt hat: Dass Onyx Power dabei ist, für jeden seiner vier Standorte in Deutschland und den Niederlanden ein individuelles Zukunftskonzept zu erarbeiten. Und dass für die Anlage in Farge inzwischen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, bei der es um die Energiegewinnung durch das Verbrennen von Altholz geht.
Manche Politiker sagen A3-Holz statt Altholz. Der Buchstabe und die Zahl stehen für behandelte, lackierte und verleimte Hölzer. Dass sie im Kraftwerk verfeuert werden könnten, halten manche Beiratsvertreter für inakzeptabel. Beiratsvertreter wie Bianca Frömming zum Beispiel. Die Grünen-Politikerin geht davon aus, dass das Kraftwerk zu einer Müllverbrennungsanlage wird, wenn es so weit kommen sollte. Die Debatte beschäftigt das Stadtteilparlament inzwischen seit Monaten.
Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) hat deshalb angekündigt, genau prüfen zu wollen, wie es mit dem Standort im nördlichsten Stadtteil Bremens weitergeht. Als nach der ersten Bieterrunde im Dezember die SWB den Zuschlag für das Kraftwerk im Hafen bekam, nicht aber die Anlage von Onyx Power in Farge, bedauerte die Behördenchefin das aus klimapolitischer Sicht. Ein Antrag des Betreibers, künftig Altholz statt Steinkohle zu verbrennen, liegt dem Ressort bisher nicht vor.
Die Bieterrunden des Bundes
Bundestag und Bundesrat haben den Kohleausstieg beschlossen: Bis spätestens 2038 sollen alle Stein- und Braunkohlekraftwerke in Deutschland vom Netz sein. Um für Energieunternehmen einen Anreiz zu schaffen, ihre Anlagen abzustellen, gibt es Bieterrunden bei der Bundesnetzagentur. Sie versteigert quasi Prämien für die Stilllegung von Kraftwerken. Den Zuschlag bekommt, wer das niedrigste Gebot abgibt. Bei der ersten Auktion, die im Dezember vergangenen Jahres zu Ende ging, gab es für neun Stein- und zwei Braunkohlekraftwerke einen Zuschlag. Sie sollen in diesem Jahr abgeschaltet werden. Insgesamt sind acht Bieterrunden vorgesehen. Die letzte Auktion ist für Sommer 2024 geplant.