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Musik aus dem Bremer Norden Zeichen gegen Rassismus: Ein Song – eine Botschaft

Mit seiner Musik setzt sich Alessandro Bünnagel für ein respektvolles Miteinander ein. Sein Song "Für den Club zu krass" thematisiert seine Erfahrungen mit Rassismus in Bremen und ruft zum Handeln auf.
10.02.2024, 08:00 Uhr
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Zeichen gegen Rassismus: Ein Song – eine Botschaft
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Allein in Bremen demonstrierten in den vergangenen Wochen mehr als 65.000 Menschen gegen rechtes Gedankengut. Für den Burglesumer Alessandro Bünnagel war dieser Protest eine Art Initialzündung. Die Kundgebungen haben ihn dazu bewogen, seinen Song "Für den Club zu krass", den er schon vor einiger Zeit geschrieben hat, endlich zu veröffentlichen. Das Lied handelt von Alltagsrassismus, den Bünnagel regelmäßig in der Hansestadt erlebt. Um dagegen etwas zu tun, will der Nordbremer es aber nicht allein bei dem Song belassen.

"Ich habe einen Migrationshintergrund", sagt der selbstständige Finanz- und Wirtschaftsberater. "Meine Mutter ist Türkin, mein Vater Deutscher." Insofern gebe es bei ihm – im Gegensatz zu vielen anderen Personen – nur zur Hälfte eine Zuwanderungsgeschichte. "Wenn man mir aber ins Gesicht schaut, würde man den deutschen Vater im ersten Moment nicht vermuten", schildert er. Dieser Umstand sei für ihn spannend und herausfordernd zugleich. "Ich fühle mich grundsätzlich deutsch, bin hier geboren und vollständig integriert", sagt der Musiker. "Trotzdem teile ich die Probleme, die ganz viele Menschen mit Migrationshintergrund haben."

Dazu gehöre zum Beispiel, dass er nur selten in Discos hineingelassen werde. In den meisten Fällen verweigerten Türsteher ihm den Zugang. Eine Begründung würden sie dabei nicht nennen. "Ein paar Sekunden später sehe ich dann aber, wie Menschen mit blonden Haaren und offensichtlich deutscher Ethnie durchgewunken werden", berichtet Bünnagel. "Ich bin jemand, der total respektvoll und höflich auftritt. In den Schlangen vor den Diskotheken falle ich weder durch Pöbeleien noch durch Alkoholkonsum auf."

Bisher hat ihm zwar noch kein Türsteher explizit gesagt, dass er wegen seines Aussehens keinen Zutritt bekommt. Bei Gesprächen, die er mit Beschäftigten aus der Branche geführt hat, habe sich aber genau so eine Vorgehensweise herauskristallisiert. "Das ist ein Beispiel für Rassismus, den ich im Alltag erlebe", schildert er. Und genau davon handelt sein Song. 

Aufmerksamkeit für Problematik schaffen

Der Titel soll eine klare Botschaft vermitteln. "Egal, wie Türsteher oder Diskothekenbetreiber uns selektieren oder differenzieren: Wir stehen da drüber. Wir sind für den Club zu krass", erklärt er.

Mit dem Lied will Bünnagel in erster Linie Aufmerksamkeit schaffen. Denn er stellt immer wieder fest, dass viele Menschen seine Erfahrungen nicht nachvollziehen können. "Es ist nicht so, dass das Verständnis fehlt. Aber die Leute haben solche Situationen bisher einfach noch nicht erlebt", berichtet der Nordbremer. "Das führt dazu, dass manche verwundert sind, wenn ich ihnen von meiner Sorge erzähle, dass ich womöglich nicht in die Diskothek hineingelassen werde." Genau darauf solle der Song hinweisen. Zeitgleich wolle er die Bevölkerung dazu animieren, gegen Rassismus vorzugehen.

Dazu gehört für ihn auch, dass Kampagnen wie "Laut gegen rechts" unterstützt werden. Bei solchen Versammlungen könnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum einen ihre Solidarität mit den Betroffenen bekunden. Zum anderen würden die dazu ermutigt werden, ihre Erlebnisse mit anderen zu teilen. Schließlich erfahre jeder eine andere Form von Rassismus. Jede Geschichte sei dabei ein Puzzlestück. "So entsteht leider ein gesamtgesellschaftliches Fehlbild", so der Musiker.

Um daran etwas zu ändern, integriert er das Thema auch in seine politische Arbeit. "Ich bin für die SPD im Beirat Burglesum aktiv und darüber hinaus stellvertretender Vorsitzender der Jusos in Bremen-Nord", erzählt er. In beiden Funktionen habe er die Problematik schon häufiger aufgegriffen.

Kampf gegen Rassismus

Und das will er auch in Zukunft tun – insbesondere mit den Jusos. Das Motto dabei lautet genauso wie sein Song. "Der war für uns der Startschuss", erklärt das Beiratsmitglied. In den kommenden Monaten wolle die Jugendorganisation der Nordbremer SPD, ausgehend von der Problematik, die das Lied beschreibt, Rassismus grundsätzlich angehen.

Den erlebt er nicht nur in der Diskothek, sondern auch im Bremer Norden. "Im beruflichen Kontext kommt es leider immer mal wieder vor, dass Witze wie 'Bei Dir müssen wir aufpassen, dass Du nicht noch eine Bombe unter der Jacke hast' gemacht werden", erzählt er. "Harte Erlebnisse mache ich aber auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, wo ich von anderen Fahrgästen wüst beleidigt werde." Dazu zähle unter anderem, dass er aufgefordert werde, dorthin zu gehen, wo er herkommt. "Und das mit dem Bewusstsein, dass ich einen deutschen Vater habe", sagt Bünnagel. "Deutschland ist meine absolute Heimat. Ich habe zwar keinen nationalen Hintergedanken, aber ich liebe Deutschland. Ich fühle mich hier total wohl. Das ist einfach mein Zuhause."

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Info

Der Song "Für den Club zu krass" ist auf allen gängigen Plattformen erhältlich. Zu dem Lied gibt es auch ein Video, das auf Youtube zu finden ist. 

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