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Parkhaus Altstadt Zweiter Bremer City-Dialog: Auf der Suche nach der neuen Innenstadt

Was in anderen Städten zur Wiederbelebung der Innenstädte möglich ist, müsste doch in Bremen eigentlich auch zu realisieren sein. So ein Fazit des zweiten Binnenstadt Dialogs im Parkhaus am Brill.
17.06.2024, 05:29 Uhr
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Zweiter Bremer City-Dialog: Auf der Suche nach der neuen Innenstadt
Von Sigrid Schuer
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Ein Spielplatz auf dem Dach eines Parkhauses, so wie es ihn im Gröninger Hof in Hamburg bereits gibt, eine kreative Maker- und Coworking-Szene wie im Hafven Hannover, die Deichman Bibliothek in Oslo, deren futuristische Architektur an eine Eisscholle erinnert und die für jeden kostenfrei einen attraktiven, konsumfreien, öffentlich zugänglichen Raum bietet. Oder ein traditioneller Gastronomiebetrieb in Basel, der einen ebenso attraktiven Ort gratis zur Verfügung stellt: Solche Beispiele nannte der Stadtforscher Julian Petrin auf dem zweiten Binnenstadt Dialog, zu dem das Projektbüro Innenstadt jüngst ins Parkhaus am Brill geladen hatte.

Sein Befund: Kreative Kuratoren zur Entwicklung einer alternativen Innenstadt-Nutzung seien gefragt. Das sei eine Aufgabe für Kultur und Politik. Petrin: "Es gibt nicht mehr die Innenstadt für alle. Diese Einmaligkeit im ökonomischen Herzen der Stadt ist verloren gegangen." Genügend Interessierte, rund 200 kreative Menschen ließen sich von den Schafskälte-Temperaturen nicht abhalten und harrten rund vier Stunden auf dem zugigen sechsten Parkdeck des Parkhauses Mitte aus, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Allein: Zukunftsorientierte Projekte, wie sie Petrin in seinem Impulsvortrag schilderte, sind in Bremen bisher kaum in Sicht oder laufen ins Leere. Trotzdem waren auf einer großen Innenstadtkarte auf vielen beschrifteten Fähnchen kreative Ideen zu lesen.

Was sagt Senatorin Özlem Ünsal?

Die Neubremerin Özlem Ünsal, Senatorin für Bau und Stadtentwicklung, stellte in ihrem Auftakt-Dialog mit Carl Zillich, Geschäftsführer des Projektbüros Innenstadt, fest, dass sie selten erlebt habe, dass so viele Engagierte derart für ihre Stadt und die Gestaltung der Innenstadt brennen wie in Bremen. "Wir nehmen die Aufgabe, die Stadtentwicklung aktiv ganzheitlich voranzubringen sehr, sehr ernst", versicherte die SPD-Politikerin. Ihr Wunsch: Die Innenstadt als öffentlichen Raum mehrdimensional zu denken. Der zentrale Anker dafür sei das Projektbüro. Ünsal und Zillich nannten erneut den angestrebten, bereits bekannten Mix, wie er in der Bremer City einmal erreicht werden soll: Wohnen, Arbeit, Gewerbe, Erlebnis und Kultur, dazu konsumfreie Zonen im öffentlichen Raum.

Woran könnte es liegen, dass es bisher nicht funktioniert?

Julian Petrin, Experte für die Zusammenarbeit in Stadtentwicklungsprozessen, betonte in seinem Impulsvortrag, dass es schon darum gehen müsse, dass die Politik das Heft in der Hand behalte, eingreife und nicht dem Spiel der Kräfte des freien Marktes das Feld überlasse. Man dürfe nicht den Hedgefonds, die in den Innenstädten astronomische Mieten aufriefen das Feld überlassen, mahnte er. Wohin diese Entwicklung führt, ist gerade in der Bremer City zu besichtigen. Letztes, prominentes Opfer: Bremens älteste Buchhandlung Storm, die kürzlich schließen musste.

Petrin verwies auf das französische Erfolgsmodell Semaest, mit dem es gelungen ist, viele Pariser Altstadtquartiere vor der Verödung zu retten. Die Agentur Semaest ist je zur Hälfte mit städtischen und privatwirtschaftlichen Akteuren besetzt. Dadurch wird die Gewinnmaximierung als alleiniges Ziel in den Innenstädten ausgehebelt. Semaest arbeitet zudem gegen eine monokulturelle Ladenstruktur an, wie sie oft im Bremer Viertel zu beobachten ist. Darauf weisen auch immer wieder die Mitglieder der Interessengemeinschaft "Das Viertel" hin, der Zusammenschluss von Einzelhändlern und Kaufleuten. Und noch etwas forderte Petrin von der Politik: den sensiblen Umgang mit genossenschaftlichen Wohnideen, Stichwort Erbpacht. Es könne nicht angehen, dass in der City nur sehr hochpreisiges Wohnen angeboten werde.

Wie lautet das Fazit von Innenstadtkoordinator Carl Zillich?

Für den Innenstadtkoordinator sind Kommunikation und Transparenz die Zauberworte für eine gelingende Transformation der Innenstadt. Sein Fazit: "Innenstadt ist ein Gemeinschaftswerk und gelingt nur, wenn wir das Engagement vieler zulassen. Wir sollten daher mehr miteinander reden, nicht übereinander. Wir haben gemeinsame Ziele. Dafür brauchen wir Räume und den Mut, auf allen Seiten verschiedene Nutzungen unter realen Bedingungen auszuprobieren". Mit "Binnenstadt. Stadt für alle von Wall bis Weser" solle erstmals eine übergreifende Plattform für die Innenstadtentwicklung entstehen, auf der vielfältige Interessen an einer Veränderung der Innenstadt abgebildet werden, heißt es aus vonseiten des Projektbüros Innenstadt weiter.

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Info

Der nächste Binnenstadt Dialog "Alt wird neu?" thematisiert am 18. September die nachhaltige Bestandsentwicklung in der Innenstadt. Eine Anmeldung ist ab circa vier Wochen vor der Veranstaltung unter www.binnenstadt.de möglich.

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