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Günstige Energiequelle Deutlicher Ausbau der Solarkraft im Bremer Südosten

Die Bürgerinnen und Bürger im Bremer Südosten haben abgestimmt: für die Kraft der Sonne. Der Ausbau hat in den beiden vergangenen Jahren deutlich Fahrt aufgenommen. Ein Gebäudetyp hinkt allerdings hinterher.
24.02.2025, 05:35 Uhr
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Deutlicher Ausbau der Solarkraft im Bremer Südosten
Von Christian Hasemann
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Der Frühling steht vor der Tür, die erste sonnigen Tagen kündigen sich an. Die Sonnenstrahlen sorgen bei Besitzern von Fotovoltaik-Anlagen und Balkonkraftwerken für zusätzliche freudige Gesichter, denn jedes Photon, das auf die dunklen Paneele fällt, mindert die Stromkosten. In den vergangenen Jahren hat sich im Bremer Südosten einiges getan beim Ausbau der Fotovoltaik. Dabei sind die Bürgerinnen und Bürgern der Verwaltung voraus.

Wer wissen will, wie es um den Ausbau der Solarkraft in seiner Nachbarschaft bestellt ist, kann einen Blick in das Marktstammdatenregister werfen. Dort ist öffentlich einsehbar, wo, wann und wie viel Leistung von wem installiert worden ist. Aufschlüsseln lässt sich die Liste auch nach Postleitzahlen, die sich zum Teil mit den Ortsteilgrenzen decken.

Spitzenreiter Sebaldsbrück

Der Postleitzahlenbereich 28309 umfasst die Ortsteile Hemelingen und Sebaldsbrück und ist zum Teil von Industrie geprägt. Wenig verwunderlich ist beim Blick in die Stammdaten, das hier die größten Anlagen entstanden sind. Der Spitzenreiter bei den neu in Betrieb genommenen Anlagen stammt 2024 aus Sebaldsbrück. Dort hat das Mercedes-Werk laut Register eine Anlage mit einer Nettonennleistung von annähernd 2100 Kilowattpeak (kWp) Leistung installiert. Die Anlage erzeugt nach gängiger Berechnungsmethode bis zu zwei Millionen Kilowattstunden pro Jahr und besteht nach Angaben des Konzerns aus 6740 Einzelmodulen auf einer Fläche von 19.000 Quadratmetern auf dem Dach der Halle 70.

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Insgesamt hat der Bereich Hemelingen und Sebaldsbrück im Jahr 2024 125 Anlagen mit 2825 Kilowatt Leistung auf den Dächern, Balkonen und an Fassaden ans Netz gebracht. Zum Vergleich: 2023 gingen 76 PV-Anlagen in Betrieb mit einer Leistung von 1850 Kilowatt.

Auffällig: 116 der 125 Anlagen aus 2024 haben Bürgerinnen und Bürgern in Betrieb genommen. Daneben war auch die Evangelische Brückengemeinde 2024 aktiv und hat eine Anlage installiert. Und die öffentlichen Gebäude? Das einzige PV-Projekt der öffentlichen Hand wurde am Kinder- und Familienzentrum Hinter den Ellern in Betrieb genommen.

Insgesamt kommen die Anlagen von Bürgerinnen und Bürger auf eine Leistung von 439 kWp, also rund ein Sechstel der installierten Gesamtleistung und im Jahr auf annähernd 439.000 Kilowattstunden Strom. Viele der Anlagen sind sogenannte Balkonkraftwerke. Das sind Solaranlagen, die einfach per Stecker an eine herkömmliche Haussteckdose angeschlossen werden und zumindest einen Teil des Strombedarfs decken können.

239 private Solaranlagen in Osterholz

Für den Postleitzahlenbereich 28307, der Teile Arbergens, Mahndorfs und große Teile Osterholz umfasst, verzeichnet das Register für 2024 insgesamt 250 neue Solaranlagen mit einer Gesamtnettoleistung von 2249 Kilowattpeak. Bei genauerem Hinsehen wird dieser Wert besonders von mehreren großen Anlagen von Unternehmen getragen. So haben demnach die Firmen F. W. Neukirch und Hansaflex Anlagen mit jeweils annähernd 375 Kilowatt in Betrieb genommen. Es folgt die Fleischer-Einkauf AG mit 270 Kilowatt sowie die Gewoba und Lidl mit mehreren Projekten mit bis zu 90 Kilowatt Leistung.

Der weitaus größte Teil der Anlagen wurde aber auch hier von Privatpersonen installiert, nämlich 239 der für 2024 registrierten Anlagen. Dazu dürften noch einige Anlagen kommen, die von ihren Eigentümern (noch) nicht im Marktstammdatenregister angemeldet wurden, obwohl dieser Prozess 2024 stark vereinfacht wurde. Auch hier ein Vergleich mit 2023: Damals wurden in Osterholz 146 Anlagen mit einer Leistung von 626 Kilowatt in Betrieb genommen.

Besonderheiten in der Vahr

In der Vahr zeichnet sich ein etwas anderes Bild, denn hier gingen 2024 76 PV-Anlagen mit einer Leistung von 436 Kilowatt in Betrieb. Die größten Anlagen stammen dabei von Lidl und den Kirchengemeinden Neue Vahr und der Epiphaniasgemeinde sowie der Firma Katenkamp und Fuhrmann. Beim größten Inhaber von Gebäuden in der Vahr, der Gewoba, sah es hingegen 2024 in Sachen Solar eher mau aus: Gerade einmal 18,8 Kilowatt Leistung gingen ans Netz. 2023 waren es in der Vahr insgesamt 40 Anlagen mit einer Leistung von 234 Kilowatt.

Dass in der Vahr weniger Anlagen installiert werden, hängt zum Teil mit der Baustruktur zusammen. Die Vahr wird dominiert von Mehrparteienhäuser der Gewoba. Einfamilienhäuser und Reihenhäuser wie in Teilen von Osterholz oder Hemelingen, wo Eigentümer einfacher aktiv werden können, sind eher selten. Auf der anderen Seite haben diese Mehrparteienhäuser viele unverschattete Dachflächen zu bieten. Warum diese also nicht nutzen? "Die vorhandenen Holzbalkendecken können die zusätzlichen Lasten einer PV-Anlage nicht tragen", heißt es auf Nachfrage von der Gewoba.

Grundsätzlich sei es Mieterinnen und Mietern erlaubt, Balkonkraftwerke in Betrieb zu nehmen. Dies sei eine zustimmungspflichtige Maßnahme. Voraussetzung sei eine elektrische Struktur auf heutigem Stand der Technik, die die Gewoba seit 2021 flächendeckend mit Sanierungen schaffe. Auf und an Hochhäusern dürfen aus Brandschutzgründen grundsätzlich keine PV-Anlagen, auch keine Balkonkraftwerke, installiert werden.

Speicher speichern Sonnenenergie

Im Marktstammdatenregister ist auch abzulesen, wie viele Batteriespeicher installiert wurden. Diese speichern einen Teil des Stroms, der über die Kollektoren erzeugt wird. Sie geben ihn wieder ab, wenn er gebraucht wird und die Sonne nicht scheint. Dadurch kann der selbst verbrauchte Anteil des Stroms erhöht und die Stromrechnung weiter gesenkt werden. Von 2021 haben sich die Preise bis heute annähernd halbiert. Die Auswirkungen lassen sich im Bremer Südosten beobachten.

2024 wurden in Sebaldsbrück und Hemelingen 53 Speicher mit einer Nettokapazität von 223 Kilowattstunden in Betrieb genommen. 2023 waren es 33 mit einer Kapazität von 161 Kilowattstunden. Bei eher niedrigen absoluten Zahlen ergibt sich eine prozentuale Steigerung von annähernd 45 Prozent. In Osterholz gingen 2023 66 Speicher mit einer Kapazität von 324 Kilowattstunden ans Netz. Ein Jahr später waren es dann bereits 127 Speicher mit einer Kapazität von 524 Kilowattstunden.

Der Trend im Bremer Südosten – ein ähnlicher Zuwachs ist auch in den übrigen Postleitzahlenbereichen zu beobachten – ist eindeutig: Wer die Möglichkeit hat, erzeugt einen Teil seines benötigten Stroms selbst. Auf niedrigerem Niveau hingegen ist der Ausbau auf Mehrparteienhäusern, in engen Reihenhauszeilen wie in Hastedt, und öffentlichen Gebäuden in Südost. Hier braucht es offenbar noch Lösungen und Ideen.

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Kilowattpeak und Kilowattstunden

Bei der Angabe der Leistung einer Solaranlage werden vor allem zwei Maßeinheiten genannt: Kilowattpeak (kWp) und Kilowattstunden (kWh). Vereinfacht gesagt gibt der kWp-Wert die maximale Leistung eines Moduls unter genormten Bedingungen an. In der Realität ist diese Leistung abhängig von Neigung, Verschattung und Sonnenstand. Die tatsächlich erzeugte Leistung liegt also meist etwas unter diesem Maximalwert. Bekannter ist der Wert Kilowattstunden, der ein Maß für die Arbeit elektrischen Stroms ist und häufig als Verbrauchsmaß genutzt wird. Ein elektrisches Gerät mit der Angabe zehn kWh verbraucht beispielsweise zehn Kilowatt Strom pro Stunde. In Deutschland rechnet man kWP mit dem Faktor 1000 zu erzeugten Kilowattstunden pro Jahr um. Ein Balkonkraftwerk mit 0,8 Kilowatt Leistung erzeugt also bis zu 800 Kilowattstunden Strom im Jahr. Ein Einfamilienhaus benötigt im Jahr im Durchschnitt etwa 3000 Kilowattstunden.

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