Lesum. Monika Resmer spricht von einer Win-win-Situation. Von dem neuen Paten-Projekt der Dienste für Senioren und Pflege sollen sowohl die beteiligten Auszubildenden als auch die Seniorinnen und Senioren profitieren, die in den Servicewohnungen auf dem Gelände der Stiftung Friedehorst wohnen. Resmer, die das Servicewohnen koordiniert, hat sich das Konzept ausgedacht, nachdem der Vorschlag aus dem Gebäudemanagement an sie herangetragen wurde.
Die Idee dahinter: Vier leer stehende Appartements in Haus 16 A, eines von insgesamt drei Häusern mit Servicewohnungen auf dem Friedehorst-Areal, werden zu günstigen Konditionen an Azubis der Dienste für Senioren und Pflege vermietet. Im Gegenzug übernehmen die jungen Mieterinnen und Mieter Patenschaften für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner und unterstützen so auch den Betreuungsservice. Interessenten fanden sich schnell. Drei der Appartements wurden Anfang September vergangenen Jahres bezogen, das vierte Anfang Oktober.
Die Azubis sollen keine pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten übernehmen, "sondern eher Dienstleistungen wie Einkaufen, Begleitung beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen", betont Resmer. Darüber hinaus sind sie als Ansprechpersonen vor Ort und achten darauf, dass abends die Haustür abgeschlossen ist. "Damit die Auszubildenden bei ihren Tätigkeiten unfall- und haftpflichtversichert sind, haben sie Verträge für Ehrenamtliche bekommen", erläutert Resmer die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Hilfe direkt im Haus
Für Uta Addicks ist es ein "beruhigendes Gefühl", dass jetzt junge Leute im Haus wohnen. Sie sagt: "Es ist wichtig, dass man sich nicht verlassen vorkommt, wenn man mal nicht mehr weiter weiß." Die 81-Jährige hat von der Anwesenheit der Auszubildenden bereits profitiert. Als sie sich kürzlich bei einem Unfall eine Verletzung an der Hand zuzog, bat sie Judith Mandizha um Hilfe. "Ich konnte mir den Verband nicht alleine anlegen", erzählt sie. Die 25-Jährige unterstützte sie und an den Folgetagen bekam die Seniorin weitere Hilfe von Andreas Rarivoarilala, die im Appartement direkt neben ihr wohnt. Die 25-Jährige macht wie die anderen Azubis, die im Haus wohnen, eine Ausbildung zur Pflegefachkraft. Sie ging zur Apotheke und besorgte Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel.
Auch Annie Rabenirina ist schon eingesprungen, als Bewohnerinnen Unterstützung brauchten. "Ich war für eine Bewohnerin einkaufen. Und ich habe versucht einen Fernseher einzustellen", erzählt sie und schmunzelt dabei. Gelungen sei ihr das nämlich leider nicht. "Da wäre Sebastian vielleicht besser geeignet gewesen", sagt sie. Sebastian Korzak ist der vierte Auszubildende, der im Haus wohnt.
Demnächst wird Annie Rabenirina auch Bärbel Raudies zur Seite stehen. Der 72-Jährigen steht eine Zahn-Operation bevor und deshalb braucht sie jemanden, der anschließend nach ihr schaut und guckt, ob es ihr gut geht. Die Seniorin ist froh über die Lösung. "Ich hätte mit Sicherheit auch jemanden aus der Familie oder meinem Freundeskreis gefunden, der gekommen wäre. Aber Annie wohnt ja direkt im Haus und so ist es einfacher."
Monika Resmer erzählt: „Die Senioren haben ihre jungen Nachbarinnen und Nachbarn sehr positiv aufgenommen und sie haben auch keine Hemmungen, um Unterstützung zu bitten." Ganz so, wie sie es sich langfristig vorstellt, läuft das Projekt allerdings noch nicht. Die Corona-Pandemie bremst es aus und verhindert beispielsweise, dass gemeinsame Zusammenkünfte im Aufenthaltsraum stattfinden können. Immerhin gab es im Sommer ein Fest im Garten. "Es wäre schön, wenn sich das im Laufe der Zeit weiter entwickeln würde. Vielleicht ergeben sich dann sogar Freundschaften", hofft Resmer. "Ich bin überzeugt davon, dass die Kontakte noch enger und persönlicher werden, wenn sich die Corona-Lage entspannt hat."
Kurzer Arbeitsweg, günstige Miete
Doch schon jetzt, meint sie, erleichtere das Projekt den Nachwuchs-Pflegekräften, sich in der Hausgemeinschaft einzuleben. Und es bringt ihnen weitere Vorteile. Neben der günstigen Miete ist das für Annie Rabenirina und Andreas Rarivoarilala eindeutig der kurze Weg zur Arbeit. Die beiden jungen Frauen haben sich vorher eine Wohnung in Walle geteilt und sind von dort mit Bus und Zug nach Bremen-Nord gefahren. Die Fahrtzeiten und Verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel sind für sie sehr ungünstig. "Wir mussten schon um 4 Uhr los, um zum Frühdienst um 6 Uhr pünktlich bei der Arbeit zu sein und um 6 Uhr, damit wir rechtzeitig um 8 Uhr in der Schule sind", schildert Rarivoarilala. Mit ihrem Umzug auf das Friedehorst-Gelände haben sie nun einen extrem kurzen Arbeitsweg.
Judith Mandizha hat sich noch aus einem anderen Grund für das Projekt entschieden, wie sie kürzlich im Kursbuch, dem Magazin der Stiftung Friedehorst, sagte. „Ich komme aus Simbabwe und möchte meine Deutschkenntnisse verbessern. Das Projekt bietet mir die Möglichkeit dazu", so die 25-Jährige.