Seitdem das Blumenthaler Zentrum ein Sanierungsgebiet ist, geht es immer wieder ums Ganze: um Probleme und Potenziale – und um Millionen, die dabei helfen sollen, die Probleme zu lösen und die Potenziale zu fördern. Auch an diesem Mittwochnachmittag ist das so. Und trotzdem einiges anders. Bisher haben sich Senatoren angeschaut, was im Stadtteil passieren soll, nun ist die Bundesbauministerin da. Klara Geywitz (SPD) will die Projekte kennenlernen, die mithilfe des Bundes umgesetzt werden sollen. Später wird sie nicht nur über siebenstellige Summen sprechen, sondern auch einen Millionenbetrag symbolisch überreichen. Und die Zusage für einen anderen erneuern, obwohl das Gebäude, in dem das Zuschussvorhaben geplant war, abgebrannt ist.
Anleger: Das Empfangskomitee muss warten. Die Ankunft der Ministerin verspätet sich. Sie kommt mit dem Schiff. Am Anleger stehen Politiker, Stadtplaner und Amtsleiter. Anfangs wird die Gruppe, die Geywitz begleitet, aus einem Dutzend Frauen und Männern bestehen, am Ende werden es 20 sein. An manchen Stopps – fünf sind beim Fußmarsch durch Blumenthal geplant – stehen Leute. Einige sind von Behörden, andere von Initiativen. Wo es langgeht, hat Uwe Schmidt festgelegt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete ist an diesem Nachmittag der Gastgeber. Von Bord kommen sie zu dritt. Auch Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) ist dabei. Zwei Kilometer lang ist die Strecke, auf der Geywitz zu sehen bekommen soll, was im Stadtteil anders werden muss. Nach knapp anderthalb Stunden wird sie von ihrer Dienstlimousine abgeholt.

Vorbei am sogenannten Stern auf der Bahrsplate: Die Grünanlage gehört zu den Gebieten, die aufgewertet werden sollen.
Bahrsplate: Auf einem Plan zeigt Hanna Augustin, was Sanierungsgebiet ist und wo die Fördergebiete in Blumenthal sind. Die Stadtumbauplanerin wird am Ende mehr gesprochen haben als alle anderen. Sie ist die Projektleiterin des Vorhabens, das den Ortskern und benachbarte Quartiere voranbringen soll. Und damit auch die Bahrsplate. Politiker würde aus ihr am liebsten einen Sportpark machen. Die Ministerin sagt, dass die Lage herrlich ist: hier das Blau der Weser, dort das Grün der Rasenflächen. Sie spricht von einem großen Potenzial, das genutzt werden muss – unbedingt. Es geht vorbei an vollen Mülleimern, kaputten Trainingsplätzen und an Menschen, die auf Bänken sitzen. Ein Mann will wissen, was die Besuchergruppe vorhat. Irgendwann zeigt er auf Behördenchefin Ünsal und sagt, dass er sie kennt: "Klar, Sie sind doch bei den Grünen." Die SPD-Politikerin lacht.
Marktplatz: Von der Bahrsplate geht es zur Weserstrandstraße und von der Weserstrandstraße in die Emmalene-Bulling-Straße. Geywitz wird erklärt, dass der Straßenzug mal anders hieß – und dass er umbenannt wurde, weil sich Anwohner vom Rest der Straße, der Probleme machte und für manche immer noch macht, abgrenzen wollten. Die Wohnblocks an der George-Albrecht-Straße, die gemeint sind, werden auf der Tour links liegengelassen. Stattdessen geht es über die Kapitän-Dallmann-Straße zum Marktplatz. Umbauplanerin Augustin sagt, dass er als Nächstes auf der Liste der Sanierer steht. Und dass er geöffnet werden soll, um ihn zu beleben. Es ist früher Nachmittag und niemand sonst auf der Freifläche als die Delegation der Ministerin. Ein Mann steht im Eingang eines Geschäftes, bei dem die Schaufenster noch nicht verhangen sind.

Auf dem Marktplatz: Er soll geöffnet und dadurch belebt werden – damit wieder mehr Läden sind so wie dieser: geöffnet.
Rathaus: An der Landrat-Christians-Straße wird der Pulk schon erwartet: Planer von Immobilien Bremen wollen den früheren Verwaltungssitz zeigen. Ein Mitarbeiter der Baubehörde sagt, dass es gleich eine Überraschung gibt – für Augustin. Sie und ihr Team haben sich bei einem Programm des Bundes beworben, damit aus dem Rathaus ein Quartiershaus werden kann. So steht es auf einer Pappe, die so aussieht wie ein Scheck in Übergröße. Die Projektleiterin bekommt ihn im leeren Ratssaal überreicht. Diesmal ist es Geywitz, die redet, und Augustin, die zuhört. Die Ministerin meint, dass in diesem Jahr keine andere Stadt mehr aus dem Etat für nationale Projekte des Städtebaus bekommen hat als Bremen: sechs Millionen Euro. Das Rathaus-Vorhaben ist bisher mit 15,5 Millionen Euro veranschlagt. Hände werden geschüttelt, es wird applaudiert.
Kämmerei-Quartier: Nach dem Rathaus folgt die letzte Etappe für die Besucherin. Geywitz soll nicht nur sehen, was geplant ist, sondern auch, was inzwischen umgesetzt wird: der Schulcampus auf dem früheren Gelände der Bremer Woll-Kämmerei. Vor dem Sortiergebäude, in dem im nächsten Jahr die ersten Klassen unterrichtet werden sollen, bleiben alle stehen. Augustin zeigt wieder Pläne und spricht auch über das, was nicht auf ihnen zu sehen ist. Sie geht davon aus, dass der Stadtteil vom Campus profitieren wird und er zum Beispiel dazu beitragen kann, die Leerstandsquote im alten Ortskern zu senken. Weil vier der fünf geplanten Schulen Berufsschulen sind, ist von vielen Wohnungen für Auszubildende die Rede. Und davon, dass Blumenthal dadurch zu einem jüngeren Stadtteil wird.

Im Rathaus: Senatorin, Minsterin und Bundestagsabgeordneter bei der Übergabe des symbolischen Millionen-Schecks.
Fliegerhalle: Nicht weit vom Sortiergebäude entfernt endet die Blumenthal-Tour an einem Bauzaun. Dahinter steht ein Bagger und liegen aufgeschichtete Haufen aus Steinen, Holz und Metall. Es sind die Reste der abgebrannten Fliegerhalle. Der Industriebau sollte zu einer Schwimmhalle umgebaut werden – mit einem Zehn-Millionen-Euro-Zuschuss vom Bund. SPD-Bundestagsabgeordneter Schmidt sagt, dass es die Fördersumme trotzdem gibt. Ihm zufolge ist das Geld nämlich nicht ans Gebäude, sondern ans Badprojekt gekoppelt. Er erwartet jetzt ein Konzept von Bremen, wie es umgesetzt werden soll. Der Bund, meint er, hat geliefert, nun ist die Stadt am Zug. Geywitz sagt es ähnlich. Im nächsten Jahr will Schmidt sie wieder einladen. Dann soll sie einen Badeanzug mitbringen. Die Bundesbauministerin nickt.

Die Fliegerhalle: Vom Industriebau sind nur noch Reste übrig. Arbeiter haben begonnen, Steine, Holz und Stahl zu sortieren.