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Premiumroute Fahrradstraße bringt Bremer Hotel in Existenznot

Mit einem Netz aus Premiumrouten will Bremen den städtischen Radverkehr stärken. Doch in Hastedt stößt dieses Vorhaben auf scharfe Kritik. Ein Hotel fürchtet um die Existenz, weil Parkplätze verloren gehen.
14.12.2022, 19:33 Uhr
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Fahrradstraße bringt Bremer Hotel in Existenznot
Von Björn Struß
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Wenn der Staat den Verkehrsraum umgestaltet, kommt es schnell zu Konflikten zwischen den verschiedenen Nutzern. Diese Erfahrung musste am Dienstag einmal mehr Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) machen. Bei der Eröffnung eines Teilstücks der Radpremiumroute D.15 in Hastedt schlug ihr von einigen Anwohnern heftige Kritik entgegen. Der Grund: Durch den fortschreitenden Umbau der Straße Alter Postweg nahe des Hansa Carrés fühlt sich das Hotel Wolters in seiner Existenz bedroht. Statt sechs Parkplätzen soll das Hotel künftig mit drei Plätzen für seine Gäste auskommen.

Was sind die Probleme des Hotels?

Das Hotel Wolters gibt es in Hastedt bereits seit 1908, seit 1999 besitzt und betreibt es die Familie Babei mit aktuell 23 Zimmern. "70 Prozent unserer Gäste sind Monteure. Die reisen zum Teil mit einem Sprinter an und benötigen dringend einen Parkplatz", schilderte die Geschäftsführerin Ferah Babei. Bei einer Halbierung der Parkmöglichkeiten fürchtet sie, den zehn Angestellten kündigen zu müssen. In Hastedt teilen einige Menschen die Sorgen der Familie Babei. Mehr als 100 Anwohner haben eine Petition unterzeichnet, die sich gegen den Abbau von Parkplätzen am Alten Postweg ausspricht.

Wie rechtfertigt die Behörde ihre Planungen?

Den Besuch von Maike Schaefer nutzte Hotelinhaberin Babei, um mit zwei Angestellten die Senatorin direkt mit ihren Problemen zu konfrontieren. "Der Sachstand ist, dass ihre sechs Parkplätze nie legal genehmigt wurden", stellte die Grünen-Politikerin klar. Laut Babei war der Vorgarten-Bereich zwischen Gebäude und Gehweg schon bei der Übernahme des Hotels eine Parkfläche. Offenbar hatten sich die Vorbesitzer aber nicht gewissenhaft darum gekümmert, diesen auch genehmigen zu lassen. Lutz Schmauder-Fasel vom Amt für Straßenbau und Verkehr (ASV) verwies darauf, dass laut Baurecht dem Hotel kein Parkplatz im Vorgarten-Bereich zusteht. Die Zahl drei sei also bereits ein Entgegenkommen der Behörde.

Wie geht es weiter?

Das Hotel steht an einem Straßenbereich, der ab Januar zu einer Fahrradstraße umgebaut wird. Betroffen ist zunächst der Abschnitt zwischen Quintschlag und Ahlringtunnel. Im weiteren Jahresverlauf baut das ASV dann auch die Ahlringstraße und den Hastedter Osterdeich im Sinne des Radverkehrs um. Bis Ende 2023 soll so von der Route D.15 ein Abschnitt von 2,1 Kilometern fertig sein, der auf Höhe Fährstraße beginnt und an der Hemelinger Bahnhofsstraße endet. Bis zum Jahr 2025 will Bremen ein ganzes Netz aus Schnellwegen für Fahrradfahrer vollenden. Die Strecke D.15 soll dann von Farge in Bremen-Nord über Gröpelingen, Mitte und Östliche Vorstadt auf einer Länge von 43,8 Kilometern bis nach Hemelingen und Mahndorf in den Bremer Osten führen.

Was ist jetzt fertig?

Zwischen Föhrenstraße und Quintschlag haben Radler auf dem Alten Postenweg nach einem viermonatigen Umbau für rund 200 Meter komfortable Bedingungen. Auf der Fahrradstraße dürfen sie nebeneinander fahren. Der motorisierte Verkehr ist mit maximal 30 Stundenkilometern weiterhin zugelassen, muss seine Geschwindigkeit aber gegebenenfalls dem Radverkehr anpassen. Kinder müssen bis zum vollendeten achten Lebensjahr weiterhin den Gehweg nutzen.

Was versprechen sich die Behörden von der Premiumroute?

Am Dienstag waren auf der frisch gebauten Fahrradstraße so gut wie keine Räder unterwegs. Dies mag an den eisigen Temperaturen gelegen haben. Aber auch die zahlreichen neuen Fahrradständer, inklusive besonders großer Stellplätze für Lastenräder, waren weitestgehend ungenutzt. Gibt es vor Ort also überhaupt eine große Gruppe an Radfahrern, die den neuen Komfort auch nutzt? "Auf dem Osterdeich haben wir in Spitzentagen über 5000 Radfahrer gezählt. Wenn wir das auch hier erreichen, wäre das ein großer Erfolg", sagte Lutz Schmauder-Fasel vom ASV.

Hemelingens Ortsamtsleiter Jörn Hermening verwies auch auf die Bedeutung der durchfahrenden Radler: "Wenn die Premiumroute fertig ist, reicht sie bis zu großen Arbeitgebern wie Mercedes, Atlas oder Rheinmetall." Für Tausende Beschäftigte sei es dann deutlich attraktiver, bei ihrem täglichen Arbeitsweg vom Auto aufs Rad umzusteigen. Auch Senatorin Schaefer unterstrich die Vorzüge der neuen Fahrradstraße: "Künftig kommen Radfahrerinnen und Radfahrer komfortabler und sicherer ans Ziel, zudem gibt es bessere Querungsmöglichkeiten für Fußgängerinnen und Fußgänger."

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