Jedes Jahr entscheiden die Beiräte darüber, welche Projekte von Vereinen, Elterngruppen und Einrichtungen sie im Stadtteil finanziell unterstützen – und fast jedes Jahr steigt die Zahl der Anträge und mit ihnen die Summen, die beantragt werden. Inzwischen sind sie so hoch, dass die sogenannten Globalmittel der Stadtteilparlamente bei Weitem nicht mehr für alle Vorhaben reichen. Im Oktober stehen wieder Entscheidungen in Blumenthal und Vegesack an. Um welche Zuschussbeträge es inzwischen geht, warum sie nach Ansicht der Ortsamtsleiter immer größer werden und wie die Beiräte damit umgehen – die drei Nordbremer Stadtteile im Überblick.
Burglesum: Florian Boehlke ist die Statistiken der vergangenen drei Jahre durchgegangen – und auf keine einzige Förderrunde gestoßen, in der das Geld für alle und alles gereicht hätte. Nach den Zahlen des Chefs der Stadtteilverwaltung war 2021 die Diskrepanz am deutlichsten. 97.647 Euro wurden beantragt, 61.290 Euro standen bereit. Das Geld wird dabei nie auf einen Schlag vergeben. Um so vielen Verbänden, Organisationen und Sportgemeinschaften wie möglich gerecht zu werden, macht der Burglesumer Beirat es bei der Vergabe der Globalmittel so, wie inzwischen alle Nordbremer Beiräte: Es gibt zwei Antragsrunden. Die erste Charge wird im Frühjahr verteilt, die zweite im Herbst. Im September ging es deshalb noch mal um rund 20.000 Euro. Mehr als doppelt so viel gab es von den Stadtteilpolitikern im März.
Nach Angaben des Ortsamtsleiters konnte auch diesmal nicht jeder Antragsteller bedacht werden. Und auch nicht jeder so viel bekommen, wie er gerne hätte. Das steigende Zuschussvolumen führt er darauf zurück, dass Vereine nicht mehr so viel Geld haben. Boehlke spricht von den Folgen der Inflation. Aber auch davon, dass es leichter ist, Globalmittel zu beantragen, als einen Zuschuss von der Behörde zu bekommen. Der bürokratische Aufwand, sagt er, ist kleiner – und damit der Anreiz größer, einen Beirat um Hilfe zu bitten. Mit der Folge, dass sich die Fraktionen ihm zufolge immer länger mit der Vergabe beschäftigen. Genauso wie das Ortsamt, das nach anderen Fördermöglichkeiten sucht, falls ein Antrag abgelehnt werden muss. Boehlke findet, dass das Budget angehoben werden muss.
Blumenthal: Dieses Jahr ist, wenn man so will, ein Rekordjahr für Oliver Fröhlich und den Beirat: 134.330 Euro sind von Initiativen, Verbänden und Vereinen beim Ortsamtschef und den Stadtteilpolitikern beantragt worden – so viel wie in den vergangenen vier Jahren nicht. Hätten die Fraktionen allen Vorhaben in voller Höhe zustimmen wollen, wäre der Globalmittel-Etat von zwei Jahren weg gewesen. Und weil das nicht geht, haben die Parteien notgedrungen getan, was sie in den vergangenen Jahren immer häufiger tun mussten: Vorhaben nur mit einem Teilbetrag fördern, auf die nächste Vergaberunde vertagen oder gleich streichen. Fröhlich sagt, dass es zuletzt mehrmals vorgekommen ist, dass Anträge dabei waren, die nichts mit dem Stadtteil zu tun hatten. Und dass Vereine nicht etwa einen einzigen Antrag stellten, sondern sechs.
Ihm zufolge hat anfangs eine Sitzung gereicht, auf der sich die Fraktionen abgestimmt haben, wer wie viel bekommen soll. Jetzt, meint Fröhlich, ist mindestens noch eine zweite notwendig, bevor im Stadtteilparlament abgestimmt werden kann. Mehr Anträge bedeuteten eben auch mehr Rücksprachen mit den Antragstellern: Scheitert ein Projekt, wenn es nicht mit der vollen Summe unterstützt wird? Gibt es nicht noch einen anderen Förderetat, der besser wäre? Und warum braucht es ausgerechnet einen Zuschuss für einen Kühlschrank? Antworten holt in der Regel das Ortsamt ein. Was bei 44 Anträgen in einem Jahr schon mal dauern kann. Es ist die bisher zweithöchste Zahl. Nur 2020 gab es mehr: 47. Fröhlich stellt sich darauf ein, dass das Aufkommen an Anfragen wegen der Inflation nicht so schnell abnehmen wird. Wenn überhaupt.
Vegesack: Gunnar Sgolik hat nachgeschaut: Vor drei Jahren war die Summe, die alle Antragsteller zusammen für Vorhaben in Vegesack beantragt hatten, sechsstellig. Inzwischen ist der Betrag zwar gesunken, aber immer noch höher als 2021 und 2022. Der designierte Ortsamtsleiter kommt auf rund 94.000 Euro. Was ein Drittel mehr ist, als das Stadtteilparlament vergeben kann. Und weil Sgolik davon ausgeht, dass das Antragsvolumen in den nächsten Jahren weiter steigen wird, würde es er sich freuen, wenn auch das Budget des Beirats angepasst wird. Und zwar so, dass zumindest die Preissteigerungen der vergangenen Jahre berücksichtigt werden. Für ihn ist die Inflationen einer der Hauptgründe, warum sich Vereine, Einrichtungen und Gruppen vermehrt ans Stadtteilparlament wenden, um finanziell unterstützt zu werden.
Seiner Erfahrung nach gibt es zwar immer wieder Antragsteller, die häufiger als andere Geld vom Stadtteilparlament wollen, aber nur wenige Forderungen, die wirklich überzogen sind. In der Regel, sagt Sgolik, geht es bei ihnen um Essenzielles. Wer förderfähig ist und wer nicht, versucht das Ortsamt zu klären, bevor die Liste an Projekten und Kosten den Stadtteilpolitikern zur Abstimmung vorgelegt wird. Zuletzt sind Anträge von den Parteien abgelehnt worden, weil die Vorhaben schon anderweitig vom Beirat unterstützt wurden – jedoch noch nie, weil irgendwelche Angaben auf Formularen fehlten oder sie falsch ausgefüllt waren. Laut Sgolik gehört auch das manchmal zur Arbeit der Stadtteilverwaltung, wenn es um die Zuschussvergabe geht: dabei zu helfen, dass ein Vorhaben gegebenenfalls Globalmittel bekommen kann.