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Koalitionsvertrag Wenig Konkretes für Bremen-Nord

Kritik am Koalitionspapier kommt erwartungsgemäß von der Opposition. Doch auch aus dem Regierungslager gibt es kritische Stimmen wegen fehlender Aspekte für den Bremer Norden.
27.06.2023, 18:00 Uhr
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Wenig Konkretes für Bremen-Nord
Von Björn Josten
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Der Koalitionsvertrag für die neue Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft ist unter Dach und Fach. SPD, Grüne und Linke haben sich auf Leitplanken für die politische Arbeit geeinigt. Wie das Papier aus Nordbremer Sicht bewertet wird. Eine Umfrage unter Lokalpolitikern.

Bettina Hornhues (CDU-Kreisverbandsvorsitzende)

Kritik am Koalitionsvertrag kommt erwartungsgemäß von der Union. Es fehlten Ideen für den Bremer Norden. "So fehlen Ansatzpunkte, wie man vor allem hierhin, die zwingend notwendigen Erzieherinnen und Lehrkräfte bekommt", sagt Hornhues. Zum Klinikum Bremen-Nord fehle ein klares Bekenntnis. Die Probleme bei der Schaffung von Arbeitsplätzen im Bremer-Norden würden außerdem nicht angegangen. "Ich freue mich, dass meine langjährige Forderung nach einem Azubi-Wohnheim in Blumenthal kommen soll", so Hornhues. Das sei ein wichtiger Impuls zur Fachkräftegewinnung. Allerdings macht Hornhues nicht wenige Themengebiete aus Sicht des Bremer Nordens aus, die keinen Niederschlag im Regierungspapier finden. "Es gibt kein Zielbild zur sektorenübergreifenden Versorgung mit Klinikum und den niedergelassenen Ärzten", sagt sie. Zudem seien keinerlei Fördermaßnahmen zur gezielten Ansiedlung von Hausärzten vorgesehen. Zudem vermisse sie verbindliche Aussagen zu einem Drogenkonsumraum, zum Schutz vor Hochwasser und zu den über 400 nicht erstausgebauten Straßen. "Weitere vier Jahre Stillstand bei dem Thema sind vorprogrammiert", befürchtet Hornhues. Das Thema Tourismus werde nur durch die Absichtserklärung aufgegriffen, das „Freizeit- und Naherholungskonzept im Bremer Norden“ wieder zu reaktivieren. "Neue innovative Ideen zur Tourismusförderung in Bremen-Nord gibt es nicht", kritisiert Hornhues.

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Ute Reimers-Bruns (SPD-Unterbezirksvorsitzende)

Dass die SPD offenbar in weiten Teilen ihre Agenda durchsetzen konnte, lässt sich aus der Einschätzung der SPD-Unterbezirksvorsitzenden Ute Reimers-Bruns ablesen. "Aus Bremen-Norder Sicht ist der Koalitionsvertrag ein klares Bekenntnis für die Weiterentwicklung des Bremer Nordens zu einem wirtschaftlich starken Standort mit Ausweitung der Gewerbeflächen", führt sie die Sicht der Sozialdemokraten aus. In einem ersten Schritt sei vorgesehen, im Rahmen eines Sofortprogramms Flächen auch in Bremen-Nord sofort zu aktivieren. Positiv erwähnt sie, dass der Koalitionsvertrag eine verbesserte Erreichbarkeit von Gewerbebetrieben mit dem ÖPNV als unbedingt erforderlich bezeichne. Beispielhaft sei der 15-Minuten-Takt der RS 1 genannt. Der Gesundheitsbereich mit verschiedenen stationären und ambulanten Angeboten, zum Beispiel Klinikum Bremen-Nord, Stiftung Friedehorst, etc., biete viel Potenzial zur weiteren Ansiedlung von gesundheitswirtschaftlichen Betrieben. Dass dies unterstützt werden solle, begrüßt sie. Der besonderen Herausforderung des Bevölkerungswachstums stelle sich die Koalition, indem sie Unterstützungsmaßnahmen für die betroffenen Quartiere verstärke, wie Reimers-Bruns positiv zur Kenntnis nimmt. So würden die Gebiete mit besonderen Herausforderungen durch aufsuchende Arbeit von Gesundheitsfachkräften im Quartier in besonderem Maße unterstützt.

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Thomas Pörschke (Co-Sprecher Grüne)

Lob kommt von der neu gewählten Spitze des Grünen-Kreisverbandes. „Ausrichtung und Philosophie stimmen“, erklären die gleichberechtigten Sprecher Birgit Krahe und Thomas Pörschke nach einer ersten Sichtung des Koalitionsvertrages übereinstimmend. „Es ist uns wichtig, dass Sicherheit, sozialer Ausgleich und dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen gemeinsam gedacht und entwickelt werden.“ Auch die Hervorhebung der Bereiche Kinder und Bildung sei richtig. Außerdem benenne der Koalitionsvertrag mit der Entwicklung des Berufsschulcampus in Bremen-Blumenthal ein, so Pörschke, „Schlüsselprojekt zur Stärkung des Handwerks und zur Umsetzung der Energiewende“. Mit den Gedanken zur Grohner Düne und dem Areal der Strandlust seien zwei weitere Vorhaben von „großer Bedeutung und überregionaler Bekanntheit“ in den Vertrag aufgenommen worden. „Auch freut es mich, zu lesen“, so Pörschke weiter, dass Radpremiumrouten in den Norden und andere Außenbereiche „nun vom Senat vorangetrieben werden sollen“. Dass dies „unter Beachtung örtlicher Gegebenheiten“ zu geschehen habe und zudem laut Vertrag die „innenstadtfernen Stadtteile“ auch bei Sanierungen mehr zu beachten wären, hebt Pörschke hervor. Er zeigt sich zudem erfreut darüber, dass eine Bibliothek in Blumenthal ausdrücklich Erwähnung findet. Enttäuscht zeigen sich die Grünen von der fehlenden Nennung des Klinikums Bremen-Nord: „Der Senatorin ist die Bedeutung des Standorts bewusst. Dennoch hätte uns die ausdrückliche Erwähnung eines der wichtigsten Arbeitgeber in der Region gefreut“, so Pörschke.

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Michelle Woelke (FDP-Kreisverbandsvorsitzende)

Die FDP erachtet den Koalitionsvertrag für schwammig und unkonkret. "In Hinblick auf den Blumenthaler Stadtteil als Sanierungsgebiet und den Berufsschulcampus wurden zwar Vorschläge genannt, wie diese jedoch umgesetzt werden sollen, bleibt unklar", gibt Michelle Woelke ein Beispiel. In Vegesack wolle die Koalition eine Förderung der Maritimen Meile – konkrete Vorschläge fehlten jedoch. Der Burglesumer Stadtteil finde sich im Koalitionsvertrag kaum wieder. Die Liberalen haben zur Kenntnis genommen, dass das „Freizeit- und Naherholungskonzept im Bremer Norden“ revitalisiert werden soll. "Der Bremer Norden muss endlich ein Ziel für Tagesausflüge werden und als Freizeitregion attraktiver werden", fordert Woelke. Dabei müsse auch die neue Strandlust eine Rolle spielen. Die Koalition möchte mehr Azubi- und Studierendenwohnheime und weitere auf junge Menschen ausgerichtete Wohnangebote im Blumenthaler Zentrum schaffen, was die FDP für unumgänglich hält. Michelle Woelke fehlen im Vertragswerk Gedanken zum Erhalt historischer Bausubstanz, wie beispielsweise beim Revier Hindenburgstraße. "Uns fehlt eine endgültige Entscheidung, ob es einen Teilneubau oder Sanierung des Freizeitbades Vegesack geben soll", ergänzt Woelke. Die ärztliche Rundumversorgung im Klinikum Bremen-Nord müsse gewährleistet werden. "Dies wurde ebenfalls nicht thematisiert", sagt Woelke. Ohnehin bleibe abzuwarten, wie die Koalition all ihre Vorstellungen hinsichtlich der angespannten Haushaltslage überhaupt umsetzen wolle. "Der gesamte Koalitionsvertrag steht unter Finanzierungsvorbehalt, und da er überhaupt keine Vorschläge zur Finanzierung macht, ist er nicht mehr als ein langer Wunschzettel", sagt Woelke.

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Karl Brönnle (Linken-Ortsverbandssprecher)

Für Karl Brönnle spielt der Bremer Norden im Koalitionsvertrag eine zu geringe Rolle. "Der Begriff Bremen-Nord erscheint im Vertrag nur sieben Mal", stellt er fest. "Von der Einrichtung einer Beratungsstelle für queere Menschen abgesehen, zudem in recht unbestimmten Zusammenhängen: Die Privatuni wird gelobt, die Anbindung des Berufsschulcampus an den ÖPNV benannt, ein Ausbau des BSAG-Betriebshofs bis 2025 'in Richtung' Klimaneutralität versprochen." Das seien nur wenige und zudem vage Absichten. Er begrüßt die Absicht, Blumenthal weiter aufwerten zu wollen. "Der Berufsschulcampus auf dem ehemaligen BWK-Gelänge sowie die Sanierung des alten Zentrums haben das Potenzial, Blumenthal attraktiv zu machen", sagt Brönnle. Das geplante Azubi-Wohnheim, ein Quartiersbildungszentrum und verschiedene Förderungen im Wohnungsbestand würden dazu gut passen. Auch die geplante Erhöhung der Taktung der S-Bahn – in den Hauptverkehrszeiten alle 15 Minuten – sei zu begrüßen. Enttäuscht zeigt sich Brönnle davon, dass die Pläne für das Klinikum Bremen-Nord nicht erläutert werden. "Auch zum Problem der unterdurchschnittlichen Anzahl von Arbeitsplätzen im Norden hätten wir gerne etwas gehört", ergänzt er. Zum Thema Weserfähre zwischen Bremen-Nord und City hätte er ebenfalls gern etwas im Vertragswerk gelesen.

Sven Schellenberg (Bürger in Wut)

Den Bürgern in Wut ist der Koalitionsvertrag zu vage. "Im Abgleich mit den realen Bedarfen für Bremen-Nord fehlt es dann einfach flächendeckend in der Konkretisierung", kritisiert Sven Schellenberg. "Sehr viel Wert legen wir auf die sorgfältige und professionelle Umsetzung des Projektes Berufsschulcampus auf dem ehemaligen BWK-Gelände in Blumenthal", so Schellenberg weiter. Davon verspreche er sich wichtige Impulse für den Stadtteil. Auch die angekündigte Sanierung der Boden- und Grundwasserverunreinigungen des stillgelegten Tanklagers Farge begrüßt er. Dieses Areal habe Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung des Bremer Nordens. Dazu müsse der gesamte Stadtbezirk zudem attraktiver gemacht werden. "Die aktuelle Arbeitsplatzsituation in Bremen-Nord ist so nicht mehr vermittelbar. Deshalb muss mit den Pfunden, welche der Bremer Norden hat, auch mal wahrnehmbar gewuchert werden", fordert Schellenberg. Vorgesehene Verbesserungen im ÖPNV-Bereich müssten zudem schleunigst umgesetzt werden. Die Bürger in Wut erwarten vom künftigen Senat, Quartiere mit erhöhtem Förderbedarf – speziell mit Blick auf die Förderung des Ehrenamtes – zu bevorzugen.

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