Sobald es Abend wird, ist – pardon – tote Hose rund um die Universität und um das Universum. Kaum einer denkt daran, hier abends auszugehen. Schade, dass dadurch die Ausgehfreudigen das Atlantic-Hotel nie so richtig auf dem Schirm haben. Denn sie verpassen etwas. Das Restaurant Campus lohnt einen Ausflug. Wir verbrachten einen angenehmen Abend mit sehr gutem Essen und einer Kellnerin, die es verstand, mit einem Augenzwinkern ziemlich keck und kess die Gäste zu bedienen, was zu einer ungezwungenen Willkommensatmosphäre beitrug. Überhaupt gehört das Campus zusammen mit dem Alto in der Innenstadt zu den besten Restaurants der Atlantic-Gruppe in Bremen. Wir waren vor einigen Monaten im Blixx am Flughafen, das im Vergleich mächtig abfiel und sich hauptsächlich durch seine Aussicht auf die Start- und Landebahn hervortat.
Gute Fisch- und Fleischauswahl
Die Kellnerin im Campus legte uns ein Ringbuch mit einer üppigen Karte vor. Die Auswahl an Fleisch- und Fischgerichten gefiel uns sehr. Allesamt ging sie der Koch mit etwas Besonderem an. Ins Auge stach uns das Sonntagsangebot: ein Drei-Gänge-Menü für wahrlich sagenhafte 18,90 Euro. Bevor es richtig losging, gab es normales und Kräuterbaguette. Dazu stand auf dem Tisch Olivenöl und rosa Himalaya-Salz, das wir mit einer kleinen Schaufel auf den Brotteller schütteten. Daneben servierte uns die Kellnerin noch einen Kräuterdip mit „ordentlich Knoblauch drin“, wie sie mit einem Schmunzeln vorwarnte.
Meine Begleitung startete mit einer feinen Gewürzentenbrust mit einem feinen Rauchgeschmack (12,90 Euro). Dazu lieferte der Koch eine Granatapfel-Vinaigrette, die eine süßliche Note in das herzhafte Gericht brachte. Das Grünkern-Taboulé mit den Wildkräutern sorgte für Frische. Dass das Campus mit erstklassigem Fleisch hantiert, wurde schon bei meinem marinierten Rindertartar (11,90 Euro) deutlich, das ganz fein, fast wie ein Mousse auf der Zunge zerging. Die Würze zog das Gericht aus frisch gemahlenem Pfeffer und Parmesanraspeln. Als besonderen Clou empfand ich die eingelegten Balsamico-Pflaumen, die eine ganz andere, die süße Geschmacksregion ansprachen. Der Rucola hingegen war für die bitteren Nuancen zuständig.
Aus der ebenfalls gut sortierten Weinkarte wählten wir passend zu den eher kräftigen Gerichten einen 2015er-Spätburgunder von Karl Pfaffmann aus der Pfalz aus. Mit acht Euro für 0,2 Liter machte sich dieser Tropfen, der etwas zu viel Säure besaß, deutlich auf der Rechnung bemerkbar. Überhaupt sind die deutschen und österreichischen Weine mit stolzen, ja zu stolzen Preisen versehen. Ein Glas Wein kostet da schnell neun bis zehn Euro. Da sollte sich der Gast überlegen, gleich die Dreiviertelliterflasche zu ordern.
Als Hauptspeise bestellte meine Begleitung von der Wildkarte die rosa gebratenen Hirschrückenmedaillons (25,90 Euro), die mustergültig auf dem Teller lagen und durch den Speckmantel besonders herzhaft schmeckten. Der Rahmwirsing war ebenfalls top und hatte eine schöne Cremigkeit. Passend dazu ein Kartoffel-Kräuterstampf. Natürlich besaß auch dieses Gericht wieder das besondere Etwas: eine kräftige Blaubeer-Jus und eine fast schon weihnachtliche Gewürzbirne veredelten die Speise.
Gutes Steak, schlechte Beilage
Als Star erwies sich auf meinem Teller das Tomahawksteak vom Schwein (21,90 Euro). Ein wunderbares, großes Stück Fleisch, das den kompletten rechteckigen Teller einnahm, lag vor mir, war umrandet von einem geschmackvollen Fettrand, nicht trocken und auf den Punkt gegart. Die frische Salbeibutter gab ein feines Kräuteraroma ab. Ein Genuss. Das Drumherum benötigte das Steak gar nicht. Und leider war es auch nicht der Rede wert: die cremigen Schnippelbohnen – geschmacklos, die geschmolzenen Tomaten – hätte ich warm erwartet, und die Schupfnudeln – in der Pfanne ausgetrocknet. Wie gesagt: leider. Aber ich ergötzte mich am Tomahawksteak.
Die Portionen sind ordentlich und rechtfertigen die Preise. So teilten wir uns nach einer kleinen Pause einen Nachtisch, der wiederum für 7,90 Euro etwas klein ausfiel: ein cremiger Cheesecake mit Schokoteigrand. Dazu legte der Koch ein Ananassorbet auf einem Mangospiegel auf den Teller.
Fazit: Das Campus bietet Gerichte, die alle einen besonderen Kick besitzen. Die Portionen sind gut bemessen und es wird bestes Fleisch verwendet. Dazu erhält der Gast einen teils herzerfrischenden Service mit einem gewissen Augenzwinkern. Bei der nächsten Suche nach einem Restaurant sollte man das Campus durchaus auf dem Zettel haben.
Campus, Wiener Straße 4, 28359 Bremen, Telefon: 04 21 / 246 75 33, Öffnungszeiten: Frühstück: Montag bis Freitag von 6.30 bis 10.30 Uhr, Sonnabend und Sonntag von 7 bis 11 Uhr; Lunch: täglich von 12 bis 15 Uhr; Dinner: täglich von 18 bis 22 Uhr; Bar: täglich von 18 bis 0.30 Uhr, teilweise barrierefrei, Internet: www.restaurant-campus.de.